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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Geschichten wurden erzählt, während die Asche verglühte und nur noch ein paar Kerzen flackerten.
     Die Männer waren eingeschlafen. Ich saß mit Ragnar zusammen, bis auch er sich niederlegte und zu schnarchen begann. Ich wartete
     noch eine Weile und schlich dann zu Alfred zurück, der immer |334| noch neben dem Eingang hockte. «Wir gehen», sagte ich. Er erhob sich wortlos.
    Unbemerkt traten wir hinaus in die Nacht und zogen das Tor leise hinter uns zu. «Mit wem hast du gesprochen?», wollte Alfred
     wissen.
    «Mit Graf Ragnar.»
    Er blieb verwundert stehen. «War er nicht eine der Geiseln?»
    «Wulfhere hat sie leben lassen», antwortete ich.
    «Er hat sie leben lassen?», fragte er erstaunt.
    «Und Wulfhere steht jetzt auf Guthrums Seite», gab ich ihm die schlechten Nachrichten weiter. «Er ist hier, im Palas. Er hat
     zugestimmt, für Guthrum zu kämpfen.»
    «Hier?» Alfred konnte kaum seinen Ohren trauen. Wulfhere war sein Vetter und der Mann von Alfreds Nichte. Er gehörte zur Familie.
     «Er ist hier?»
    «An Guthrums Seite», bestätigte ich schroff.
    Er starrte mich einfach nur an. «Nein», hauchte er tonlos. «Und Æthelwold?», fragte er.
    «In Gefangenschaft.»
    «In Gefangenschaft?», fragte Alfred zweifelnd. Er wusste, dass ein gefangener Æthelwold den Dänen nur dann von Nutzen sein
     konnte, wenn er sich dazu bereit erklärt hatte, als König von Ihren Gnaden den Thron von Wessex zu besteigen.
    «Sie halten ihn gefangen», wiederholte ich, was die Auskunft nicht wahrer machte, aber ich mochte Æthelwold und schuldete
     ihm einen Gefallen, «und wir können nichts daran ändern. Lasst uns von hier verschwinden», drängte ich. Doch in diesem Moment
     ging das Kirchentor auf, und Brida trat mit Nihtgenga heraus.
    Sie hieß den Hund an ihrer Seite zu bleiben und kam auf mich zu. Die Nacht war frostig, und ihr musste sehr |335| kalt gewesen sein, da sie nur ein einfaches blaues Wollkleid trug, doch sie zitterte nicht. «Gehst du wieder?», fragte sie
     auf Englisch. «Bleibst du nicht bei uns?»
    «Ich habe Frau und Kind», sagte ich.
    Sie lächelte. «Die du heute Abend mit keinem Wort erwähnt hast, Uhtred. Was ist passiert?», fragte sie und sah mich einfach
     nur auf eine Art an, bei der mir unbehaglich wurde. «Du bist mit einer anderen Frau zusammen.»
    «Ja», gab ich zu. «Sie sieht aus wie du.»
    Sie lachte. «Und sie will, dass du für Alfred kämpfst?»
    «Sie kann in die Zukunft sehen», sagte ich ausweichend. «Sie zeigt sich ihr im Traum.»
    Brida starrte mich an. Nihtgenga winselte leise, und sie tätschelte ihn. «Und hat sie Alfred überleben sehen?»
    «Mehr noch», antwortete ich. «Sie hat ihn siegen sehen.» Neben mir erstarrte Alfred, und ich hoffte, dass er so viel Vernunft
     hatte, den Kopf gesenkt zu halten.
    «Sieger?»
    «Sie sieht einen grünen Leichenberg», sagte ich, «ein weißes Pferd und ein Wessex, das wiederauflebt.»
    «Deine Frau hat seltsame Träume», erwiderte Brida. «Du hast aber meine erste Frage noch nicht beantwortet, Uhtred. Warum bist
     du hierhergekommen, wenn du doch glauben musstest, dass Ragnar tot ist.»
    Darauf hatte ich keine Antwort, also gab ich auch keine.
    «Wen hast du hier zu treffen gehofft?»
    «Dich?»
    Sie wusste, dass ich log, und schüttelte den Kopf. «Warum bist du gekommen?» Als ich immer noch nicht antwortete, lächelte
     sie traurig. «Wenn ich Alfred wäre», sagte sie, «und in den Sümpfen festsäße, würde ich einen Kundschafter nach Cippanhamm
     schicken, der Dänisch spricht.»
    |336| «Wenn du das denkst, warum sagst du es dann nicht denen da?», entgegnete ich und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Wachen
     vor dem Tor zum Palas.
    «Weil Guthrum ein furchtsamer Tor ist», antwortete sie heftig. «Warum sollte ich ihm helfen? Wenn Guthrum scheitert, wird
     Ragnar zum Anführer.»
    «Warum ist er es nicht längst?»
    «Weil er wie sein Vater ist. Anständig. Er hat Guthrum sein Wort gegeben, und er wird es halten. Heute Abend bat er dich um
     einen Treueschwur, doch du hast dich ihm verweigert.»
    «Ich will Bebbanburg nicht als Geschenk der Dänen», erwiderte ich.
    Sie dachte darüber nach und schien Verständnis für mich zu haben. «Aber glaubst du denn, dass dir die Westsachsen helfen könnten,
     Bebbanburg zurückzugewinnen?», fragte sie verächtlich. «Die liegt am anderen Ende Britanniens, Uhtred, und der letzte Sachsenkönig
     verfault gerade in den Sümpfen.»
    «Das hier wird mir Bebbanburg

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