Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
an, und es geht einem die Welt auf. Auf der Terrasse, mit Blick aufs Meer, wird einem aus einer frischen Kokosnuss ein Begrüßungstrunk gereicht, Milane schweben über dem Tal, auf den Hügeln wiegen sich Kokospalmen. Ich hatte ein hübsches kleines Haus, innen mit Mahagoni ausgeschlagen, der Steinboden wurde täglich gewienert, jeden Tag gab es frische Wäsche, wurde das Bett mit Blumen bestreut. Ich dachte, so was kommt doch bloß in Romanen vor, und dann findet der Traum wirklich statt.
Ich wurde verwöhnt wie es niemand je gemacht hat. Für die tägliche Behandlung hatte ich zwei gute Masseure und einen Assistenten. Man wird synchron von vier Händen mit Kleie abgerieben, die Muskulatur wird durchblutet, danach wird man mit einem Kräuterbad begossen, abgetrocknet, der Kimono wird angereicht. Die Masseure strahlen Sie an und bedanken sich, und Sie strahlen zurück und bedanken sich ebenfalls. Das hat etwas sehr schön Rituelles. Manchmal kriegen Sie einen Buttermilchguss. Man liegt auf einer Bank, aus einer Tonschale fließt in einer Schaukelbewegung warme Buttermilch auf die Stirn, ganz langsam, von einer Schläfe zur anderen. Das ist geradezu magisch. Man merkt, wie sich das Gehirn völlig entspannt, alles wird glatt. Natürlich, es kostet einiges. Doch wenn mir etwas gefällt, denke ich über den Preis nicht nach. 20 Hunderter auf den Tisch geblättert sind nur ein bisschen Papier. Erst in der Umsetzung ist Geld ja Glück.
Diese Reise war ein Durchbruch für mich. Nach dem Tod meines Partners habe ich mich für den Urlaub oft Bekannten angeschlossen und fühlte mich eigentlich immer ausgeliefert. Darum sagte ich mir: Jetzt fahre ich mal allein! Und das ging richtig gut. Ich habe mich zu Fremden an den Tisch gesetzt, und wenn man das einmal probiert hat, ist es schon beim nächsten Mal kein Problem mehr. Für nächstes Jahr habe ich schon wieder gebucht. Komischerweise bekam ich in den letzten Tagen Heimweh. Ich freute mich auf meine kleine Bude. Vielleicht bin ich weggefahren, um zu merken, wie schön es zu Hause ist.
Ich bin jetzt 70 . Vieles in meinem Leben ist so gelaufen wie ich es mir vorgestellt habe. Für mich stand der Beruf immer an erster Stelle. Er bestimmt ein Drittel des Lebens. Was man beruflich macht, ist eigentlich egal. Hauptsache ist, dass man es gut und gern macht. Ich wusste schon als Zwölfjähriger, dass ich Schneider werden wollte. Am Gustav-Müller-Platz, wo wir damals wohnten, gab es eine Schneiderei. Das Geräusch, die Übersetzungsmechanik der Nähmaschine faszinierten mich. Noch heute rieselt es mir beim Rattern der alten Pfaff wohlig den Rücken runter. Und ich mochte den sengerigen Geruch des Bügeleisens.
Meine Eltern haben meine Berufswahl im Grunde nie anerkannt. Sie wollten, dass ich studiere. Aber ich brachte laufend schlechte Noten nach Hause und habe deshalb oft Dresche bekommen. Bis zur mittleren Reife habe ich es nur geschafft, weil unser Direktor Cello spielte und ich ihn auf dem Klavier begleitete. Ich wurde von Hauskonzert zu Hauskonzert schulisch durchgeschleift. Nach der zehnten Klasse war endgültig Schluss. Heute sehe ich, dass ich um die Liebe meiner Eltern sehr gebuhlt und sie oft nicht bekommen habe. Sie vermittelten mir das Bild, klein, dick und dumm zu sein. Ich war zwei Jahre jünger als mein Bruder und immer hintendran. Wenn wir Besuch hatten, war mein Vater oft witzig, eine richtige Partynudel. Glück war damals, den Krieg überlebt zu haben. Mein Vater hatte als Techniker in der Rüstung gearbeitet. Ich denke, unser Verhältnis bekam den ersten Riss, als er einmal von Daimler Benz nach Hause kam, mich auf den Arm nahm und ich weinte, weil er schlecht roch. Gerüche sind für mich enorm wichtig. Mein erster Freund duftete nach frisch gezupftem Majoran. Ich hätte immer an ihm schnuppern können.
Meine Mutter war Hausfrau und in der Familie die Bestimmende. Sie kam aus einer Handwerkerfamilie, mein Vater aus großbürgerlichen Verhältnissen. Die Erziehungsziele meiner Eltern waren: Klavierunterricht, Bildung und Essensmanieren, beim Gebrauch von Besteck gab es strenge Regeln: Eine klare Suppe wurde seitlich und eine dicke Suppe wurde von vorn vom Löffel genommen. Fleisch, das schon zerkleinert war, wie Buletten, durfte nicht nochmals geschnitten werden. Und sie legten großen Wert darauf, gut angezogen zu sein. Neuanschaffungen wurden regelrecht zelebriert. Ich weiß noch: Meine Mutter wollte unbedingt Pythonschlangenschuhe haben, die kosteten ein
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