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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gerade durch den Kopf gegangen, dass wir etwas Warmes zu essen haben sollten.» Ich warf Holz aufs Feuer, ging mit
     einem Kessel hinaus an den Mühlbach, |342| zerschlug die Eiskruste, die sich darüber gebildet hatte, und schöpfte Wasser. Steapa war mir nach draußen gefolgt, nicht
     um zu reden, sondern um zu pinkeln. «Du hast vor dem Witanegemot gelogen», sagte ich.
    Er verknotete den Strick, der ihm als Gürtel diente, wandte sich mir zu und knurrte: «Wären die Dänen nicht gekommen, hätte
     ich dich getötet.»
    Ich widersprach ihm nicht, denn er hatte wahrscheinlich recht. «Bei Cynuit», sagte ich, «als Ubba fiel, wo warst du da?»
    «Dort.»
    «Ich war mitten in der Schlacht, aber ich habe dich nirgends gesehen», entgegnete ich.
    «Behauptest du, ich wäre nicht da gewesen?», blaffte er.
    «Du warst bei Odda dem Jüngeren, oder?», fragte ich, und er nickte. «Sein Vater hatte dir den Auftrag gegeben, ihn zu beschützen»,
     riet ich, und erneut nickte er. «Und Odda der Jüngere hat sich aus aller Gefahr herausgehalten. War es so?»
    Sein Schweigen bestätigte mir, dass ich recht hatte. Als er sich umdrehte, um ins Haus zurückzukehren, hielt ich ihn am Arm
     fest. Das überraschte ihn. Steapa war so groß, so stark und so furchterregend, dass es wohl kaum jemand wagte, ihn an etwas
     zu hindern. Ich sah Wut in ihm aufkeimen und gab ihr zusätzlich Nahrung. «Du warst Oddas Amme», höhnte ich. «Der große Steapa
     Snotor war eine Amme. Während sich andere Männer mit den Dänen schlugen, hast du nur Oddas Händchen gehalten.»
    Er starrte mich an. Die ausdruckslose Miene und der wölfische Blick verrieten schiere Wut und Mordlust. Ich hatte sie durch
     meine Dreistigkeit geweckt, weil ich ihn verspottet hatte, und ich sah noch mehr. Steapa Snotor |343| war wirklich ein dummer Klotz. Er würde mich töten, wenn man ihn dazu auffordern würde, doch ohne eine solche Aufforderung
     wusste er nicht, was er machen sollte. Ich hielt ihm den mit Wasser gefüllten Kessel hin. «Trag das rein!» Er zögerte. «Steh
     nicht herum wie ein Ochse!», herrschte ich ihn an. «Und wenn wir das nächste Mal gegen die Dänen kämpfen, stehst du auf meiner
     Seite.»
    «He?»
    «Wir sind Krieger», sagte ich. «Unsere Aufgabe ist es nicht, Schwächlinge zu hätscheln, sondern unsere Feinde zu töten.»
    Dann sammelte ich Feuerholz und kehrte ins Haus zurück. Alfred sah ausdruckslos vor sich hin. Steapa saß neben Hild, die nun
     eher ihn zu trösten schien, als von ihm getröstet zu werden. Ich zerkleinerte Haferkekse und getrockneten Fisch und rührte
     beides in den Wasserkessel, der über dem Feuer hing. Es wurde ein scheußlicher Fraß, aber er war immerhin warm.
    In dieser Nacht hörte es zu schneien auf, und am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zurück.
     
    Alfred hätte sich den Gang nach Cippanhamm sparen können, denn was er dort erfahren hatte, hätten ihm auch Kundschafter sagen
     können. Aber er hatte unbedingt selbst gehen wollen und war besorgter als bei seiner Abreise zurückgekommen. Immerhin wusste
     er jetzt, dass Guthrums Streitmacht nicht groß genug war, um ganz Wessex zu unterwerfen, und dass er darum auf Verstärkung
     warten musste. Aber Alfred wusste nun auch, dass Guthrum den Adel von Wessex auf seine Seite zu ziehen versuchte. Wulfhere
     hatte sich den Dänen schon verpflichtet. Und wer sonst noch?
    |344| «Wird der Fyrd von Wiltunscir für Wulfhere kämpfen?», fragte Alfred.
    Natürlich würden die Männer für Wulfhere kämpfen. Die meisten von ihnen waren ihrem Herrn treu ergeben, und wenn ihr Herr
     befahl, unter seinem Banner in den Krieg zu ziehen, gehorchten sie ihm. Die Männer aus denjenigen Teilen der Grafschaft, die
     nicht von den Dänen besetzt waren, mochten sich Alfred anschließen, alle anderen aber würden tun, was sie immer taten, und
     ihren Herren folgen. Und es war zu befürchten, dass weitere Aldermänner dem Vorbild Wulfheres folgen würden. Sie hatten gesehen,
     dass Wulfhere seinen Landbesitz nicht verloren hatte, sie würden an ihre eigene Zukunft denken und an die Sicherheit ihrer
     Familien, und dann würden sie sich den Dänen anschließen. Genauso machten es die Dänen schon immer. Ihre Heere waren zu klein
     und ungeordnet, um ein großes Königreich zu bezwingen. Also schmeichelten sie den ansässigen Herren, versprachen ihnen Schutz,
     machten ein paar zu Königen, schmeichelten auch ihnen und brachten sie um, sobald sie ihre Eroberungen

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