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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Mann,
     lebten in Sünde, wofür man vor allem ihr die Schuld gab. Und so wurde getuschelt, dass Iseult zwischen Alfred und dem Sieg
     stünde. Niemand sagte dies offen, noch nicht, doch Iseult spürte es. Hild stand auf Iseults Seite, und sie war eine Nonne |350| und ein Opfer der Dänen, doch meinten viele, dass sie von Iseult nur verdorben werde. Ich gab mich taub gegenüber dem Geflüster,
     bis mir Alfreds Tochter eines Tages Ausführlicheres erzählte.
    Æthelflæd war fast sieben Jahre alt und das Herzenskind ihres Vaters. Ælswith dagegen bevorzugte den kränklichen Edward und
     war in jenen Wintertagen vollauf mit dem neugeborenen Kind beschäftigt, weshalb Æthelflæd viel Freiraum genoss. Sie hielt
     sich meist an der Seite ihres Vaters, wanderte manchmal aber auch allein durch das Dorf und ließ sich von den Soldaten und
     den Anwohnern verwöhnen. Mit ihren goldenen Locken und den strahlend blauen Augen war sie ein wahrer Sonnenschein unter diesem
     trübseligen grauen Himmel. Eines Tages traf ich sie in der Festung, wo sie eine dänische Reiterschar beobachtete, die gekommen
     war, um uns zu beobachten. Ich sagte ihr, sie solle ins Dorf zurückzukehren, und sie tat so, als gehorche sie, doch später,
     als die Dänen abgezogen waren, fand ich sie in einem der mit Torf gedeckten Unterstände hinter dem Wall. «Ich hatte gehofft,
     die Dänen würden angreifen», sagte sie mir.
    «Damit sie dich verschleppen?»
    «Nein, ich wollte sehen, wie du sie tötest.»
    Es war einer jener seltenen Tage, an denen es ausnahmsweise nicht regnete. Die grünen Hügel leuchteten im Sonnenlicht, und
     ich saß auf dem Wall, zog Schlangenhauch aus der Scheide und machte mich daran, die beiden Schneiden mit einem Wetzstein zu
     schleifen. Æthelflæd wollte unbedingt einmal den Wetzstein benutzen. Sie legte die schwere Klinge auf ihren Schoß und führte
     mit gerunzelter Stirn den Stein über das Eisen. «Wie viele Dänen hast du schon getötet», wollte sie wissen.
    «Genug.»
    |351| «Mama sagt, dass du unseren Herrn Jesus nicht lieb hast.»
    «Den haben wir doch alle lieb», sagte ich ausweichend.
    «Wenn du unseren Herrn Jesus lieben würdest», sagte sie ernst, «könntest du doch noch mehr Dänen töten. – Was ist das?» Sie
     hatte eine tiefe Scharte in der Klinge entdeckt.
    «Da hat es ein anderes Schwert getroffen», antwortete ich. Es war in Cippanhamm passiert, als Steapa mit seinem riesigen Schwert
     zugeschlagen hatte.
    Sie machte sich mit dem Wetzstein eifrig an der schadhaften Stelle zu schaffen. «Mama sagt, Iseult ist ein Aglæcwif.» Sie
     verhaspelte sich und strahlte dann übers ganze Gesicht, weil sie glaubte, das Wort richtig ausgesprochen zu haben. Ich sagte
     nichts. Aglæcwif bedeutet so viel wie Ungeheuer oder böser Geist. «Das meint auch der Bischof», verriet das Mädchen. «Ich
     mag ihn nicht.»
    «Nein?»
    «Er sabbert.» Sie versuchte vorzumachen, wie ihm der Speichel aus den Mundwinkeln troff. «Ist Iseult wirklich ein Aglæcwif?»
    «Natürlich nicht. Sie hat dafür gesorgt, dass es Edward wieder besser geht.»
    «Das war der Herr Jesus. Er hat mir auch eine Schwester geschenkt.» Sie runzelte die Stirn, verärgert darüber, dass es ihr
     trotz aller Anstrengung nicht gelingen wollte, die Scharte auszuwetzen.
    «Iseult ist eine gute Frau», sagte ich.
    «Sie lernt lesen. Ich kann schon lesen.»
    «Wirklich?»
    «Fast. Wenn sie lesen kann, wird vielleicht eine Christin aus ihr. Ich wäre gern ein Aglæcwif.»
    «Das wärst du gern?», fragte ich überrascht.
    |352| Wie zur Antwort knurrte sie mich an und bog die Finger ihrer kleinen Hand zu Klauen. Dann lachte sie. «Sind das Dänen?», fragte
     sie und zeigte auf eine Reitergruppe, die von Süden kam.
    «Das ist Wiglaf», antwortete ich.
    «Der ist nett.»
    Ich schickte sie auf Wiglafs Pferd ins Dorf zurück, dachte über alles nach, was sie gesagt hatte, und fragte mich wieder einmal,
     weshalb ich mich eigentlich unter Christen aufhielt, die in mir doch nur eine leibhaftige Beleidigung ihres Gottes sahen.
     Ich war für sie Uhtredærwe, der mit einer Aglæcwif zusammenlebte und mit den Dwolgods falsche Götter verehrte. Daraus machte
     ich auch kein Hehl. Stolz trug ich mein Hammeramulett, vor dem Alfred immer, so auch an diesem Abend, zurückzuckte. Er hatte
     mich zu sich in seinen Palas gerufen, wo ich ihn mit Beocca über ein Tafl-Brett gebeugt antraf, der mit der größeren Anzahl
     Steine spielte. Es ist ein scheinbar einfaches

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