Der Weihnachtswunsch
breit. Traci trat ein, indem sie die Tür mit dem Rücken aufstieß, den sie Kier zuwandte. Über ihren Armen hingen weitere Einkaufstüten. Sie summte vergnügt vor sich hin.
Kier wartete, bis sie die Tüten abgestellt hatte, bevor er etwas sagte.
»Hi.«
Beim Klang seiner Stimme zuckte sie zusammen und fuhr herum.
»Ich wollte fragen, wo du gewesen bist, aber das erübrigt sich wohl, oder?«
»James.« Sie presste eine Hand auf die Brust. »Du bist … Was machst du hier?«
»Wo sollte ich denn sonst sein?«
»Aber in der Zeitung stand …«
»Ich weiß. Ich hab’s gelesen.« Kier ließ den Blick über den Berg aus Einkaufstüten wandern. »Es tut mir leid, dass dich die Nachricht so erschüttert hat. Du musst am Boden zerstört gewesen sein.«
Einen Moment lang schaute sie ihn einfach nur sprachlos an, dann fing sie sich. »Na ja, shoppen ist eben meine Art, mit Schicksalsschlägen fertig zu werden. Es ist eine Therapie.«
»Sieht nach einer Gruppentherapie aus. Du musst dich wie eine Millionärin fühlen. Oder entspricht das nur der Summe, die du ausgegeben hast?«
Ihre Miene entspannte sich. »O Schatz, ich bin so froh, dass mit dir alles in Ordnung ist. Was würde ich nur ohne dich angefangen?« Sie streckte die Arme nach ihm aus.
»Finden wir’s heraus. Pack deine Sachen und geh.«
»James«, schnurrte sie und lächelte verführerisch. »Nun komm schon, Jimmy.«
»Und lass die Kreditkarte hier.«
Traci schmollte. »Das ist gar nicht komisch. Lass uns feiern, dass du noch lebst.«
»Du hast doch schon meinen Tod gefeiert.«
Als klar war, dass er sich nicht erweichen lassen würde, änderte sich ihr Gesichtsausdruck von verführerisch zu verächtlich. Sie blieb stehen, um ihre Tüten aufzulesen, und schleppte das erste Bündel zur Tür.
»Würdest du mir helfen?«
»Nein.«
»Arschloch.«
Sie musste sechsmal laufen, um alles zu ihrem Auto hinauszutragen. Als sie das letzte Mal erschien, sagte er zu ihr: »Die Kreditkarte.«
Sie zog ihr Portemonnaie hervor, zog die Karte heraus und warf sie ihm hin. »Da.« Sie landete mehr als einen Meter vor ihm auf dem Boden. »Es stimmt, was sie über dich sagen. Das Einzige, was dich interessiert, ist Geld.«
Er nickte. »Gleich zu gleich gesellt sich gern.«
Zwölftes Kapitel
»Sie wissen, wie solche Sachen genannt werden?«, fragte Lincoln Kier beim zweiten Drink, wobei der Lärm im Pub ihn zwang, laut zu sprechen.
»Was für Sachen?«
»Die Ihnen die Zeitung angetan hat.«
»Verleumdung.«
»Davon mal abgesehen. Man bezeichnet das als vorzeitigen Nachruf. Es ist kein irrtümlicher Nachruf, weil jeder mal einen bekommt. Er ist nur vorzeitig.«
»Ja, das ist tiefsinnig«, meinte Kier desinteressiert.
»Es ist nicht das erste Mal geschehen. Ich habe es recherchiert. Es ist schon sehr berühmten Leuten passiert: Paul McCartney, Königin Elisabeth, Ronald Reagan, Mark Twain, Margaret Thatcher. Der Tod von Papst Johannes Paul II. ist sogar dreimal verkündet worden. Und die Zeitungen haben zweimal berichtet, dass Ernst Hemingway gestorben sei. Es heißt, dass er jeden Morgen bei einem Glass Champagner in einem Sammelalbum mit seinen Nachrufen geblättert hat.«
»Hat Hemingway nicht Selbstmord begangen?«, fragte Kier und schlürfte sein Bier. »Haben die Leute auch auf die Berühmtheiten eingeprügelt?«
»Natürlich. Es waren einflussreiche Persönlichkeiten. Man kann keine Omelettes machen, ohne Eier zu zerbrechen. Und Sie haben eine ganze Menge Omelettes gemacht, mein Freund.«
»Omelettes? Ich bin ein verdammt guter Koch.«
Lincoln lachte. »Wann schmeißen Sie Brey raus?«
»Montag.«
»Ich würde gern das Gesicht dieses Blödmanns beobachten, wenn er Sie sieht.«
»Das wird sicher ein unvergesslicher Anblick.«
Lincoln stellte sein Bier ab. »Und wie fühlen Sie sich? Wirklich?«
»Mit mir ist alles okay.«
»Gut«, meinte Lincoln nach einer kurzen Pause. »Das ist gut.«
»Haben Sie was anderes erwartet?«
»Tja, ich war mir nicht sicher. Da sind ein paar ziemlich harte Sachen über Sie geschrieben worden. Und Sie haben sich gerade von Ihrer Partnerin getrennt.«
»Das ist doch etwas Gutes.«
»Ich weiß. Aber das macht es nicht leichter. Sehen Sie, was für ein Verlust Pam war, und trotzdem habe ich zwanzig Pfund zugenommen, seit sie mich verlassen hat.«
Kier grinste.
»Was ist?«
»Ich habe Pam einen Monat, nachdem Sie sich von ihr getrennt hatten, getroffen und hab mich nach ihrem Befinden erkundigt. Und sie
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