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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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inzwischen auf irgendeinem dänischen Anwesen. Und wenn sie hübsch waren, hatte man sie
     vielleicht sogar ins Ausland gebracht, wo heidnische Männer gutes Silber für Christenkinder bezahlten.
    Wir erfuhren, dass die Dänen kurz vor dem Dreikönigsfest über das Dorf hergefallen, nach Süden weitergezogen und wenige Tage
     später zurückgekehrt waren, um mit ihrer Beute und den Gefangenen nordwärts zu ziehen. Seitdem hatten die Leute aus dem Dorf
     keine Dänen mehr gesehen, ausgenommen jene Wachen am Rand der Marschen, die aber keine Schwierigkeiten machten, vermutlich
     weil sie zu wenige waren und nicht die gesamte Einwohnerschaft des Landes gegen sich aufbringen wollten. Ähnliches hörten
     wir auch in anderen Dörfern. Die Dänen hatten sie überfallen und sich dann mit ihrer Beute in den Norden zurückgezogen.
    Am dritten Tag aber sahen wir einen Trupp Feinde über die alte Römerstraße reiten, die nach Baðum und noch weiter in den Osten
     führt. Es waren annähernd sechzig Mann, und sie hatten es offenbar eilig, vor den drohenden Regenwolken und der anbrechenden
     Nacht ihr Ziel zu erreichen. «Die sind auf dem Weg nach Cippanhamm», sagte Alfred. An den mit Netzen voller Heu beladenen
     Lastpferden war zu erkennen, dass es sich um einen Versorgungstrupp handelte. Ich fühlte mich an jenen Winter in Readingum
     erinnert, in dem die Dänen zum ersten Mal |310| über die Grenze nach Wessex eingefallen waren, und wie schwierig es damals gewesen war, Kämpfer und Pferde in der Kälte zu
     ernähren. Wir hatten das kümmerliche Wintergras gesammelt und das Stroh von den Dächern gerissen, um unsere Pferde durchzufüttern,
     die trotzdem bis auf die Knochen abmagerten. Es heißt immer wieder, dass, wer einen Krieg gewinnen will, nur genügend Männer
     braucht und gegen den Feind losschlagen muss, doch so einfach ist es nie. Männer und Pferde müssen versorgt werden, und Hunger
     kann ein Heer schneller besiegen als Waffengewalt. Wir beobachteten, wie die Dänen nach Norden weiterritten, und suchten dann
     in einer halbverfallenen Scheune Schutz vor der Nacht.
    In dieser Nacht fing es an zu schneien, lautlos und andauernd, bis sich im Morgengrauen die Wolken verzogen und die Welt unter
     einem blassblauen Himmel in funkelndem Weiß vor uns lag. Ich schlug vor zu warten, bis der Schnee getaut sein würde, doch
     Egwine, der aus diesem Teil des Landes stammte, meinte, wir könnten Cippanhamm noch am Vormittag erreichen, und Alfred war
     ungeduldig. «Wir reiten sofort weiter, schauen uns in der Stadt um und kehren wieder um», entschied er.
    Also ritten wir weiter nach Norden. Unter den Pferdehufen knirschte der frische Schnee, die Zweige der Bäume bogen sich unter
     der weißen Last, und auf den Tümpeln und Wassergräben hatte sich eine dünne Eisschicht gebildet. Auf einem Feld entdeckte
     ich die Spur eines Fuchses und dachte, dass diese Räuber im Frühjahr zu einer Plage werden würden, weil niemand auf sie Jagd
     machte.
    Den Rauch aus Hunderten von Kochfeuern hatten wir schon eine gute Weile über Cippanhamm aufsteigen sehen, doch erst kurz vor
     Mittag bekamen wir auch die Stadt zu Gesicht. Nicht weit vor dem Südtor, wo die Straße aus |311| einem Eichenwald herausführte, hielten wir an. Die dänischen Wachen hatten uns sicher schon gesehen, doch es kam niemand,
     der uns fragte, wer wir seien. Es war zu kalt für die Männer, um sich hinauszuwagen. Einige Wachen zeigten sich oben auf dem
     Wall, doch sie blieben nie lange und zogen sich jedes Mal schnell ins Warme zurück. An dem hölzernen Bollwerk hingen reihenweise
     runde Schilde, blau, weiß, blutrot oder schwarz bemalt. «Wir sollten die Schilde zählen», meinte Alfred.
    «Das hilft nichts», entgegnete ich. «Jeder Kämpfer hat zwei oder drei Schilde, und die hängen sie alle an den Wall, damit
     es so aussieht, als hätten sie viel mehr Kämpfer.»
    Alfred zitterte vor Kälte, und ich bestand darauf, einen Unterschlupf zu suchen. Wir kehrten in den Wald zurück, folgten einem
     Pfad, der zum Fluss führte, und eine kurze Strecke flussaufwärts fanden wir eine verlassene Mühle. Das Mühlrad war entfernt
     worden, ansonsten aber schien das aus Stein gemauerte Gebäude unbeschädigt. Im Wohnraum befand sich eine Feuerstelle, doch
     ich riet davon ab, Feuer zu machen, denn der Rauch hätte die Dänen auf uns aufmerksam gemacht. «Wir warten, bis es dunkel
     ist», sagte ich.
    «Bis dahin sind wir erfroren», brummte Egwine.
    «Wenn du so

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