Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck
sehr erstaunt. Ein eigener Gruß? In ihrer Firma? Doch habe niemand die Stimmungdurch Nachfragen stören wollen, und so habe er, G., erst Tage später den Scheidenden gefragt, was er gemeint habe. Es stellte sich heraus, dass er den Mittagsgruß »Mahlzeit!« immer als »Normalzeit!« verstanden hatte, ein Glaube, in dem G. ihn ließ, »dieses positive Deutschlandbild wollte ich nicht zerstören«.
Manche Wörter, die sich aus Verhörern bildeten, suchen bis heute eine Bedeutung. Frau H. aus Tübingen hat einen Mann, der im Krieg aufwuchs und lange Zeit glaubte, es heiße »Reichsverschluss« und nicht »Reißverschluss«. Frau S. aus Dresden rätselte lange Zeit, was ein »Gurkenzieher« sein könnte, und stellte sich schließlich ein Gerät vor, mit dem man Gurken aus einem Glas fischt. Später grübelte sie, warum man manchen Frauen die Brüste tätowierte, sodass sie »Brusttätowierte« waren; erst ihre Großmutter, bei der sie mit zwölf den Film Die Kameliendame sehen durfte, in dem wiederum eine Prostituierte vorkam, klärte sie dann auf. Frau W. schreibt in einer Mail, die beste Freundin ihrer Mutter habe sie eines Tages stolz in ihrem Garten herumgeführt, auf eine Clematis gezeigt und gesagt: »Wächst die Klitoris nicht wunderbar die Wand hoch?«
Na, das ist eigentlich kein Verhörer, sondern ein Versprecher (dem aber vielleicht ein Verhörer vorausging?). Dafür ist das »Abfallbäumchen«, das natürlich eigentlich ein Apfelbäumchen ist, ein Verhörer. Woher ich den habe? Vergessen, leider.
Interessanter Garten. Mit Klitoris und Abfallbäumchen.
Ein im bayerischen Städtchen Prien praktizierender Arzt erzählte mir, er habe seiner Sprechstundenhilfe diktiert, der Patient leide an »primärer Erektionsstörung«. Die Sekretärin aber verstand, es handele sich um eine »Priener Erektionsstörung«. Was ja irgendwie auch stimmte.
Wahrscheinlich könnte man über Verhörer im medizinischen Bereich ein eigenes Buch schreiben. Mir fällt der Brief von Dr. K. aus München ein, der vor zehn Jahren in London Medizin studierte und mit einigen Freunden zusammen oft Beatles-Songs hörte, darunter auch Lucy in the Sky with Diamonds , wobei ihn die Zeile »A girl with colitis goes by« sehr irritierte. »Ein Mädchen mit Dickdarmentzündung geht vorüber«? Irgendwann traute er sich endlich zu fragen. »Als meine englischen Freunde nach einigen Minuten wieder imstande waren, etwas zu sagen (ich erinnere mich, dass ich mich ausgelacht fühlte), sprachen sie es mir ganz langsam vor: ›A girl with kaleidoscope eyes…‹«
Eine andere schöne Geschichte kommt von Frau Dr. F. aus Zürich, die im Medizinstudium ein so genanntes Anamnesegespräch üben musste. Am Ende sollte sie wissen, woran die Patientin leide. Die Kommilitonen und der Dozent hörten zu.
»Mir wurde eine Patientin zugeteilt, die auf den ersten Blick depressiv wirkte. Ich begann also das Gespräch, fragte, wie sie lebe. Sie wohne in einem Haus, antwortete sie, und habe Katzen. ›Wie viele denn?‹, wollte ich wissen. ›Zwölf oder dreizehn‹, antwortete sie. Ich aber verstand: ›Zwölfhundertdreizehn.‹ In dem Moment war mir klar, dass es sich nicht ›nur‹ um eine Depression handeln konnte. Lebte sie völlig verwahrlost, mit über 1000 Katzen? Oder war das ein Wahn, bildete sie sich das ein? Solche Gedanken schossen mir durch den Kopf. Also fragte ich weiter: Das seien ja viele, sagte ich sinngemäß, wie sie denn die Zahl so genau kenne? Die Patientin blickte mich leicht irritiert an. ›Das habe ich gezählt.‹ Natürlich bestärkte mich diese Antwort in meinen Überlegungen. Wie sie das mit dem Füttern mache, wollte ich nun wissen, ob sie da überhaupt durchkäme? Die Frau schaute wiederleicht befremdet, antwortete aber, das sei eigentlich kein Problem. Und so ging es weiter. Für den Rest der Stunde unterhielten wir uns vor allem über ihre Katzen. Jede ihrer Antworten erhärtete meine Annahme, dass das unmöglich eine reine Depression sein konnte. Meine Kommilitonen dagegen wunderten sich mit jeder Frage mehr darüber, was plötzlich in mich gefahren war. Aufgeklärt hat sich das Missverständnis erst, als die Patientin zur Türe draußen war und wir alles besprachen.«
Verblüffend, nicht wahr? Wie man etwas, das man hört und das offenkundig falsch ist, dennoch einfach hinnimmt. Nicht einmal nachfragt: Wie viele Katzen? Wirklich 1213?
Ich finde dieses Dauerhafte am Verhören sehr schön geschildert in einem Brief von Frau S.
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