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Der Weg zur Hölle

Der Weg zur Hölle

Titel: Der Weg zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaspar Dornfeld
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wirklich jeder Kurve fand ich mich im Freien wieder. Erstaunlicherweise schien dem Hund das alles nichts auszumachen. Er blieb stoisch auf seiner Rückbank sitzen, aufrecht wie ein Porzellanlöwe und begleitete meine unfreiwilligen Ausflüge aufs Straßenpflaster mit munterem Bellen.
    Vielleicht war Reemund immernoch von der Atmosphäre angewidert, die ihm bei SIKOmedia entgegen geschlagen war, was den von mir angesprochenen Ekel über nasse Sachen, die einem auf der Haut kleben und von der Lüftung noch stärker an den Körper gepustet werden, vollständig ersetzte.
    Während der Fahrt klingelte sein Mobiltelefon drei Mal, aber er ignorierte es.
    *
    »Da bist du ja. Ich habe andauernd versucht, dich anzurufen.«
    Kaum hatte Reemund die Wohnungstür aufgeschlossen, kam uns Eva entgegen. Der Kommissar brummte irgendwas über Funklöcher und stapfte mit vor Nässe quietschenden Schuhen in den Flur. Die junge Frau ließ das völlig ungerührt. Sie packte ihn am Arm.
    »Komm mit.«
    Damit zog sie Reemund ins Wohnzimmer, wo Belinda saß und sich eine Kühlkompresse aufs Auge drückte. Darunter ließen sich unschwer die Ränder eines saftigen Veilchens erkennen.
    »Was ist das denn?«
    »Siehst du doch«, knurrte das Mädchen. »Ein blaues Auge.«
    Genetische Verwandtschaft kann überaus unterhaltend sein.
    Übergangslos fing Belinda an zu weinen, während ihr Vater davor stand, als habe er vergessen, wie man seine Gliedmaßen bewegt.
    Eva schüttelte genervt den Kopf, schob Reemund vorwärts, drückte ihn, der das willenlos mit sich geschehen ließ, auf den Platz neben seiner Tochter und legte seinen Arm um die Schultern der Kleinen.
    Belinda drückte sich an seine Brust und begann hemmungslos zu schluchzen, offenbar völlig immun gegen die Tatsache, dass es dort viel nasser war, als in ihrem Gesicht.
    Der Kommissar entspannte sich zusehends. Er drückte seine Tochter fester an sich, legte sein Kinn auf ihren Hinterkopf und begann irgendwann sogar, sie leise zu wiegen.
    »Der Direktor hat angerufen«, sagte Eva nach einer Weile. »Und Deine Ex-Frau war nicht erreichbar. Deshalb bin ich hingegangen. Offenbar hat sich Belinda in der Pause mit fünf Jungen gleichzeitig geprügelt. Alle mindestens einen Kopf größer als sie.«
    Reemund sah sie an, als habe sie gerade einen Lottogewinn eingestanden. Ich glaube, mein Blick war auch nicht intelligenter. Der Einzige, der an allem völlig desinteressiert wirkte, war der Hund. Er stand auf dem Tisch und versuchte, in ein Wurstbrot zu beißen, das vor ihm auf einem Teller lag. Die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens verwirrte ihn. Ich sah genauer hin. Hatte er etwa ein nasses Fell? Ich staunte ein wenig über die Einbildungskraft von Tieren, dann zog ich den Hund vom Tisch und schimpfte ihn aus. Mit hängendem Schwanz verkroch er sich unter einen Stuhl und fiepste vor sich hin. Normalerweise hätte ich wahrscheinlich ausgiebig über meine Fähigkeiten zur Tiererziehung gestaunt, aber ich hatte einem interessanten Gespräch zu folgen.
    »Belinda war recht erfolgreich«, sagte Eva und in ihrer Stimme lag beinahe so etwas wie mütterliche Strenge. »Mindestens zwei der Jungen geht es weitaus schlechter als ihr. Man sollte gut auf seine Nase achten, wenn man einem Reemund begegnet.«
    »Warum?«, fragte der Inhaber dieses Namens, dem die Fähigkeit zum Formulieren vollständiger Sätze vorübergehend abhanden gekommen war.
    Belinda hob den Kopf, atmete ein paar Mal tief durch und sah ihren Vater an.
    »Du hast doch selber gesagt, ich soll keine Angst haben vor denen. Die sind schwach, hast du gesagt. Und die ärgern mich nur, weil sie selber zu dumm sind.«
    »Ja schon, aber …« Er verstummte, nicht zuletzt unter dem Blick seiner Freundin, die ihre mütterliche Haltung dadurch verstärkte, dass sie ihre Arme in die Hüften stemmte.
    Belinda erzählte unbeirrt weiter.
    »Die Jungs hatten einen Zeitungsausschnitt dabei. Da ist ein Foto drauf, wo du auf einem Balkon stehst, mit was in der Hand, was angeblich ein Kopf sein soll und da drunter steht, jemand hätte gesagt, dass du der dümmste Polizist Deutschlands wärst und er würde sich wundern, dass du noch nicht rausgeschmissen worden bist. Und da habe ich den Jungs gesagt, was du mir heute morgen gesagt hast. Dass sie Versager sind und Idioten und dass man das jetzt schon sieht. Und später würdest du sie irgendwann verhaften, weil sie ihre Frau umgebracht haben oder ihre Kinder und dann werden sie zu ekligen Säufern, bis du

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