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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zu essen. Zwar wurden die Vorräte
     allmählich knapp, weil immer mehr Männer nach Æthelingæg kamen, doch niemand musste hungern, und niemand beklagte sich. Bis
     auf Bischof Alewold, der jedes Mal das Gesicht verzog, wenn ihm wieder einmal Fischeintopf vorgesetzt wurde. Alles Wild, das
     in den Sümpfen lebte, hatten wir erjagt und verzehrt, doch blieb uns genug an Fischen, Aalen und Geflügel, während die Menschen
     jenseits der Marsch, in den Gebieten, die von den Dänen ausgeplündert worden waren, hungern mussten. Wir übten uns weiter
     an unseren Waffen, schlugen uns in Scheinkämpfen mit Stöcken, bewachten die Hügel und hießen die Boten willkommen, die uns
     Nachrichten brachten. Burgweard, der Anführer der Flotte, schrieb aus Hamtun und berichtete, dass die Stadt zwar von den Sachsen
     gehalten, aber zugleich von dänischen Schiffen bedroht werde. «Ich glaube nicht, dass er gegen sie kämpft», sagte Leofric
     mürrisch.
    «Davon hat er auch nichts geschrieben», erwiderte ich.
    «Er hat Angst, dass seine hübschen Schiffe ein paar Kratzer abkriegen könnten», knurrte Leofric.
    «Immerhin hat er die Schiffe noch.»
    Es kam auch ein Brief aus dem fernen Kent, geschrieben von einem Priester, der dem König mitteilte, dass Wikinger aus Lundene
     die Stadt Contwaraburg besetzt hielten, dass zahlreiche Dänen auf der Insel Sceapig siedelten und dass der Aldermann mit den
     Eindringlingen Frieden geschlossen habe. Aus Suth Seaxa wurden weitere |348| dänische Überfälle gemeldet, Arnulf aber, der dortige Aldermann, sicherte dem König die Unterstützung seines Fyrds zu. Zum
     Zeichen seiner Ergebenheit hatte er Alfred ein Evangelium geschenkt, das dieser tagein, tagaus bei sich trug, bis sich die
     Seiten schließlich mit Wasser vollgesogen hatten und die Tinte verlaufen war. Wiglaf, der Aldermann von Sumorsæte, rückte
     Anfang März mit siebzig Kämpfern an. Er behauptete, sich in den Hügeln südlich von Baðum versteckt gehalten zu haben, und
     Alfred hörte nicht auf die Gerüchte, wonach Wiglaf mit Guthrum verhandelt hatte. Worauf es ankam, war, dass der Aldermann
     nach Æthelingæg gekommen war. Alfred übertrug ihm den Befehl über seine Männer, die nun täglich durchs Hinterland streiften,
     um die Dänen zu beobachten und ihre Versorgungstruppen zu überfallen. Nicht alle Neuigkeiten waren so erfreulich. Wilfrith
     von Hamptonscir war über das Meer ins Frankenland geflohen, ebenso wie ein gutes Dutzend anderer Aldermänner und Thegn.
    Odda der Jüngere war jedoch immer noch in Wessex. Durch einen Priester ließ er Alfred die Botschaft bringen, dass er, der
     Aldermann von Defnascir, Exanceaster halte. «Gott sei gepriesen», hieß es in seinem Brief, «die Stadt ist frei von Heiden.»
    «Doch wo mögen sie stecken?», fragte Alfred den Priester. Wir wussten, dass sich Svein, obwohl er seine Schiffe verloren hatte,
     nicht auf den Weg zu Guthrum gemacht hatte. Wahrscheinlich hielt er sich noch irgendwo in Defnascir versteckt.
    Der Priester, ein junger Mann, der vor Ehrfurcht angesichts des Königs zitterte, zögerte und stammelte dann, Svein sei bei
     Exanceaster.
    «Bei?», fragte der König.
    |349| «In der Nähe», brachte er heraus.
    «Belagert er die Stadt?»
    «Nein, Herr.»
    Alfred las den Brief ein zweites Mal. Er setzte stets großes Vertrauen in das geschriebene Wort und suchte nun nach einem
     Hinweis, der ihm beim ersten Lesen womöglich entgangen war. «Sie sind nicht in Exanceaster», fasste er anschließend zusammen,
     «aber es steht nicht hier, wo sie sonst sind. Oder wie viele Leute sie haben. Oder was sie planen.»
    «Sie sind ganz in der Nähe, Herr», wiederholte der Priester kläglich. «Im Westen, glaube ich.»
    «Im Westen?»
    «Ich glaube, sie sind im Westen.»
    «Was liegt dort im Westen?», fragte mich Alfred.
    «Das Hochmoor», antwortete ich.
    Verärgert warf Alfred den Brief hin. «Vielleicht solltest du nach Defnascir gehen und herauszufinden versuchen, was diese
     Heiden vorhaben.»
    «Ja, Herr», sagte ich.
    «Dann kannst du auch gleich nach Frau und Kind sehen», meinte Alfred.
    Damit wollte er mir einen Stachel ins Fleisch bohren. Die Priester hatten wieder an Einfluss gewonnen und träufelten dem König
     unablässig, so wie der Winterregen fiel, ihr Gift in die Ohren. Gott, so sagten die Priester, verhelfe den Sachsen nur dann
     zum Sieg über die Dänen, wenn wir ein tugendhaftes Leben führten. Iseult aber, die Heidin, und ich, ein verheirateter

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