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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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benachbarten Turm. Er starrte in den Garten, als sei der Regen hoffnungsfroher als das Bemühen, den Turm zu retten. Und da bot sich ihm ein unerwarteter Anblick.
    Ein Reiter näherte sich durch den Regen, ein verschwommener feuchter Fleck, aber Francis erkannte ihn dennoch sofort. Diesmal war sein Freund, Iztac sei Dank, aus Fleisch und Blut und keine rachsüchtige Projektion.
    »Burne!«
    »Lostwax!« Burne zügelte seinen Lipoca und stieg ab, während sich Francis über das Geländer der Säulenhalle schwang. Die Nerdenmänner stürmten einander entgegen, trafen sich inmitten von Blumen, schüttelten sich die Hände, tauschten jene Wie-schön-daß-du-wieder- da-bist-ich-habe-mir- Sorgen-gemacht-Banalitäten aus, bei denen die Bedeutung eher in der warmherzigen Stimme liegt. Burne wühlte in seiner Satteltasche, zog den Glasmetallkäfigheraus. »Da ist noch jemand, der sich auf ein Wiedersehen mit dir freut.«
    Francis bedankte sich überschwenglich und schob Ollie Cortexclavus unter seine Robe. Hochbeglückt über diese unerwartete doppelte Wiedervereinigung, führte er seine beiden Freunde aus dem strömenden Regen in die Säulenhalle. »Tez, das ist Burne.«
    Sie reichte ihm die Hand. »Der Retter von Quetzalia«, sagte sie mit unmerklichem Sarkasmus.
    Burne lächelte liebenswürdig durch seinen Bart hindurch.
    »Dr. Mool hat mir berichtet, daß Francis in Sünde lebt, aber nachdem ich Sie gesehen habe, möchte ich dieses Leben als höchst stilvoll bezeichnen.« Als sein Blick auf das Schachbrett fiel, zeigte er Francis, wohin er den bedrohten Turm stellen mußte. »Ich war bereits im Hospital und habe die großartige Neuigkeit gehört, daß es dir wieder gutgeht.«
    Francis strich seine Locken auseinander. »Schau, ich habe eine Narbe.« Er erklärte, sein Wohlbefinden sei nicht allein auf die erfolgreiche Amputation zurückzuführen – wie die neurovorische Speeresspitze sei auch seine Diabetes entschwunden. Nun würden die Bienen keinen Gefallen mehr an seinem Urin finden.
    Bevor sie hineingingen, plazierte er den Turm auf das Feld, das Burne ihm vorgeschlagen hatte.
     
    Burne erschien zum Dinner, in trockener Robe und bester Laune. Sie verzichteten auf den gewohnten Tisch, saßen vor dem Feuer, brieten Fleischstücke und rösteten frisch geernteten Mais. Eine Weinflasche kam zum Vorschein. Draußen ließ der Regen nach.
    Burne erwähnte, Vaxcala habe ihm ein Luxusapartment in der City angeboten, worauf Francis ihn dazu überredete, ins Olo zu ziehen. »Davon könnten wir beide profitieren und uns gegenseitig Gesellschaft leisten, bis…« Er war versucht zu sagen: »… bis wir diesen verrückten Planeten verlassen.« Aber Tez war ja anwesend. »… eh – bis wir Pläne gemacht haben. Du weißt ja, was die Darwin betrifft. Hast du über dieses Problem nachgedacht?«
    »Vielleicht«, erwiderte der Archäologe, und die anderen wußten, daß mehr hinter dieser Antwort steckte. »Willst du hören, wie ich den Drachen getötet habe?«
    Ausführlich und phantasievoll ausgeschmückt schilderte er die achtzig Tage zwischen seinem hastigen Aufbruch und seiner sumpfgetränkten Rückkehr. Im Bayou des Großen Geistes hatte er ein Mammut angetroffen und dessen Eckzähne bei einem Pokerspiel gewonnen. Auch der Drachenkampf wurde mit erfundenen Zutaten verbrämt, denn der Käfer verwundete den Neurovoren nur und zwang Burne zu einem tödlichen Handgemenge am Rand eines Treibsandmeeres, und nur durch einen verzweifelten Seitensprung in allerletzter Sekunde wurde die »Er-oder-ich-Situation zu meinen Gunsten gerettet«.
    Ticomas Vergewaltigung verschwieg er verschämt.
    Diese Lügenmärchen wurden Burne restlos verziehen, da seine Zuhörer von Anfang an wußten, daß er sie auf den Arm nahm. Tez lachte herzlich, und das erinnerte Francis wieder einmal daran, wie sehr er sie liebte. Sie wurde nur einmal von Angst erfaßt – als der Gehirnfresser auf dem Schauplatz des Berichts erschien, und auf seinen gewaltsamen Tod reagierte sie mit Mitleid und Entsetzen. Auf dem Höhepunkt des letzten Dramas, in dem Burne eine zertrümmerte Raumkapsel mit dem Heiligen Gral fand, hörte es zu regnen auf.
    Tez entschuldigte sich und erklärte, daß Überraschungsferientage stets nur ein geteiltes Vergnügen böten, da die Pflicht trotzdem wartet. »Die Quetzalianer haben Ihnen ihr Leben zu verdanken, Burne«, sagte sie. »Wir werden immer in Ihrer Schuld stehen. Ich hoffe nur, daß es niemals umgekehrt sein wird.«
     
    »Was hat sie

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