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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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hatte, hatte sich unter dem Einfluss der Priester
     längst wieder verflüchtigt.
    Wir rüsteten uns mit Kettenhemden und Helmen, während Alfred, der von den Leuten des Volkes als König erkannt werden wollte,
     einen auffälligen blauen Umhang mit Pelzbesatz trug. Wir wählten die besten Pferde aus, eines für jeden von uns und drei zur
     Reserve, und wir trieben sie durch den Fluss. Dann folgten wir den Knüppelpfaden, bis wir endlich nahe dem Hügel, auf dem
     Iseult die Grabstätte von Artus vermutete, festen Boden unter den Füßen gewannen. Ich hatte Iseult der Obhut Eanflæds überlassen,
     die mit Leofric in einer Hütte wohnte.
    Nach dem geglückten Anschlag auf Sveins Flotte war es tagelang sonnig und trocken gewesen, und ich hatte darauf gedrängt,
     das günstige Wetter zu nutzen, doch Alfred |307| wollte unbedingt den Tag des heiligen Cuthman am achten Februar abwarten, weil er meinte, dass uns dieser Tag Glück verheißen
     würde. Vielleicht hatte er recht, denn als wir aufbrachen, war das Wetter so schlecht, dass sich kein Däne aus seinem Unterstand
     bewegen wollte. Noch am Vormittag erreichten wir die Hügel über dem Sumpf, die sich in Nebel und den Rauch aus den Feuerstellen
     der kleinen Siedlungen hüllten. «Kennst du die Geschichte des heiligen Cuthman?», fragte mich Alfred heiter.
    «Nein, Herr.»
    «Er war ein Einsiedler aus Ostanglien», sagte er. Wir ritten über einen Höhenzug nach Norden und hatten den Sumpf zu unserer
     linken Seite. «Seine Mutter war verkrüppelt, und so baute er ihr eine Schubkarre.»
    «Eine Schubkarre? Was soll ein Krüppel mit einer Schubkarre anfangen?»
    «Nein, nein. Er fuhr sie in dieser Karre herum, damit sie bei ihm sein konnte, wenn er predigte. Er fuhr sie überallhin.»
    «Das wird ihr gefallen haben.»
    «Über sein Leben ist noch nichts geschrieben worden», sagte Alfred. «Das müssen wir nachholen. Er könnte der Schutzheilige
     der Mütter sein.»
    «Oder der Schubkarren, Herr.»
    Kurz nach Mittag trafen wir auf die ersten Spuren der Dänen. In einem Dorf am Rand der Marsch sahen wir ein festgebautes Haus
     mit weißgekalkten Mauern und einem dicken Strohdach, das von einer eingezäunten Apfelwiese umgeben war, auf der zwei Dutzend
     Pferde weideten. Dass dieses stattliche Anwesen nicht gebrandschatzt war, konnte nur bedeuten, dass die Dänen es besetzt hatten.
     «Sie halten von dort aus das Sumpfland im Auge», sagte Alfred.
    |308| «Wahrscheinlich.» Obwohl ich einen dicken Wollumhang trug, war mir kalt.
    «Wir sollten Soldaten hierherschicken, die ihnen beibringen, dass man keine Äpfel stiehlt», scherzte Alfred.
    Wir übernachteten in einem kleinen Dorf, dessen Bewohner, von den Dänen eingeschüchtert, in ständiger Angst lebten. So verkrochen
     sie sich in ihre Hütten, als sie uns herbeireiten sahen, doch als sie uns sprechen hörten, kamen sie zum Vorschein und starrten
     uns an, als wären wir vom Mond herabgestiegen. Ihr Priester war von den Heiden getötet worden, weshalb Alfred darauf bestand,
     dass Adelbert in der ausgebrannten Kirche eine Messe las. Alfred selbst übernahm das Amt des Vorsängers und begleitete sich
     dabei auf Adelberts kleiner Harfe. «Ich habe als Kind ein wenig zu spielen gelernt», erklärte er mir. «Meine Stiefmutter wollte
     es so. Leider bin ich nicht besonders gut darin.»
    «Das stimmt», pflichtete ich ihm bei, was er aber nicht gerne hörte.
    «Immer fehlt die Zeit zum Üben», klagte er.
    Ein Bauer nahm uns in seiner Hütte auf. Weil wir vermutet hatten, dass alle Orte, die wir aufsuchen würden, von den Dänen
     ausgeplündert worden waren, hatten wir unsere Ersatzpferde mit geräuchertem Fisch, geräuchertem Aal und Haferbroten bepackt.
     So konnten wir uns selbst versorgen und auch unseren Gastgebern ein Mahl bereiten. Nach dem Essen kniete sich das Bauernpaar
     vor mich. Die Frau berührte den Saum meines Kettenhemds. «Ich habe zwei Kinder», flüsterte sie, «einen Sohn und eine Tochter,
     acht und sieben Jahre alt. Es sind gute Kinder.»
    «Und? Was ist mit ihnen?», wollte Alfred wissen.
    «Die Heiden haben sie uns geraubt, Herr», antwortete |309| sie weinend. «Versucht, sie zu finden, Herr», flehte sie mich an und zupfte an meinem Kettenhemd. «Findet sie und bringt sie
     mir zurück, bitte, meine kleinen Lieblinge.»
    Ich versprach ihr, nach ihnen Ausschau zu halten, aber das war ein leeres Versprechen. Die Kinder waren aller Wahrscheinlichkeit
     nach verkauft worden und arbeiteten

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