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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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wenige blieben stumm.
    »Und jetzt hört mir zu. In dieser letzten Opoche habt ihr die Notwendigkeit gemeinsamer Aktionen angezweifelt. Aber heute sind wir alle eins, denn wir alle haben Schwerter geschmiedet, und jetzt ist es an der Zeit, sie abzulöschen.«
    Burne stieg ab und nahm aus den Händen einer schwitzenden Frau einen Transperviumzylinder entgegen, auf dem ein weißglühender Metallbarren lag – zwanzigmal geformt und gehämmert und zugespitzt. Er hob den Zylinder hoch, so daß alle die helle Glut sehen konnten, dann ging er zu dem Eisenfaß. »Nun soll der Fluß des Hasses seine geheimen Kräfte auf diese Kristalle gießen, so daß wir unsere Feinde in der Wüste genauso niedermetzeln können wie im Tolca-Tempel.« Mit energischen Bewegungen neigte er den Zylinder, und der Metallbarren tauchte in das Faß, mit der Spitze voran. Zischender Dampf walke auf, und die Moleküle wurden gefesselt. Burne zog das Schwert aus der silbrig-schwarzen Flüssigkeit.
    Er stieg wieder auf, lenkte seinen Lipoca langsam durch das Lager, und jeder Soldat trat vor, als das Faß an ihm vorüberfuhr.
    Francis wartete nicht, bis sein Freund ihn bemerkte. Er galoppierte davon, noch bevor die ersten zehn abgelöscht waren. Als er zum Olo zurückritt, kam ihm zu Bewußtsein, daß er seit dem Tag, als Burne die Experimentalproben aus dem Burggraben geholt hatte, nicht mehr mit einer so großen Menge Noctus konfrontiert worden war. Das Zeug war gar nicht so schrecklich. Er erinnerte sich, daß er mit Luther sogar über die Heiligkeit dieser Substanz gesprochen hatte.

Keine Spruchbänder, keine flatternden Wimpel – nichts geschah, um die Erste Armee zu ehren, als sie durch Quetzalia ritt. Tausend Lipocas trugen ebenso viele Soldaten mitsamt ihren Tornistern, die mit allem möglichen vollgestopft waren, angefangen von gefrorenen Bohnen und Schlafsäcken bis zu Pegmatiten und Noctus-Ampullen. Die Soldaten erreichten die Mauer und streiften umher, warteten darauf, daß die Zugbrücke heruntergelassen wurde. Und während die Hufe der Lipocas im Sand scharrten, blühte die Sünde.
    Feindliche Blicke regneten von oben herab. So stark war die Abneigung der Quetzalianer gegen diese Expedition und so gering die Bewunderung, daß die lächelnden Sympathisanten auf der Mauer, knapp drei Dutzend Freunde und Verwandte der Freiwilligen, den Kriegsgegnern zahlenmäßig weit unterlegen waren.
    Halsbänder, mit Wolfsköpfen geschmückt, kennzeichneten die Anhänger der Protestbewegung. Vor mehreren Jahrhunderten hatten die Ethologen auf der Erde herausgefunden, daß ein geschlagener Wolf seine Niederlage zugibt, indem er seinen Hals bloßlegt, worauf der siegreiche Wolf niemals – oder so gut wie niemals – dem Unterlegenen an die Gurgel fährt. Die Wölfe waren eine der wenigen Zolmec-Konzessionen an den Symbolismus.
    Francis, der weder ein Halsband noch ein sympathisierendes Lächeln zur Schau trug, stand unbehaglich zwischen den Bürgern, befingerte seine Chitzal-Narbe und trat von einem Fuß auf den anderen. »Ihr hättet nicht kommen sollen«, sagte er zu Tez. »Die Armee kann eure albernen Wölfe gar nicht sehen.«
    »Das ist mir egal – solange sie meinen albernen Verlobten sehen kann. Sie sollen wissen, daß du nicht in den Krieg ziehst.«
    »Das wissen sie ohnehin schon. Glaubst du, daß meine Anwesenheit ein paar Soldaten in letzter Minute zur Desertion inspirieren wird?«
    »Zumindest werden ihnen in letzter Minute Zweifel kommen, und das genügt mir schon.«
    Burne galoppierte aus dem Gewirr von Soldaten und Tieren zur Mauer. Sein Lipoca war vor einen Munitionswagen gespannt, und seine Brust stellte die annähernde Imitation einer Nerdenpolizeiakademie-Uniform zur Schau, mit blauer Schärpe und orangegelben Epauletten. »Guten Morgen, Lostwax!« rief er zu der erhöhten Straße hinauf.
    Francis winkte ihm möglichst unauffällig.
    »Ich bin John Philip Sousa!« fuhr Burne beharrlich fort, »der große Erdentroubadour, der die Filmmusik für den Ersten Weltkrieg geschrieben hat!«
    Als es Francis versäumte zu lachen – als er es versäumte, überhaupt etwas zu tun, versuchte Burne ein Gespräch mit Tez in Gang zu bringen. »Was haben Sie denn da am Hals, Mädchen?« Sie schnitt eine Grimasse und marschierte davon. Er schrie ihr nach: »Da wir bald Schiffskameraden sein werden, sollten wir lieber höflich zueinander sein!« Tez verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Iztac an. Burne wandte sich wieder an Francis: »Warum so

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