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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zurückgewinnen», sagte ich und schlug den Umhang über meinem Schwert zurück.
    «Du und Ragnar, ihr könntet über den Norden herrschen», sagte Brida.
    «Vielleicht werden wir das auch», erwiderte ich. «Sag Ragnar, dass ich mit ihm in den Norden ziehen werde, wenn das hier alles
     entschieden ist. Ich werde gegen Kjartan kämpfen, aber erst dann, wenn die Zeit reif dazu ist.»
    «Ich hoffe, dass du lange genug am Leben bleibst, um dein Versprechen einzulösen.» Sie beugte sich zu mir und küsste mich
     auf die Wange. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ging in die Kirche zurück.
    Alfred holte tief Luft. «Wer ist Kjartan?»
    |337| «Ein Feind», antwortete ich, kurz angebunden, und versuchte ihn wegzuziehen, doch er hielt mich zurück und schaute Brida nach.
    «Ist sie das Mädchen, das mit dir in Wintanceaster war?», fragte er und erinnerte damit an die Zeit, als wir, Brida und ich,
     nach Wessex gekommen waren.
    «Ja.»
    «Und kann Iseult wirklich in die Zukunft sehen?»
    «Sie hat sich noch nicht geirrt.»
    Er bekreuzigte sich und ließ sich dann von mir durch die Stadt führen. Es war ruhig in den Straßen, und wir blieben unbehelligt.
     Statt zum Westtor zu gehen, bestand er darauf, zum Nonnenkloster zurückzukehren. Dort angelangt, kauerten wir uns vor eines
     der fast erloschenen Feuer im Innenhof und wärmten uns an der Glut. Die Männer hatten sich zum Schlafen in die Nonnenkirche
     zurückgezogen. Dann nahm Alfred ein halbabgebranntes Stück Holz zur Hand, trug es als Fackel vor sich her und ging auf die
     Reihe der Türen zu, hinter denen die Zellen der Nonnen lagen. Eine der Türen war mit zwei Haspen und einer kurzen, schweren
     Kette versperrt. Alfred blieb davor stehen.
    «Zieh dein Schwert», befahl er mir.
    Er löste die Kette von den Haspen und stieß die Tür nach innen auf. Er trat vorsichtig ein und streifte die Kapuze in den
     Nacken zurück. Im Schein der hocherhobenen Fackel sah ich einen großen Mann auf dem Boden liegen und schlafen.
    «Steapa!», zischte Alfred.
    Steapa hatte nur so getan, als ob er schliefe. Blitzschnell war er auf den Beinen, aber noch ehe er zum Schlag ausholen konnte,
     hatte ich ihm die Spitze meines Schwertes auf die Brust gepflanzt. Dann erkannte er Alfreds geschundenes Gesicht und erstarrte.
     «Herr?»
    |338| «Du kommst mit uns», sagte Alfred.
    «Herr!» Steapa fiel vor seinem König auf die Knie.
    In der Zelle war es genauso bitter kalt wie draußen. «Steck dein Schwert wieder weg, Uhtred.» Steapa sah mich an und wirkte
     nur mäßig überrascht, in mir seinen ehemaligen Zweikampfgegner zu erkennen. «Ihr beide werdet Freunde», ordnete Alfred an,
     und der große Mann nickte. «Und jetzt müssen wir noch jemanden holen», sagte Alfred, «also kommt.»
    «Noch jemanden?», fragte ich.
    «Du hast doch von einer Nonne gesprochen.»
    Die richtige Zelle war schnell gefunden. Die Frau lag vor der Wand auf dem Boden, halb verdeckt vor einem Dänen, der geräuschvoll
     schnarchte. Im Schein einer Kerze zeigte sich ein kleines, verängstigtes Gesicht hinter dem Bart des Mannes. Der Bart war
     schwarz, und ihr Haar war golden. Sie starrte uns aus weitaufgerissenen Augen an und schnappte nach Luft, wovon der Däne erwachte,
     blinzelnd hochblickte und dann den schweren Mantel beiseitewarf, der ihm als Decke diente. Steapa versetzte ihm einen Hieb,
     der ein Geräusch verursachte, als wäre auf einen Bullen losgeknüppelt worden, es klang dumpf und hart zugleich. Die Nonne
     versuchte, ihre Nacktheit zu verbergen, und Alfred zog den Mantel wieder über sie. Ihm war der Anblick peinlich gewesen, mir
     dagegen hatte er sehr gefallen, denn sie war jung und schön, und ich fragte mich, wie eine solche Frau ihren Liebreiz an die
     Kirche verschwenden konnte. «Du weißt, wer ich bin?», fragte Alfred. Sie schüttelte den Kopf. «Ich bin dein König», sagte
     er leise, «und du wirst jetzt mit uns kommen, Schwester.»
    Sie hatte keine Kleider mehr, also hüllten wir sie in den schweren Mantel. Der Däne war tot, seine Kehle aufgeschlitzt von
     der Klinge des Wespenstachels. Ich fand an |339| einem Lederriemen um seinen Hals einen Beutel voller Münzen. «Das Geld geht an die Kirche», bestimmte Alfred.
    «Ich habe es gefunden», sagte ich. «Und ich habe ihn getötet.»
    «Es ist sündiges Geld, und es muss geläutert werden», entgegnete er. Dann wandte er sich an die Nonne und fragte lächelnd:
     «Sind noch andere Schwestern hier?»
    «Nein», antwortete

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