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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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allein schon der Gedanke daran ließ Francis zusammenzucken. Während er den unscheinbaren kleinen Planeten anstarrte, versuchte er angestrengt die wunderbaren, erregenden Gefühle zu empfinden, die Kappie bewegten. Er wußte, daß er über eine romantische Ader verfügte, aber in diesem Augenblick weigerte sie sich, zum Vorschein zu kommen. Angewidert humpelte er zum Monitor hinüber, suchte nach dem Schalter und betätigte ihn. Carlotta und der Rest des Universums lösten sich in Nichts auf, machten Platz für Francis’ Spiegelbild – im Entstehungsstadium begriffener Spitzbauch, Koboldgesicht, siebenunddreißig Jahre alt, Kraushaar.
    »Ich mache mir Sorgen.« Eine weitere Stimme erklang auf dem Kontrolldeck. Luther Gorst, der seinen Schiffskameraden um zwei Generationen voraus war, ließ sich sein Alter nicht anmerken. Er stapfte zur Computer-Einheit, ohne seine Schritte zu verlangsamen, und seine Atemzüge beschleunigten sich nicht. »Dieser verdammte Asteroid könnte uns kapern.«
    Burne erklärte, daß sie in einem Abstand von über fünfzig Kilometern an Carlotta vorbeifliegen würden. »Gerade nah genug, um ein paar aufregende Schnappschüsse zu machen.«
    »Wir könnten ihre Schwerkraft nicht einmal in Schach halten, wenn wir hundert Kilometer entfernt wären.« Luther zog seine Hört-auf-mich-weil-ich- der-älteste-bin-Show ab. »Und wenn sie uns aufsaugt, könnt ihr wirklich ein paar aufregende Schnappschüsse machen.« Er griff nach einem Mamula-förmigen Becher und ging zur Kaffeemaschine der Darwin, einem plumpen Gerät, das mit einem anachronistischen Filigranmuster aus dem neunzehnten Jahrhundert überzogen war.
    »Das ist unwahrscheinlich«, erwiderte Burne. »Carlotta ist genauso belanglos wie Dr. Lostwax. Du hast sie doch gesehen.«
    Francis lachte ohne echte Fröhlichkeit.
    »Ich habe auch eine Atmosphäre gesehen.« Luther schenkte sich Kaffee ein. »Was glaubst du wohl, was diese Wolken zusammenhält? Gummizement? Ich sage dir, dieses Objekt hat eine ziemlich dichte Struktur. Vermutlich findet in seinem Kern irgendein esoterischer Schmelzvorgang statt.«
    Burne strich sich den Bart. »Heiliger Strohsack! Carlotta vertreibt sich also die Zeit, indem sie Gold in Blei verwandelt. Hoffen wir, daß die Schwerkraft nicht mehr so stark ist wie früher…«
    Francis spürte, wie seine Eingeweide sich zusammenzogen.
    Zwei Standardtage später wurde ihnen auf qualvolle Weise klar, daß die Schwerkraft noch genauso stark war wie früher. »Wir sind festgenagelt, Gentlemen«, stöhnte Kappie. »Genauso wie Francis’ Motten.«
    Luther schaltete die Retros ein, die einzigen Maschinen, die noch mit Treibstoff versorgt waren, und die computerisierte Alchemie begann. Cäsiumdampf zersetzte sich in Ionen. Die Geschwindigkeit wurde gebremst, der Sturz abgefangen, und die Darwin begann Carlotta zu umkreisen, knapp neunzig Minuten, bevor die faserige Atmosphäre das Schiff in Aschenklümpchen zerteilt hätte.
    Die Retros wurden heruntergeschaltet, die Monitoren angestellt, und die Wissenschaftler schlenderten lethargisch auf dem Kontrolldeck umher, jeder in privaten Trübsinn versunken.
    Schließlich sagte Luther: »Laß dir was einfallen, Burne! Bring uns weg von hier. Du hast doch schon größere Hasen aus kleineren Hüten gezogen.«
    »Ich möchte einen Vorschlag machen«, meldete sich Francis mit der schwachen Stimme eines Patienten zu Wort, der seinem Neurochirurgen einen hoffnungslosen Tumor ans Herz legt. »Wir haben doch immer noch Cäsiumdampf in den Retros, nicht wahr? Wenn wir diese Maschinen abfeuern und noch ein bißchen moralische Unterstützung von der Chemieschubkraft kriegen, könnten wir uns vielleicht losreißen.«
    Obwohl Burne sich sehr viel Mühe gab, klang seine Antwort herablassend. »Ja, das könnten wir. Aber wie willst du denn danach steuern? Willst du dich draußen auf den Schiffsrumpf stellen und an den Solarschalttafeln drehen?« Er begann um den Monitor herumzugehen, streckte gelegentlich die Hand aus, um sie mit statischer Elektrizität an das Glas zu fesseln. In dem Bildwürfel rannte Carlottas Äquator vorbei, in nahtlosen Nebel gehüllt. »Außerdem brauchen wir die Chemieschubkraft zur Landung.«
    »Zur Landung?« Francis’ Magen krampfte sich zusammen. »Zu was für einer Landung?«
    »Freunde, ich habe entschieden, daß es das Beste wäre, die Geschwindigkeit noch mehr zu drosseln, tiefer runterzugehen und um ein gütiges Geschick zu beten – um Cäsium und Oxygen und

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