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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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früher wird diese Mauer zwischen uns und den Wilden stehen.«
    Als Francis auf den Haufen zuging, den sie mitnehmen wollten, eine Feldflasche voll köstlichem Kritonia-Kaffee in der Hand, hatte er plötzlich Visionen von Suppenschüsseln. Sein Großhirn schwebte zwischen Gemüsen umher. Und er legte die Flasche mit dem köstlichen Kritonia-Kaffee auf den Haufen, der zurückbleiben sollte.
    Ein paar Minuten später begann Luther mit Burne und Francis zu verhandeln, um eine seiner besten Gesteinsproben, die ganz klein und leicht war, auf den Haufen legen zu dürfen, der mitgenommen werden sollte. Er gewann.
    Gewisse Gegenstände waren zu heilig für beide Haufen. Burnes Fermentgewehr blieb in seinem Gürtel stecken, Francis’ Insulinkasten in der Jackentasche, Luthers Lieblingspfeife im Mund. Francis sagte sich, daß der Zweck all dieser Dinge darin bestand, irgend etwas ins Innere eines menschlichen Körpers zu befördern. Er hatte noch niemanden an Fermentkugeln oder Tabakrauch sterben sehen, aber sein Sohn war an Insulin gestorben, an einem lebenserhaltenden Wunder.
    Vor Francis’ hilflosen Augen hob Burne lässig den letzten Gegenstand hoch, Ollies Käfig, und plazierte ihn auf dem Haufen, der hierbleiben sollte. »So, jetzt können wir packen.«
    Francis’ Unterlippe bewegte sich auf und ab wie bei einem Millionenfisch. »B-B-Burne! Das kannst du doch nicht machen!«
    »Verdammt, Lostwax, dieser Käfig ist fast so schwer wie ich!«
    »Er ist der erste, der jemals gefunden wurde…«
    »Er würde ein Drittel deines Gepäcks ausmachen.«
    »Er wird verhungern!«
    »Laß ihm ein bißchen Thunfisch hier. Er braucht ja keinen Dosenöffner.«
    »Wir wissen nicht einmal, ob wir jemals wieder hierherkommen werden. Lieber lasse ich ihn laufen!«
    »Dann laß ihn eben laufen.« Burne mochte Francis, er mochte sogar den Cortexclavus, aber irgend jemand mußte in dieser schäbigen Armee das Kommando übernehmen.
    »Das ist nicht sein Planet, Burne. Er könnte sich dieser Umgebung nicht anpassen. Er würde langsam sterben. Und außerdem – verdammt, ich habe mir den Poelsig-Preis verdient!«
    Burne zupfte sich am Bart, bis es weh tat. Normalerweise fiel es ihm leichter, Entscheidungen zu treffen. Die Logik befahl ihm: >Laß den verdammten Käfer hier!< Aber Francis’ Verzweiflung war so rührend. Wir brauchen also einen logischen Grund, um das Biest mitnehmen zu können.
    »Also gut, Lostwax, du hast gewonnen. Wir können dich nicht so lief ins Unglück stürzen, daß du unsere Weiterreise verlangsamst, und wir können auf keinen Fall zulassen, daß du dich mitten in der Nacht davonschleichst, um deinen Käfer zu holen.«
    Reines Glück strahlte aus Francis’ Zähnen und Augen. »Das würde ich auch tun…«, flüsterte er. »Ich würde mich davonschleichen.«
    »Wir nehmen ihn also mit, aber nur unter der Bedingung, daß er in meinen Rucksack gesteckt wird. Wenn uns die Wilden verfolgen, müssen wir unser Gepäck in den Burggraben werfen und davonlaufen. Das ist die einzige Rettung.«
    Francis nickte. »Und du kannst dir nicht vorstellen, daß ich den Cortexclavus in den Burggraben werfen würde?«
    »Eher könnte ich mir denken, daß die Wilden eine Oper schreiben.«
     
    Es war wesentlich einfacher, das verdammte Magnumauto von dem Loch wegzuschieben, als es darauf zu rücken. Es war viel leichter geworden, die Männer waren ausgeruht und mit Eiern vollgestopft, und es bedurfte nur des breitesten Schulternpaars, um es aus dem Weg zu räumen. Das waren Burnes Schultern.
    Die Wissenschaftler halfen einander, die prall gefüllten Rucksäcke anzuschnallen. Luminons wurden verteilt, die an ihren Hälsen hingen und mit dumpfem Klirren gegen die Darwin- Schlüssel stießen. Burne stieg in den Schlammtunnel hinab, mit der sorglosen Ungezwungenheit eines Zehnjährigen, der in einen tiefen Bach springt, um darin zu schwimmen. Luther folgte ihm mit der schmallippigen Konzentration eines Tauchers, der an einem Wettbewerb teilnimmt und nun seinen letzten Versuch unternimmt, um noch im Rennen zu bleiben. Und Francis empfand den heftigen Ekel eines Spions, der gefangengenommen wurde und den man nun in eine Grube voller Fäkalien wirft.
    Ich muß mich ablenken, dachte er, als er sich in den Tunnel hinabließ und die Hände in die Schlammwände grub, sonst kann ich die Beine nicht kontrollieren, und sie würden mir davonlaufen. Das Luminon baumelte wie ein Bleiklumpen an seinem Hals, in kurzen, präzisen Bögen. Aber es leuchtete.

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