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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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südlichen Dschungeln, um eine – wie soll ich es nennen? – Mission der Barmherzigkeit zu erfüllen. Er spürt diesen männlichen Neurovoren auf, der über die Mauer gekommen ist, und er wird ihn – töten.« Bei dem Wort »töten« überschlug sich Mools Stimme.
    »Aber der Neurovore hat einen großen Vorsprung, nicht wahr?«
    »Ja, bedauerlicherweise. Sie werden Ihren Freund erst in mindestens drei Opochen wiedersehen.«
    »Opochen?« Francis nippte an seinem Tee.
    »Unser Kalender ist makellos. Ein Tag hat fünfundzwanzig Stunden, fünfundzwanzig Tage bilden eine Opoche, fünfundzwanzig Opochen ein Jahr. Aber die Läufer werden uns regelmäßig sagen, wo er sich gerade befindet.«
    »Oh«, sagte Francis mit scharfer Stimme. Das Blut hatte den Tee mittlerweile in sein Gehirn hinaufgepumpt. Zum Teufel, warum hatten sie Burne dahinaus geschickt? »Die Läufer?«
    »Ja. Das kommt Ihnen primitiv vor, nicht wahr? Nun, Quetzalia besitzt keine Massenkommunikation. Aber lassen Sie nicht zu, daß unsere scheinbare Rückständigkeit einen Schatten auf die Amputation dieses Nachmittags wirft. Es wird nicht weh tun.«
    »Eine Amputation?«
    »Auf der Erde haben wir es als Operation bezeichnet. Aber der Ausdruck Amputation ist besser. Wir werden den Stein in Ihrem Kopf amputieren.«
    »Aber der Speer ist doch herausgefallen!«
    »Ein Splitter ist zurückgeblieben und steckt direkt oberhalb Ihres Lachzentrums. So merkwürdig es auch klingt, Sie könnten die Fähigkeit verlieren zu lachen.«
    Francis zuckte mit den Schultern. »So, wie es in meinem Leben aussieht, werde ich sie nie mehr brauchen.« Er wußte von seinem Biologiestudium her, daß es ein Lachzentrum gab. Es war von einem Erdenchirurgen namens Richard Hassler in einem Jahr namens A.D. 1955 entdeckt worden. »Die Amputation ist notwendig. Das Lachzentrum sitzt im Thalamus.«
    Francis strich mit den Fingern über die Seite seines Kopfes, vom Kiefer nach oben, um das Ohr herum, überquerte einen Verband, der die Wunde auf der Stirn bedeckte, und berührte dann glatte Haut, so straff gespannt wie ein Trommelfell, woraus er schloß, daß er kahlgeschoren war.
    »Sie werden doch nicht durch das Loch in meiner Stirn in das Gehirn eindringen?«
    »Stellen Sie sich vor, Sie wären ein eingeschlossener Minenarbeiter. Man muß den alten Schacht nicht unbedingt öffnen, um ihn zu erreichen. Es ist meist viel besser, einen neuen Schacht zu graben.«
    »Bedenken Sie, daß es diesmal die Mine ist, die noch lebt, und daß der Minenarbeiter aus Stein ist.« Francis richtete sich ein wenig auf, als wolle er versuchen, die Brustwarzen in einem Marathon-Kino-Epos zu sehen. »Burne hat ein lebendes Insektenexemplar in seinem Rucksack – einen Cortexclavus areteus. Er muß gefüttert werden.«
    »Alle Kuriositäten, die Dr. Newman nach Quetzalia gebracht hat, die nicht-technologischen Kuriositäten, wurden in der Bibliothek von Iztac deponiert. Ich glaube, er hatte einen getrockneten Fisch und eine Gesteinsprobe. Ihr Käfer müßte jetzt auch dort sein. Ich werde dafür sorgen, daß seinen Bedürfnissen Rechnung getragen wird.«
    Francis begriff nicht, was das Wort »nicht-technologisch« in dieser Antwort zu suchen hatte, aber er war unendlich erleichtert, als er erfuhr, daß Ollie offenbar gerettet worden war.
    Mool frönte wieder einmal seiner Gewohnheit, nicht gestellte Fragen zu beantworten. »Ein Glück, daß Sie hierher gebracht wurden – nicht zu einem von Nazras Bürokraten. Nazra regiert außerhalb von Aca, aber er hat eine Bande von Speichelleckern – einen ganzen Sumpf von Speichelleckern – amüsiert Sie das? – hier in Tepec.« Mool kicherte. »Ich habe gefragt, ob Sie das amüsiert.«
    »Ich lache in letzter Zeit nicht mehr«, entgegnete Francis. »Ist dieser Stein in meinem Gehirn?«
    »Nazras Bürokraten lachen auch nicht. Gestern stürmten sie herein und drangen in mich wie Bohrmaschinen. >Die Blutung hat aufgehört<, sagten sie. >Warten Sie noch, bevor Sie die Amputation vornehmen. Finden Sie erst heraus, welche Absichten er hegt.< Zwei Stunden später läßt Nazra uns mitteilen, Ihre Ankunft sei eine religiöse Angelegenheit. Also verschwinden die Bürokraten, und die gottverdammten Geistlichen treten an ihre Stelle und wollen ebenfalls wissen, welche Absichten Sie zu uns geführt haben. Schließlich taucht die Hohepriesterin höchstselbst auf und sagt: >Ich schaffe Ihnen alle vom Hals, aber retten Sie das Leben dieses Mannes, dies ist der moralische

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