Der Weihnachtswunsch
hat.« Sara legte sich seufzend auf ihr Bett. »Ich wünschte, wir könnten dieses Gespräch persönlich führen, Jimmy. Alles, was du von deinem Vater kennst, ist die Facette eines profitgierigen, unbarmherzigen Geschäftsmanns, der nie für dich da gewesen ist. Aber er war nicht immer so.
Als wir geheiratet haben, waren wir arm wie die Kirchenmäuse. Aber wir waren verliebt und fanden, dass wir alles hatten, was wir brauchten. Damals war dein Vater übermäßig großzügig. Einmal hörte er, wie ich mich mit einer Nachbarin unterhielt, deren Mann gerade seine Stelle verloren hatte. Er überredete mich, unsere geringen Ersparnisse zu verwenden, um ihre Schränke mit Lebensmitteln zu füllen. Er hat nie jemanden abgewiesen. Ich war deswegen immer böse auf ihn.«
»Du warst böse auf Dad, weil er großzügig war?«
»Vor langer Zeit war ich das. Aber er war ein guter Mann. Und ich wusste, dass ich eher einen guten als einen reichen Ehemann haben wollte.
Er war auch ein guter Vater. Er hat dich vergöttert. Wenn er nach einem Tag harter Arbeit nach Hause kam, bist du zu ihm gerannt. Er liebte das. Er hat dich durch die Luft gewirbelt, und ihr habt beide gelacht. In der Hälfte der Zeit bist du noch nicht einmal zu mir gekommen. Kannst du dich an irgendetwas davon erinnern?«
Jimmy wurde nachdenklich. »Ich habe ein paar Erinnerungen.«
»Sein Traum war es, Vertrauenslehrer für Jugendliche zu werden, die in Schwierigkeiten geraten waren. Die meisten Leute vermuten, dass dein Dad früher eine leitende Position in der Wirtschaft innehatte. Das stimmt aber nicht. Er hatte eine leitende Position in der Sozialarbeit. Nach seinem Abschluss machte er weiter, um einen Magisterabschluss zu erhalten.
Es war nicht leicht. Wir hatten zu kämpfen, um über die Runden zu kommen und das College zu bezahlen. Ich habe als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei gearbeitet, für tausendzweihundert Dollar pro Monat. Dann wurde ich schwanger. Wir wussten nicht, wie wir es schaffen sollten, doch wir freuten uns darauf, eine eigene Familie zu gründen. Wir vertrauten einfach darauf, dass alles gut werden würde.
Aber dann gab es Probleme während meiner Schwangerschaft, und ich musste aufhören zu arbeiten. Damals verwahrten wir unser Geld in einem Topf, in dem man Zwiebeln einlegte. Ich weiß noch, wie ich an einem Sonntagabend nur dasaß und den Topf ansah und mich fragte, wie wir uns ernähren sollten. Ich zählte unser Geld wieder und wieder, als würde sich der Betrag dadurch ändern. Ich kann mich sogar noch daran erinnern, wie viel Geld in dem Krug war: zweiundzwanzig Dollar und vierundsiebzig Cent. Ich war krank und hilflos und besorgt, und das brachte deinen Vater um. Er fühlte sich so schuldig. Ich werde nie den Abend vergessen, an dem er sagte: ›Das ist zu viel. Das ist zu viel.‹ Es war ein entscheidender Augenblick für uns alle.
Er rief seinen Vater an und war am nächsten Tag auf dem Bauplatz. Mitten im Semester hat er sein Studium abgebrochen und es nie wieder aufgenommen.
Sein Vater, Grandpa James, war begeistert. Er war immer unglücklich über Dads Berufswahl gewesen. Ja, als Dad weiterstudierte, um seinen Magister zu machen, hat sein Vater fast sechs Monate lang nicht mehr mit ihm gesprochen. Das war hart für deinen Dad. Wie die meisten Söhne wollte er seinem Vater gefallen, aber Grandpa machte kein Hehl daraus, wie enttäuscht er von ihm war.«
»So wie Dad es von mir ist?«
Sara zögerte, bevor sie antwortete. »Ja, wie Dad es von dir ist. Du musst verstehen, Jimmy, dass Menschen manchmal ihre eigenen Entscheidungen, gute wie schlechte, dadurch zu bestätigen versuchen, dass sie anderen das aufzwingen, was sie sich selbst auferlegt haben. Wenn dein Vater dich dabei unterstützen würde, dass du deinen Traum verwirklichst, käme das dem Eingeständnis gleich, dass er den eigenen Traum aufgegeben hat. Das ist für jeden schwer zu verkraften. Dadurch wird es nicht richtig, aber es ist wahr.«
»Wenn es so schmerzlich für ihn war, seinen Traum aufzugeben, warum ist Dad dann so sehr gegen meinen? Wenn ihn irgendjemand verstehen kann, dann doch er«, entgegnete Jimmy.
»Ich weiß, aber so funktioniert es eben einfach nicht. Dein Vater wollte seinen Traum nicht aufgeben, sondern er wollte etwas tun, was er für das Beste für die Familie hielt. Das ist etwas Edles. Er hat das, was er wollte, für uns geopfert. Dann wurdest du geboren, und er arbeitete umso härter. Er wollte uns ein gutes Leben ermöglichen.
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