Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
Lässigkeit wenig zum Gelingen eines Festes bei, von dessen Atmosphäre sie doch ihr eigenes Verweilen abhängig machen. Wie die Freude über ein gelungenes Fest für den Gastgeber die Mühsal meist schnell überlagert, so hängt auch für Gäste der Nachklang eines Festes vom eigenen Beitrag ab. Stellen wir beim Smalltalk auf Durchzug? Oder lenken wir Monologe über putzige Haustiere, PC -Pannen und Verkehrskontrollen auf ein Thema, aus dem sich ein Dialog ergibt?
Das Diktum von Voltaire: »Viele Menschen suchen nach dem Glück wie ein Betrunkener nach seinem Haus. Sie können es nicht finden, aber sie wissen, dass es existiert«, kann dahin erweitert werden, dass wir oft mit Vorbehalten eintreten, wenn wir es gefunden haben. Denn gerade der Anspruch, sich ja nicht mit Halbheiten zu begnügen, verhindert oft, dass es ein rundes Ereignis wird.
Elke Rieß: »Ich bin durchlässig für Schwingungen.«
Frauen um die 40 im Glück oder, vorsichtiger formuliert, voller Lebensfreude? Da falle ihr nur eine ein. Bevor eine Freundin mir Elke Rieß’ Telefonnummer gibt, habe ich bereits etliche Bekannte befragt, doch die Umschau nach geeigneten Interviewpartnerinnen stellt sich in dieser Altersgruppe als schwierig heraus. Eine Generation im Stress, auf der Suche nach Partner und Perspektiven oder so absorbiert von Beruf, Familie und Liebe, dass die Auslotung ihres Glücks kein Anliegen ist.
Für sie ein Lebensalter der »Fülle«, nie zuvor konnte sie ihre Gaben und beruflichen Fähigkeiten so entfalten. Mit bemerkenswerter Eindeutigkeit hatte sich Elke Rieß in unserem Vorgespräch als glücklich bezeichnet. Als ich in Schwabing aus der U-Bahn steige, weiß ich gleichwohl um die Klippen des Interviews, da ich die vitale Stimme der Wahl-Münchnerin nicht zusammenbringe mit der Auskunft, dass sie nicht nur als Körpertherapeutin, sondern auch als Heilerin arbeite. Und wie ordne ich die Bemerkung der 40 -Jährigen ein, dass sie »erleuchtet« sei?
Sie ist jünger, weiblicher als auf dem Foto ihrer Webseite. Eine grazile Frau in Hose und Pullover mit schulterlangen brünetten Haaren und dunklen Augen öffnet mir die Tür. Während wir in der Küche auf den Tee warten, berichtet Elke Rieß von ihrer schnell erfolgreichen Wohnungssuche, nachdem sie sich von ihrem Partner getrennt hatte. Klar und übersichtlich möbliert, ist ihre helle Zweizimmerwohnung im Obergeschoss eines Nachkriegsbaus eine Oase der Stille, im Wohn- und Arbeitszimmer setzen ein minimalistisches Bild und Pfauenfedern in einer Bodenvase Farbakzente zum dominierenden Weiß, von der Sitzecke blickt man auf einen Balkon und die benachbarten Dächer.
Erleichtert über eine Atmosphäre fernab jeglichen esoterischen Budenzaubers, höre ich Elke Rieß gern zu. Konzise beantwortet sie meine Fragen, ihre mitunter unverblümt-drastischen Formulierungen lassen ihre österreicherische Herkunft erkennen, immer wieder blitzt in ihrem eigenständigen Blick auf sich und andere humorvolle Bodenständigkeit durch. Bei manchen Äußerungen freilich stockt mir der Atem, mitunter habe ich das Gefühl, zwei verschiedenen Personen gegenüberzusitzen. Während ich in Gedanken vergnüglich mitreise in ihren Urlaub mit Freunden, sie um ihre Mitwirkung in einem Laienorchester beneide und ich ihrem Leitsatz »Mit Bequemlichkeit kommt kein Glück ins Leben« ebenso zustimmen kann wie ihrer Kritik an den Floskeln in unserer Umgangssprache, geben wir es bei anderen Themen auf, eine Verständigungsebene zu finden. Als Elke Rieß von ihrer Berufung zur Heilerin spricht, bin ich überrascht, wie gelassen sie hinnimmt, dass ich ihr die Gefolgschaft versage. Ohne Impetus, mich überzeugen zu wollen, geht sie auf meine unverhohlene Befremdung ein, rückt jedoch auch keinen Zentimeter von eigenen Gewissheiten ab. Beim Abhören der Interviewkassetten stolpere ich wiederholt über Widersprüche, die zu klären oder gar aufzulösen, den Rahmen eines Interviews sprengen würde. Auf das zugeschickte Gesprächsprotokoll reagiert Elke Rieß mit einem lakonischen Kommentar: »Es klingt ja so, als habe ich mich bis jetzt durchgekämpft und sei gerade erst schweißgebadet angekommen.«
Meinen 40 sten Geburtstag habe ich nicht gefeiert, aber ich finde es genial, wo ich jetzt in meinem Leben stehe, mein Leben könnte gar nicht besser sein. Andere stürzen mit 40 in eine Krise, ich bin in Hochform und habe unglaublich viel Freude. Ich kann mir meine Zeit frei einteilen, meine Arbeit macht Sinn für mich,
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