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Der Weihnachtswunsch

Der Weihnachtswunsch

Titel: Der Weihnachtswunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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antwortete: ›Wunderbar, ich habe gerade zweihundert Pfund scheußliches Fett verloren‹.«
    Lincoln grinste ebenfalls. »Mir diese Tussi vom Hals zu schaffen war das Schlaueste, was ich je getan habe.«
    »Der Trick besteht darin, Lincoln, das, was andere über einen denken, nicht an sich rankommen zu lassen.«
    »Wirklich, ich wünschte, ich könnte das. Bier hilft dabei.«
    »Es ist einfacher, wenn Sie sich klarmachen, dass drei Prozent der Bevölkerung nachgewiesenermaßen verrückt sind und der Rest aus Idioten besteht. Warum sollte es Sie interessieren, was Idioten denken?«
    »Das ist die richtige Einstellung, alter Junge«, erklärte Lincoln und hob sein Glas. »Auf die Masse der Idioten.«
    Kier sah Lincoln an, der sein Glas schwenkte, und erhob ebenfalls sein Glas. »Auf die Masse der Idioten.«
    Beide Männer tranken einen großen Schluck.

Dreizehntes Kapitel
    In der folgenden Nacht hatte Kier einen Traum. Er befand sich in einer geräumigen Eingangshalle mit dunklem, glänzendem Boden. Sie war von hohen, gewölbten Fenstern gerahmt, vor denen schwere Seidenvorhänge hingen, die mit eleganten goldfarbenen Kordeln zusammengebunden waren. An jedem Fenster standen Blumentöpfe mit Orchideen und Usambaraveilchen. Von der hohen Decke hingen Kristallleuchter aus Messing, und die Wände waren mit elfenbeinfarbener Seide bespannt. Sanfte Harfenmusik füllte den Raum, aber er konnte nicht erkennen, woher sie kam.
    Die Halle war leer. Als er sich umsah, entdeckte er am Ende des Raums einen geschmückten Sarg aus knotigem Walnussholz mit kupfernen Eckbeschlägen und Griffen.
    Er fragte sich, wer darin liegen mochte. Er durchquerte den Saal, aber als er den Sarg erreichte, hatte er plötzlich Angst hineinzusehen.
    Dennoch hob er den schweren Deckel ab. Im Inneren lag eine Frau. Er wusste, dass er ihr schon einmal begegnet war, aber er erkannte sie nicht, bis sie die Augen öffnete.
    »Mein Sohn«, sagte sie.
    »Mom?«
    Sie lächelte liebevoll, und ein Gefühl der Ruhe überkam ihn.
    »Mein lieber, süßer Junge. Du fehlst mir. Du fehlst uns allen.«
    Kier verstand nicht. »Euch allen?«
    »Sieh doch.«
    Er wandte sich von ihr ab, um sich in der Halle umzusehen, aber da war noch immer niemand. Er drehte sich wieder zu ihr hin. »Ich weiß nicht …« Seine Mutter war verschwunden, und in dem mit Samt ausgeschlagenen Sarg lag Sara. Ihre Haut hatte eine wächserne Blässe, aber sie war noch immer schön. Unwillkürlich sprach er ihren Namen aus. »Sara.«
    Beim Klang seiner Stimme schlug Sara die Augen auf und blickte durch ihn hindurch. Sie sprach, und ihre Stimme hatte ein süßes, weit entferntes Echo. »Jim, warum hast du mich verlassen, als ich dich am meisten gebraucht habe?«
    »Ich … Ich …« Er wusste keine Antwort darauf. »Es tut mir leid.« Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Es tut mir wirklich leid.«
    »Mir auch«, sagte sie sanft. Sie schaute ihn ohne Zorn oder Bosheit an, aus ihr sprach nur Trauer.
    »Wo sind alle?«, fragte Kier.
    Sie antwortete nicht, sondern schloss wieder die Augen.
    »Sara, komm zurück!« Er kauerte sich neben den Sarg. »Sara, wo sind alle? Wo ist Jimmy?« Er blickte sich um in der Hoffnung, ihn zu sehen.
    Plötzlich betrat ein alter Mann die Halle. Er blieb am Eingang stehen, um etwas in das Gästebuch zu schreiben. Dann humpelte er mit seinem Gehstock durch den Raum. Als er sich näherte, glaubte Kier ihn zu erkennen, aber er konnte sich nicht erinnern, woher er den Besucher kannte. Der Mann brauchte einige Minuten bis zum Sarg. Ohne Kier zur Kenntnis zu nehmen, stand er neben ihm und starrte die Leiche aufmerksam an.
    »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte Kier.
    Der Mann sah ihn an. Zu Kiers Überraschung lag ein hämisches Lächeln auf seinem Gesicht. »Da geht der Welt nichts verloren.« Dann wandte er sich wieder dem Leichnam zu, und sein Lächeln wurde finster. Er spuckte in den Sarg. »Verrotte in der Hölle!«, rief er und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund.
    Kier wurde rot vor Zorn und hob die Faust. »Wie können Sie es wagen? Sie war eine gute Frau.«
    »Frau?«, fragte der Mann.
    Kier schaute in den Sarg. Jetzt lag sein eigener Körper darin.
    »Der zweitbeste Tag meines Lebens«, murmelte der Alte, während er davonhumpelte. »Der zweitbeste Tag meines Lebens.«

Vierzehntes Kapitel
    Kier erwachte mich pochendem Herzen. Er war schweißgebadet, und sein Gesicht war tränenüberströmt. Als er allmählich wieder zu Bewusstsein kam, spürte er, wie

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