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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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hätte. Er blieb bei seiner These, daß die totale Ruhe das gerade Gegenteil der Menschlichkeit sei. »An deiner Stelle würde ich mir überlegen, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, sie ein bißchen zu beunruhigen. Und das würde ich wahrscheinlich herausfinden wollen, bevor ich sie auf die Nerde mitnehme.«
    Das Gespräch wandte sich nun harmloseren Themen zu – der Nerdenpolitik, der erstaunlichen Unfähigkeit der Galileo-Institutsverwaltung und der Frage, ob Albert Thorne wirklich drauf und dran war, seine erste Zeitenreise anzutreten.
    Burne erhob sich und ging zur Zeltklappe. »Wie gesagt, ich habe eine Menge zu tun. Heute abend schmieden wir unsere Schwerter, und in vier Tagen reiten wir über die Zugbrücke.«
    »Ich werde euch nachwinken.«
    »Komm gegen Mittag – am Tolcatag. Ich werde dich in letzter Minute doch noch umstimmen, und du wirst uns begleiten.«
    »Fangen wir nicht noch einmal damit an.«
    Und dann sagte Burne etwas, das keiner von beiden erwartet hätte. »Wenn ich getötet werde – das würde dir doch was ausmachen, oder?«
    Francis verbarg seine Überraschung. »Großer Gott der Gehirne, natürlich! Du bist doch mein Freund.« Versuchte Burne tatsächlich, Tränen zu unterdrücken?
    »Ich bin ein eisenharter alter Knochen, Lostwax. Aber glaub nur ja nicht, daß ich die Gewalt liebe, Lostwax! Ich trete jederzeit für Barmherzigkeit – und Anständigkeit ein.« Seine Stimme, die so sonderbare Worte sprach, schien zu brechen. »Ein menschliches Gewissen – das gibt’s eben nicht nur in Quetzalia, oder?«
    »Ich verstehe dich sehr gut.« Francis wühlte unbehaglich in den Gegenständen herum, die sich auf dem Tisch häuften, und nahm seinen Insulinkasten. Burne hatte noch nie zuvor sein Seelenleben so entblößt. Francis war ganz durcheinander.
    Als Burne das Zelt verlassen wollte, hielt Francis ihm aus einem plötzlichen Impuls heraus den Insulinkasten unter die Nase.
    »Ich habe so eine dumme Angst… Wenn du draußen in der Wüste bist, habe ich vielleicht einen Rückfall. Könnte ich eine Spritze behalten?«
    »Ich hätte gern einen Ersatz…«
    »Ich bin so nervös, Burne. Und außerdem…« Francis zwang sich zu husten. »Du würdest es doch vorziehen, nur Nerdenmenschen zur Nerde zurückzubringen, nicht wahr?«
    Ein wissendes Lächeln teilte Burnes Bart. »Laß mir wenigstens den Crysaniumkasten hier.«
    Nachdem Burne gegangen war, nahm Francis eine Spritze aus dem Kasten und wickelte sie in ein grünes Tuch. Er schob das Päckchen unter die Schärpe seiner Robe, und nach einem kurzen Gewissenskonflikt beschloß er, die Insulinflasche im Kasten zu lassen. Es war sowohl Burne als auch ihm selbst klar, daß die Angst vor einem Diabetes-Rückfall keineswegs der wahre Grund war, warum er die Spritze haben wollte, also warum sollte er Theater spielen?
    Als Francis aus dem Zelt trat, wurde er von heftiger Aktivität empfangen. Stahlkessel, so groß wie Pauken, waren im ganzen Lager verteilt, und ihr Inhalt wurde von Feuermoos geschmolzen und erglühte im Dunkel. Nichts schien real zu sein. Die Welt ging unter, die Sonne war explodiert, und diese schwelenden Eimer dienten nur dazu, die Trümmer aufzufangen…
    Francis ging in die hintere Säulenhalle des Palastes, band sein Lipoca los und stieg auf.
    Funken stachen wie gleißende Nadeln in die Luft, als das Metall aus seinem Erz gerissen und dann zu einer Legierung von Crysaniumhärte und Nyoplenflexibilität geschmolzen wurde. Bevor die dickflüssige Konsistenz verlorenging, wurde die Legierung ausgegossen, gehämmert und geformt, erneut gehämmert und geformt – bis es die Gestalt und Festigkeit eines Schwertes angenommen hatte.
    Trotz der Flammen und des Lärms hatte Francis seinen Freund bald erblickt. Burne saß in der Mitte des Camps auf einem Lipoca und glich einer Reiterstatue. Er hatte das Tier vor ein Eisenfaß auf Rädern gespannt, das mit irgend etwas Silbrig-Schwarzem gefüllt war. Der General sprach zu seinen Truppen. »Soldaten! In dreizehn Tagen werdet ihr gegen einen tödlichen Feind kämpfen. Seid ihr bereit, euer Leben für Quetzalias Freiheit notfalls zu opfern?«
    »Ja!« rief mindestens die Hälfte der Armee einstimmig. Offenbar war es Burne doch noch gelungen, den Leuten einen gewissen militärischen Patriotismus einzuimpfen.
    »In dreizehn Tagen werdet ihr diesen Planeten erobert haben – für euch und eure Nachkommen. Seid ihr bereit, Grenzen zu öffnen und Städte zu bauen?«
    »Ja!« schrie die Armee, und nur

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