Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)
nach hinten ins Zimmer gehen, weg von den Augen-Fenstern. Natürlich tat ihm die Frau leid. Wenn jemand wusste, was sie durchmachte, dann er. Aber er kannte sie und ihre Tochter nicht, und wie sie selbst gesagt hatte, gab es eine Menge anderer Familien, die sich in der gleichen Situation befanden. Im Grunde kümmerte es ihn nicht wirklich. Was die Möglichkeit anging, einen einzigen Menschen zu heilen, hatte er einen größeren und wichtigeren Plan, und darin kam Lindsay nicht vor. Es machte ihn sogar etwas wütend, dass Gott ihn auf diese Weise zu manipulieren versuchte, ihn in eine Lage brachte, die ihn in Versuchung führte, von seinem Ziel abzuweichen.
»Danke, Maggs«, sagte Molly, die sich für den Moment etwas erleichtert fühlte. Der Druck würde zurückkehren, das wusste sie, aber nicht heute. Sie schnäuzte sich die Nase und wechselte das Thema.
»Erzählst du mir mehr über deinen neuen Freund?« Ihre Augen waren geschwollen und gerötet, aber sie lächelte.
»Mein neuer Freund – hah! Tony ist nicht mein Freund.« Dann lachte Maggie tief und kräftig und klatschte sich dazu aufs Knie. »Aber ich muss zugeben, dass es eine tolle Geschichte ist.« Sie schien es mehr zu sich selbst zu sagen. »Also, Tony. Du hast es gehört. Wer bist du und warum bist du hier? Und wie kommt es, dass Cabby dich kennt und weiß, dass du in mir drin bist?«
Tony erklärte es ihr, und indem Maggie die Antworten an Molly weitergab, gelang es ihnen in diesem indirekten Dreiergespräch, die Fäden der Geschichte allmählich zusammenzufügen. Das gab mehr als eine Überraschung. Tony erzählte ihnen von seinem Zusammenbruch und Koma und auch davon, wie er sich mit Jesus und dem Heiligen Geist unterhalten hatte und von ihnen gebeten wurde, sich auf eine Reise einzulassen, die ihn mitten hinein in Maggies und Mollys Welt geführt hatte.
»Dann warst du also in Cabbys Kopf, ehe du in mich hineingeraten bist, und deshalb weiß Cabby Bescheid?«, fragte Maggie.
»Anders kann ich es mir nicht erklären«, antwortete Tony. Er berichtete, wie Cabby sich in Tonys Krankenzimmer versteckt hatte, dass also er der »halb tote Mann« war, der auf der Neurologie im Koma lag. Dann beschrieb er den Tag, den er mit – oder in – Cabby in der Schule verbracht hatte.
»Cabby ist ein bemerkenswerter junger Mann. Wisst ihr, dass er in einem Spielzeuggitarrenkoffer unter seinem Bett eine Kamera versteckt?«
Molly lachte, als Maggie an sie weitergab, was Tony gerade gesagt hatte, aber sie interessierte etwas anderes. »Wie bist du denn in ihn hineingelangt, und von ihm hinüber zu Maggie?«, wollte sie wissen.
»Das weiß ich wirklich nicht«, antwortete Tony. »Vieles von dem, was hier vorgeht, ist immer noch ein totales Rätsel für mich.« Er war sich nicht sicher, warum er log. Vielleicht verschaffte es ihm ja einen Vorteil, wenn er zunächst einmal Informationen zurückhielt. Und selbst diesen beiden Menschen mochte er noch nicht vertrauen. Vielleicht gab es aber auch einen tieferen Grund. Jedenfalls tat er es mit einem Achselzucken ab, wie schon viele Male zuvor.
»Hmm«, machte Maggie, nicht überzeugt. »Und warum bist du nun hier, in unserer Welt?«
»Das weiß ich wirklich nicht«, antwortete er, was zumindest teilweise zutraf. »Ich nehme an, wir müssen diesbezüglich einfach Gott vertrauen.« In seinem Mund klangen diese Worte künstlich und falsch. Er zuckte innerlich deswegen zusammen, aber es war ein leichter Weg, die Frage zu umgehen. »Nun, Maggie, erzähl doch mal, wie ihr beide euch kennengelernt habt«, wechselte er das Thema.
Maggie erklärte ihm, dass sie als examinierte Krankenschwester im Aushilfsdienst in der OHSU und der Doernbecher-Klinik arbeitete. Um ihren Vertrag zu behalten, musste sie monatlich eine bestimmte Mindestzahl an Aushilfsstunden leisten, aber in der Regel arbeitete sie weitaus mehr. Portland war der Endpunkt einer langen Wanderung nach Westen, nachdem der Hurrikan ihre Familie in New Orleans dezimiert hatte. Die übrig gebliebenen entfernten Verwandten hatten in Texas Wurzeln geschlagen, aber sie wollte etwas anderes, eine grünere Umgebung. Also übernahm sie Jobs an der Pazifikküste, bis sie schließlich in der großen Universitätsklinik oben auf dem Hügel gelandet war.
»Hast du daher deinen Akzent?«, fragte Tony.
»Ich habe keinen Akzent«, gab Maggie zurück. »Ich habe eine Geschichte.«
»Wir haben alle unsere Geschichte«, fügte Molly hinzu. »Jeder von uns ist eine Geschichte.
Weitere Kostenlose Bücher