Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck
Wilhelm Müller, dessen Texte Schubert ja vertonte) heißt es zum Beispiel:
» Am Brunnen vor dem Thore
Da steht ein Lindenbaum:
Ich träumt’ in seinem Schatten
So manchen süßen Traum.«
Bei Rühm, dem Poeten, liest man:
» am munde vor dem ohre
entschwebt dem lippensaum
ein schäumig leises tappen
im wachgeküssten raum.«
Einer, der Schubert ehrlich missverstand, ist Herr T. aus Fockbek, dessen Großmutter Mitte der fünfziger Jahre einen Plattenspieler hatte, auf den sie oft eine Platte mit Schubert-Liedern legte, die Heinrich Schlusnus sang. Wobei den jungen T. besonders Im Abendrot beeindruckte, dessen Text von Karl Gottlieb Lappe stammt:
» O wie schön ist deine Welt,
Vater, wenn sie golden strahlet!
Wenn dein Glanz herniederfällt
Und den Staub mit Schimmer malet,
Wenn das Rot, das in der Wolke blinkt,
In mein stilles Fenster sinkt!
Könnt ich klagen, könnt ich zagen?
Irre sein an dir und mir?
Nein, ich will im Busen tragen
Deinen Himmel schon allhier.
Und dies Herz, eh’ es zusammenbricht,
Trinkt noch Glut und schlürft noch Licht.«
Es habe wohl nicht nur am Rauschen der Langspielplatte und der unklaren Aussprache von Schlusnus gelegen, schreibt T., er habe das Lied vielmehr in einer Phase seines Lebens gehört, in der manin Benimmfragen noch bildsam sei, und so habe er (wie er erst als Erwachsener erfuhr) bis zur letzten Zeile alles richtig verstanden, dann hingegen:
» Trinkt noch Glut und schlürft doch nicht.«
Selbst beim Verzehr von Glut und mit zusammenbrechendem Herzen die Contenance zu bewahren und nicht das geringste Ess- oder Trinkgeräusch von sich zu geben, »so hatte man sich doch schließlich klassisch zu benehmen«, schreibt T. Wir wollen es Kindern, die Suppe schlürfend in sich aufnehmen, als leuchtendes Vorbild empfehlen.
Noch einmal Schubert. Herr R. aus Bottrop teilt mit, seine Mutter habe eine schöne Stimme gehabt und ihm damit gern Schubert-Lieder vorgesungen, zum Einschlafen das Wiegenlied , dessen Text Matthias Claudius dichtete. Am Schluss heißt es: »Schlafe in der Flaumen Schoße…« R. aber hörte: »Schlafe in der Pflaumensoße…«
Schon als Kind sei ihm das ein Rätsel gewesen, habe er doch Pflaumenkompott, aber nicht Pflaumensoße gekannt und sich überdies gefragt, wie man darin nächtigen könne. Jahre später habe er das Liederalbum seiner Mutter entdeckt, und bei der entsprechenden Claudius-Zeile eine handschriftliche Veränderung gefunden: aus »Flaumen Schoße« hatte jemand »Pflaumensoße« gemacht. »Vielleicht hatte meine Mutter tatsächlich das Wiegenlied mit dieser Veränderung gesungen!«, mutmaßt er.
Mitte der dreißiger Jahre, so R. weiter, habe er ein Lied gehört, das sich ihm als Insektenlied eingeprägt habe, mit folgendem Text: »Läuse, Flöhe, meinte Lüder, kommen nachts zu dir…«
Er habe diesem Lüder durchaus zustimmen können, schreibt R., denn Läuse und Flöhe habe mancher Schulkamerad mitgebrachtund am Morgen habe man die Flohbisse durch kleine Blutpunkte im Schlafanzug bemerkt. Erst als er selbst lesen konnte, habe er den wahren Text entdeckt: »Leise flehen meine Lieder durch die Nacht zu dir…«
Auch dies von Schubert, Text von Ludwig Rellstab.
Nun eine Geschichte aus der Schule, es geht um Mörike und sein berühmtes Er ist’s:
» Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s!
Dich hab’ ich vernommen!«
Frau S. schickte mir zu diesem Thema Post, in der sie beschrieb, welch riesige Probleme sie in der sechsten Klasse wegen einer Interpretation des Textes im Deutschunterricht bekam. Sie habe schon damals, schreibt sie, das Gedicht so sehr gemocht, dass sie dessen Text gar nicht mehr las, bevor sie mit dem Schreiben ihres Aufsatzes loslegte. Vom nahen Meer, vom »Möööp, Möööp« der Schiffshupe, vom Fernweh und von den Matrosen habe sie geschrieben, ein Thema, das ihr als gebürtiger Kielerin sehr am Herzen gelegen habe. Und doch bekam sie eine glatte Sechs. Denn im Gegensatz zur Schülerin S. hatte die Lehrerin im Gedicht keinen »Hafenton« entdeckt. Bloß eben den »Harfenton«, der ja auch tatsächlich drin steht – aber warum sollte man ihn, frage ich, schon der Abwechslung halber, nicht wirklich mal gegen einenHafenton austauschen, der dem Schwaben Mörike, der nie am Meer war, eine
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