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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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Sakramente und täglicher Seligkeit« zu beginnen.
     
    Das Wort »Seligkeit« schien greifbar im Raum zu hängen und darauf zu warten, von Francis’ Protest verscheucht zu werden. Doch der Protest blieb aus. Er erhob sich vom Frühstückstisch, ging zum Fenster. Der Herbst kühlte die Luft. Francis hauchte auf das Glimmerglas, beobachtete zufrieden, wie sich die Kreise öffneten und schlossen wie Münder. Er hob einen Finger, zeichnete eine Karikatur auf die Kondensation. »Natürlich bin ich beeindruckt«, begann er, als er dieses Spiels müde war. »Es wäre unehrlich, wenn ich behauptete, dein Erbe würde mich nicht zutiefst bewegen und mit Ehrfurcht erfüllen. Du hast mir bewiesen, daß ihr alle ein Potential der Gewaltfreiheit besitzt, und – wie du es an jenem Tag im Operationssaal gesagt hast – was sonst wäre anbetungswürdig?«
    Tez lächelte strahlend. »Du hast es verstanden.«
    Er seufzte. »Trotzdem – und ich fürchte, dies ist ein beträchtliches >Trotzdem< – irgend etwas stört mich ganz schrecklich.«
    Tez verschränkte die Arme vor der Brust und erhob das Kinn. Du müßtest schon sehr gute, stichhaltige Einwände erheben, drückte diese Körperhaltung unmißverständlich aus.
    »Tez, ich bin stets bereit, künstliche Lösungen biologischer Probleme zu akzeptieren. Ich habe mir keine weiteren Gedanken gemacht, als mir damals die Plastikbauchspeicheldrüse eingesetzt wurde. Aber künstliche Lösungen sind keine wünschenswerten Lösungen. Welcher Nierenpatient würde es nicht vorziehen, sein Dialysensystem auf den Müll zu werfen? Niemand will auf diese Art abhängig sein. Solche Maschinerien versagen zu oft zum falschen Zeitpunkt. Die Natur ist vielleicht nicht gütig, aber verläßlich.«
    »Mein lieber Nerdenmann, viele Wissenschaftler deines Formats sind überzeugt, daß sich in jeder Minute, irgendwo in unserem Universum, eine fortgeschrittene Zivilisation auf eine radioaktive primitive Masse reduziert. Wenn soviel auf dem Spiel steht, vertraue ich mich lieber den Maschinen an. Du kannst dich ja der Natur verschreiben.«
    »Das Problem liegt, glaube ich, darin, daß Zolmec…« Er suchte mühsam nach Worten. »Ich würde sagen, Zolmec pfuscht in der Psyche herum, bringt die richtige Ordnung der Dinge durcheinander. Diese Religion mischt sich nicht in menschliche, sondern in seelische Angelegenheiten ein.«
    »Aber es ist so ermüdend, darauf zu warten, daß der Himmel sich darum kümmert. Wenn ich an die unschuldigen Prophetisten denke, die in den Gärten der Eden Drei zu Kannibalen wurden, wenn ich an den Planeten Erde denke, wo kein Tag verstrich, ohne daß ein Mord begangen wurde, wenn ich an all diese Grausamkeiten denke – an Menschen, die andere Menschen an Fleischhaken aufhingen –, dann kommen mir deine großartigen Ideen von Natur versus Künstlichkeit wie primitivistischer Unsinn vor. Kannst du mir in die Augen schauen und behaupten, du möchtest lieber natürlich sein als am Leben bleiben?«
    »Die Geschichte besteht nicht nur aus Kämpfen, Tez. Und die dummen Primitivisten kommen ganz gut zurecht.«
    »Aber was >ist< denn überhaupt künstlich? Die Menschen bauen Maschinen, die Biber bauen Dämme. Sind Biberdämme unnatürlich? Verzeih mir, wenn ich dich mit meiner Logik verwirre.« Zufrieden nippte sie an ihrem Tee.
    »Sehr schlau, Tez – aber die Tatsache bleibt bestehen, daß ihr an diese Technologie gefesselt seid. Sie ist für euch alle zur Sucht geworden.«
    »Es ist keine verwerfliche Sucht, wenn man nach Tugend strebt, lieber Nerdenmensch.«
    »Zolmec läßt Säfte abfließen, die…«
    »Zolmec läßt den Bodensatz abfließen.«
    »Das ist pervers.«
    »Es ist ein Akt des Mitleids.«
    »Diese Methode spielt sich als eine Art Gottheit auf.«
    »Aber sie funktioniert.«
    Francis kehrte an den Frühstückstisch zurück. Sein vergessenes Ei, mit der Sonnenseite nach oben und kalt wie der Mond, starrte von seinem Teller zu ihm auf. »Seltsam – in dieser ganzen letzten Opoche habe ich mir gesagt, vielleicht kann ich nie mehr mit meinem Cortexclavus zur Nerde zurückkehren, und das würde mir nicht sonderlich viel ausmachen. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Quetzalia jagt mir Angst ein.«
    Tez trank ihre Tasse leer, nicht ohne eine Träne hineintropfen zu lassen, wandte sich zur Tür. »Unsere Rassen waren für lange Zeit getrennt. Vielleicht ist die Kluft zu groß…« Sie öffnete die Tür, beobachtete ein Herbstblatt, das über den Hof krabbelte wie ein

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