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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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die offene Tür, dann schlenderte er herein, als hätte er gar nicht geklopft. Er trug Pfeife und ein Schwarzweißfoto bei sich und konnte offenbar nicht entscheiden, in welcher Hand er was halten sollte. »Im Spezimen-Raum ist alles in bester Ordnung«, verkündete er wichtigtuerisch.
    »Ollie hoffentlich auch.«
    »Er macht einen recht gesunden Eindruck, mein Sohn.«
    Francis atmete auf. Der gute alte Burne. »Wie sieht’s denn aus, Luther? Können wir auftanken, oder wird’s da Probleme geben?«
    »Es ist riskant.« Die linke Hand des Chemikers vertauschte die Pfeife mit dem Foto. »Um die Wahrheit zu sagen – ich könnte gerade jetzt eine große Herausforderung vertragen.«
    »Verdammt, du Bastard, wage nur ja nicht, diesen Schlamassel auch noch zu genießen!«
    Francis griff nach dem Foto, auf dem er nichts weiter erkennen konnte als ein verschwommenes Gerippe. Es sah aus wie eine Bettfeder, und das ließ er Luther auch wissen.
    »Die meisten optischen Schüsse waren unbrauchbar, aber bei der letzten Transmission kam das da durch. Die Entfernung, zwischen der Kamera und dem Objekt betrug drei Kilometer, und demzufolge wäre deine Bettfeder etwa so groß wie das Galileo-Institut.«
    »Und dann wäre es keine Bettfeder.«
    »Ich glaube, es ist ein Brustkorb.«
    »Zum Teufel, was für ein Tier hat einen Brustkorb, der so groß ist wie das Galileo-Institut?«
    »Ein äußerst bemerkenswertes Tier, mein Sohn.«
    Francis fuhr mit einem Finger über die Umrandung des Bullauges. »Ich will nach Hause, Luther.«

Als Francis Lostwax acht Jahre alt gewesen war, hatte er zum erstenmal mit dem Frevel der Gewalt Bekanntschaft geschlossen. Der Anlaß dieses Ereignisses war eine großartige, in Ortskreisen berühmte Sammlung von Insekten gewesen, die der tüchtige kleine Francis gefangen und in einer gläsernen Zigarrenkassette aufgespießt hatte. Kinder, die dem Erdboden bekanntlich noch näher sind als Erwachsene, verstehen sich ja besonders gut mit Insekten.
    Nach dieser Spezialsammlung gelüstete es nun einen gewissen Robert Poogley, ein verderbtes Kind, dessen diversen Schurkereien von einem unfehlbar unschuldigen Augen- sowie einem Elternpaar Vorschub geleistet wurde, das unerschütterlich an der Überzeugung festhielt, Sonny Bob könne niemals etwas Böses tun. Sonny Bob war klein und dick, hatte flaumiges gelbes Haar, einunddreißig ungepflegte Zähne, inklusive zweier kampfbewährter Eckzähne. Einmal hatte er sogar versucht, letztere zu scharfen Spitzen zurechtzufeilen. In Francis’ Augen war Robert Poogley schon immer der personifizierte Furz gewesen.
    In einer Unterrichtspause lauerte Robert Poogley ihm in den Wäldern hinter der Schule auf und verlangte die Kassette mit den Insekten. Falls Francis am anderen Tag ohne die Kassette auftauche, würde Robert Poogley seinen deutschen Schäferhund namens Ratdog Snarler beauftragen, Francis’ Elternhaus aufzusuchen und Francis’ Kehle zu durchbeißen. Am nächsten Morgen packte ein verängstigter Francis die Kassette in seine Aktentasche und begab sich zur Schule, wo er während der Topologiestunde ein Gespräch mit Judy Shout begann und zu seiner grenzenlosen Erleichterung erfuhr, daß Ratdog Snarlers Blutrünstigkeit reine Erfindung sei. Wenn man ihm ein Hologramm von einer Katze zeigte, würde er den Schwanz einziehen und davonlaufen. Und wenn man ihn ins Badezimmer lockte und eine geräuschvolle Laser-Zahnbürste einschaltete, würde er den Inhalt seiner Gedärme auf den Linoleumboden entleeren.
    In der Pause manövrierte Robert Poogley den armen Francis mitsamt der Aktentasche in ein sumpfiges Waldgebiet. In der vorausgegangenen Nacht hatte es geregnet, und der Boden war weich und matschig wie die Oberfläche einer Torte, die mit üppigem Zuckerguß verziert war. »Sind sie da drin?« fragte Robert Poogley und zeigte mit einer Hand auf die Aktentasche, während er Francis mit der anderen am Kragen packte.
    Francis staunte über sich selbst, als er wütend wurde. »Nimm deine Abtreibungszangen weg, du Riesenfurz!«
    »Du willst also, daß ich heute nacht meinen Hund zu dir schicke, was, Lostwax?«
    »Du kannst mich nicht auf den Arm nehmen, Poogley. Judy Shout hat mir erzählt, daß es dein Köter nicht einmal mit verkrüppelten Hamstern aufnehmen kann.«
    Diese Äußerung veranlaßte Robert Poogley, unvernünftig zu werden. Er schleuderte Francis zu Boden und versuchte ihm die Haare auszureißen. Und dann begann er auch noch, scheußlichen Schlamm in

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