Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
jeden Morgen bin ich gespannt, was der Tag bringt. Das war nicht immer so. Ein Großteil meines bisherigen Lebens habe ich dafür gekämpft, dass es mir besser geht. Das hat sich ausgezahlt.
Wenn man mich früher gefragt hätte: »Wie war deine Kindheit?«, hätte ich gesagt: »Wunderbar.« Heute antworte ich: »Auf der tieferen Ebene war sie unerträglich.« Von außen betrachtet waren wir eine perfekte Familie, meine Eltern waren immer harmonisch miteinander, materiell ging es uns gut, mit meinen beiden älteren Schwestern verstehe ich mich blendend, unsere Familie war und ist richtig klasse drauf. Abgesehen von der Mutter. Solange wir klein waren, konnte sie sehr gut mit uns umgehen. Doch als wir Töchter größer wurden, war das schlichtweg eine Katastrophe. Sie ist eine Frau, die in ihrer Bedürftigkeit nach Zuwendung ertrinkt. Mein Vater war Bauingenieur, meine Mutter hat Buchhaltung gelernt, nach der Heirat setzte sie sich zum Ziel, eine perfekte Hausfrau zu sein. Sie ist sehr abhängig davon, dass andere sie toll finden, und macht das am Körperbild fest. Früher sah sie aus wie Doris Day. Sie ist schlank, ihre Frisur ist immer perfekt, ihre Begabungen aber hat sie nie ausprobiert, sie litt unter Herz- und Rückenschmerzen. Am liebsten wäre ihr gewesen, die Pubertät wäre an uns drei Mädchen spurlos vorübergegangen. Natürlich war das nicht so. Wir hatten blaulackierte Fingernägel und hennagefärbte Haare. Mein Vater meinte: »Hoffentlich seid ihr bald aus der Phase raus.« Meine Mutter genierte sich für uns. Als es bei uns mit der Sexualität anfing, lautete ihre Botschaft: »Warum wollt ihr einen Freund? Das braucht ihr alles nicht.« Wenn meine Mutter über Glück redet, dann in dem Sinn: »Ich bin ja so zufrieden. Wir müssen ja so glücklich sein über das, wie es ist.« Also müssen!
Mein Vater hat Humor, er ist aktiv, steht mitten im Leben. Als ihm vor einigen Jahren eine schwere Operation bevorstand, sagte er: »Ich hatte ein glückliches und schönes Leben.« Er äußerte auch, dass er stolz und glücklich ist über seine Töchter. Ohne meine Mutter hätte ich zu ihm ein gutes Verhältnis, aber er stützt diese Frau, würde meine Mutter nie kritisieren und hat sich oft hinter ihr versteckt. Glücklich war ich in unseren Ferien auf dem Bauernhof. Und wenn ich tanzte. Dann war ich in meiner eigenen Welt. Im Haus meiner Eltern gibt es eine Glastür, wenn ich sie schräg stellte, konnte ich mich im Spiegel vervielfacht sehen. Es war, als ob hundert Mädchen eine Bewegung machen. Und ich spielte im Schulorchester Geige. Gefördert wurde das Musische von meiner Großmutter. Zu Weihnachten hat sie mit uns ein richtiges Programm einstudiert.
Als Kinder waren wir sehr eingebunden in die katholische Kirche, später bin ich ausgetreten; ich finde, eine religiöse Erziehung hat bei den meisten Menschen kein tieferes Bewusstsein bewirkt. Sie sind unfrei, bedürftig, sie geben die Verantwortung an eine Religion ab, die ihnen sagt, dass sie nicht vollkommen sind.
Nach dem Abitur wollte ich eine Tanzausbildung beginnen, doch meine Mutter entschied: »Mit Kunst machst du nichts. Wenn man sein Hobby zum Beruf wählt, hat man keine Freude dran.« Meine Eltern forderten einen Vertrag ein, dass ich freiwillig auf Lehramt studiere. Ihre Vorstellung war, dass ich vormittags unterrichte und nachmittags »hupfen« und malen gehe; Tanzen war für sie »hupfen«. Zum Ausgleich zahlten sie mir Geigenunterricht und Jazztanz. Gefügt habe ich mich, weil ich mir mit 18 nicht zutraute, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Ich habe in Linz Deutsch und bildnerische Erziehung studiert. Immer wenn ich heimfuhr, habe ich geheult und getobt. Aber ich wusste: Ich habe eine Kraft, die mich einen anderen Berufsweg einschlagen lässt. Irgendwann bin ich frei.
Als Sprachlehrerin ging ich nach dem Examen für ein Jahr nach Oxford. Ich wollte aus Österreich fort, hatte das Gefühl, ich ersticke in diesem Land, mich lockte der gute Tanzunterricht in England. Und dann hatte ich gleich nach meiner Ankunft einen Bandscheibenvorfall, ein halbes Jahr konnte ich mich kaum bewegen. Als ich mit 22 nach Wien zurückkehrte, war es eine verzweifelte Zeit, weil ich nicht wusste, was ich beruflich machen wollte und mich mit Jobs durchschlug. Jemand erzählte mir von der Modern Dance School in München, ich bestand die Aufnahmeprüfung, zu meiner Überraschung finanzierten mir meine Eltern die dreijährige Ausbildung. Interessanterweise bin
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