Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg zurück

Der Weg zurück

Titel: Der Weg zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.M. Remarque
Vom Netzwerk:
das Mädchen das Einzige war, was er hatte.«
    »Er hat doch auch noch seine Mutter«, wirft der Staatsanwalt ein.
    »Die kann er doch nicht heiraten«, erwidere ich.
    »Weshalb musste er denn unbedingt heiraten?«, fragt der Vorsitzende, »ist er dazu nicht noch zu jung?«
    »Er war ja auch nicht zu jung, um Soldat zu werden«, entgegne ich. »Und heiraten wollte er, weil er sich nach dem Kriege nicht wieder zurechtfand, weil er Angst vor sich selbst und seinen Erinnerungen bekam und einen Halt suchte. Das war ihm dieses Mädchen.«
    Der Vorsitzende wendet sich zu Albert. »Angeklagter, wollen Sie nun nicht endlich antworten? Ist das richtig, was der Zeuge hier sagt?«
    Albert zaudert eine Weile. Willy und ich starren ihn an. »Ja«, sagt er dann widerwillig.
    »Wollen Sie uns nun auch sagen, weshalb Sie den Revolver bei sich hatten?«
    Albert schweigt.
    »Den hat er doch immer bei sich«, sage ich.
    »Immer?«, fragt der Vorsitzende.
    »Natürlich«, erwidere ich, »genau so wie sein Taschentuch und seine Uhr.«
    Der Vorsitzende sieht mich erstaunt an. »Ein Revolver ist doch etwas anderes als ein Taschentuch.«
    »Richtig«, sage ich, »das Taschentuch braucht er nicht so nötig. Das hat er manchmal auch nicht bei sich gehabt.«
    »Und der Revolver? –«
    »Der hat ihm ein paarmal das Leben gerettet. Den trägt er seit drei Jahren bei sich. Das ist seine Gewohnheit vom Felde her.«
    »Aber jetzt braucht er ihn doch nicht mehr. Wir haben doch Frieden.«
    Ich zucke die Achseln. »Daran haben wir noch nicht so gedacht.«
    Der Vorsitzende wendet sich wieder zu Albert. »Angeklagter, wollen Sie Ihr Gewissen nicht endlich entlasten? Bereuen Sie Ihre Tat denn nicht?«
    »Nein«, sagt Albert dumpf.
    Es wird still. Die Geschworenen horchen auf. Der Staatsanwalt beugt sich vor. Willy macht ein Gesicht, als wolle er sich auf Albert stürzen. Ich sehe ihn verzweifelt an.
    »Aber Sie haben doch einen Menschen getötet«, sagt der Vorsitzende eindrücklich.
    »Ich habe schon viele Menschen getötet«, antwortet Albert.
    Der Staatsanwalt springt hoch. Der Geschworene neben der Tür hört auf, an seinen Nägeln zu kauen. »Was haben Sie getan?«, fragt der Vorsitzende atemlos.
    »Im Kriege«, werfe ich rasch ein.
    »Das ist doch etwas ganz anderes«, erklärt der Staatsanwalt enttäuscht.
    Da hebt Albert den Kopf. »Wieso ist das denn etwas anderes?«
    Der Staatsanwalt erhebt sich. »Wollen Sie etwa den Kampf fürs Vaterland mit Ihrer Tat hier vergleichen?«
    »Nein«, erwidert Albert, »die Leute, die ich damals erschossen habe, haben mir nichts getan –«
    »Unerhört«, sagt der Staatsanwalt angewidert und wendet sich zum Vorsitzenden, »ich muss doch sehr bitten …«
    Doch der ist ruhiger. »Wohin kämen wir, wenn alle Soldaten so denken würden wie Sie!«, sagt er.
    »Das stimmt«, sage ich, »aber dafür sind wir ja nicht verantwortlich. Hätte man dem da –«, ich zeige auf Albert, »nicht beigebracht, auf Menschen zu schießen, dann hätte er es jetzt auch nicht getan.«
    Der Staatsanwalt ist puterrot. »Es geht aber wirklich nicht, dass Zeugen ungefragt selbstständig …«
    Der Vorsitzende beschwichtigt ihn. »Ich glaube, wir dürfen hier wohl einmal von der Regel abweichen.« Ich werde einstweilen abgeschoben, und das Mädchen wird aufgerufen. Albert zuckt zusammen und presst die Lippen aufeinander. Das Mädchen trägt ein schwarzes Seidenkleid und hat die Haare frisch onduliert. Selbstbewusst tritt sie vor. Man merkt, wie wichtig sie sich fühlt.
    Der Richter fragt nach ihren Beziehungen zu Albert und Bart-scher. Sie schildert Albert als unverträglich, Bartscher dagegen als einen liebenswürdigen Menschen. Sie hätte nie an eine Heirat mit Albert gedacht, im Gegenteil, sie sei mit Bartscher so gut wie verlobt gewesen. »Herr Troßke ist doch viel zu jung dazu«, meint sie und wiegt sich in den Hüften.
    Der Schweiß läuft Albert von der Stirn, aber er rührt sich nicht. Willy knetet an seinen Händen herum. Wir können kaum an uns halten.
    Der Vorsitzende fragt nach ihrem Verhältnis zu Albert.
    »Ganz harmlos«, sagt sie, »wir waren nur bekannt miteinander.«
    »War der Angeklagte damals aufgeregt?«
    »Natürlich«, antwortet sie eifrig. Das scheint ihr zu schmeicheln.
    »Wie kam denn das?«
    »Na, so –«, sie lächelt und dreht sich ein bisschen, »er war ja sehr verliebt in mich.«
    Willy stöhnt dumpf auf. Der Staatsanwalt fixiert ihn durch seinen Kneifer.
    »Toppsau!«, hallt es plötzlich durch den

Weitere Kostenlose Bücher