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Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck

Titel: Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke , Michael Sowa
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ganz neue Dimension verleiht?
    Apropos neue Dimensionen. Herrn B. aus Schwebheim verdanke ich den Hinweis auf eine Stelle in Karl Philipp Moritz’ autobiographischem Roman Anton Reiser , wo nämlich der depressive, mit Minderwertigkeitsgefühlen ringende, von Mitschülern verspottete Held es schafft, sich in bessere Welten hineinzuphantasieren. Besonders hilft ihm dabei ein Lied, über das Moritz schreibt:
    »Nichts klang ihm z. B. rührender und erhabener, als wenn der Präfektus anhub zu singen:
    Hylo schöne Sonne
    Deiner Strahlen Wonne
    In den tiefen Flor –
    Das Hylo allein schon versetzte ihn in höhere Regionen, und gab seiner Einbildungskraft allemal einen außerordentlichen Schwung, weil er es für irgend einen orientalischen Ausdruck hielt, den er nicht verstand, und eben deswegen einen so erhabnen Sinn, als er nur wollte hineinlegen konnte: bis er einmal den geschriebenen Text unter den Noten sahe, und fand daß es hieß
    Hüll’ o schöne Sonne, u.s.w.
    Diese Worte sang der Präfektus nach seiner thüringischen Mundart immer: Hylo schöne Sonne – Und nun war auf einmal das ganze Zauberwerk verschwunden, welches Reisern so manchen frohen Augenblick gemacht hatte.«
    Das stammt vom Ende des 18. Jahrhunderts. Wir sehen: Phantasiereisen, das Entdecken neuer Welten, alles, was uns das Schlechthören von Liedern ermöglicht – es ist nichts Neues. Wie wir auch am folgenden Beispiel sehen, das auf einen Brief von Herrn M. aus Hamburg zurückgeht. Der erzählt eine Geschichte von jungenLeuten, die sich zu einem Literaturkreis versammeln. Einer trägt Goethes Erlkönig vor, am Schluss die Verse:
    » Dem Vater grauset’s, er reitet geschwind,
    Er hält in den Armen das ächzende Kind,
    Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
    In seinen Armen das Kind war tot.«
    Ergriffenes Schweigen. Dann fasst sich ein junger Engländer und sagt: »Ja, das ist schlimm für den Vater – das arme Kind. Aber was ich nicht verstehe: Gerade für diesen Vater ist es doch nicht ganz so schlimm, wie es vielleicht für andere Väter wäre. Er hat ja immer noch fünfzehn andere Kinder.« Die Runde sieht irritiert den Engländer an, der repetiert:
    » Dem Vater grauset’s, er reitet geschwind,
    Er hält in den Armen das sechzehnte Kind.«
    Nun war das für den Verhörspezialisten nichts Neues, denn eine Weile zuvor hatte sich Leser J. aus Neumünster mit der gleichen Geschichte gemeldet, nur war es hier »das achtzehnte Kind«. Beide Varianten lassen sich in einem Witz zusammenfügen.
    »Der Vater kommt heim, geht zu seinem Sohn, der gerade Hausaufgaben macht, beugt sich über dessen Schulter und sagt: ›Ah, du lernst den Erlkönig . Den kenne ich aus meiner eigenen Schulzeit noch ganz auswendig: Den Vater grauset’s, er reitet geschwind, er hält in den Armen das sechzehnte Kind …‹ Sohn: ›Vater, es heißt das achtzehnte Kind .‹ Vater: ›Na, ihr habt heute eben eine spätere Ausgabe.‹«
    So habe ich die Geschichte gelegentlich bei Lesungen erzählt, und kürzlich schrieb mir Leserin E. aus München, die bei einer solchen zu Gast war, sie habe – zunächst jedenfalls – verstanden: »Der Vater Krause, er reitet geschwind…«
Von Gurkenziehern und Brusttätowierten: Der Verhörer im Alltag
    Dieses Kapitel ist dem nicht gesungenen Verhörer gewidmet, denn einige der schönsten Missverständnisse in unserem Fachgebiet verdanken wir dem gesprochenen, nicht dem gesungenen Wort. Wobei sich der Irrtum manchmal sofort offenbart, wie zum Beispiel in meinem eigenen Fall: Ich saß im Flugzeug und hörte, was uns bevorstehe, sei ein »Nichtschaukelflug«, verstand aber gleich, dass es sich um einen »Nichtraucherflug« handelte. In der Luft wurde es ohnehin klar.
    Mancher andererseits erfährt nie davon, dass er sich an entscheidender Stelle verhört hat: Herr G. aus Bad Feilnbach schrieb, er habe vor langer Zeit bei einer Firma namens »Telefonbau und Normalzeit« gearbeitet.
    »Es war die Zeit der deutsch-französischen Aussöhnung (Adenauer mit de Gaulle), und bei uns hospitierte ein paar Monate lang ein Praktikant aus dem Elsass, der leidlich Deutsch konnte. Als die Zeit des Abschieds gekommen war, bedankte er sich artig bei uns und lobte insbesondere das gute Betriebsklima. Der Zusammenhalt der Kollegen und die Identifikation mit dem Unternehmen seien großartig. Insbesondere dass die Firma einen eigenen Gruß entwickelt habe, fände er ganz außergewöhnlich und einzigartig.«
    Das habe nun, führt G. weiter aus, die Runde

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