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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gesichert hatten.
    Nach Æthelingæg zurückgekehrt, tat Alfred, was er am besten konnte. Er schrieb Briefe an alle Aldermänner, Thegn und Bischöfe
     in Wessex und ließ sie durch Boten überbringen. In diesen auf Pergamentschnipseln verfassten Briefen hieß es: Ich lebe, und
     nach Ostern werde ich Wessex aus den Händen der Heiden befreien, und ihr werdet mir dabei helfen.
    «Du musst mir Lesen und Schreiben beibringen», sagte Iseult, als ich ihr von den Briefen erzählte.
    «Warum?»
    «Es hat Zauberkraft.»
    «Zauberkraft?»
    |345| «Wörter sind wie ein Atemhauch», sagte sie, «du sprichst sie aus, und sie sind verflogen. Durch die Schrift aber werden sie
     gebannt. Man kann Geschichten und Gedichte aufschreiben.»
    «Hild wird es dich lehren», sagte ich. Und so kam es. Die Nonne brachte ihr das Alphabet bei, indem sie mit einem Stock Buchstaben
     in den Lehmboden kratzte. Ich sah den beiden manchmal bei ihren Übungen zu. Man hätte sie für Schwestern halten können, nur
     war das Haar der einen schwarz wie ein Rabenflügel und das der anderen von leuchtendem Gold.
    Während Iseult die Buchstaben lernte, unterwies ich die Männer im Schwertkampf, bis sie so ermüdet waren, dass sie mich nicht
     einmal mehr verfluchen mochten. Wir besserten auch einen Knüppelpfad aus, der zu den Hügeln im Süden führte, wo wir am Rand
     der Marsch eine neue Festung aus Erdwällen und Baumstämmen bauten. Die Dänen beobachteten uns, doch sie ließen uns bei unserer
     Arbeit unbehelligt, und als Guthrum begriff, was wir da bauten, waren wir schon fertig. Ende Februar kamen hundert dänische
     Reiter, um uns den Kampf anzusagen, aber als sie das Dickicht aus Dornzweigen, den Graben dahinter, die hohen Palisaden und
     unsere Speere erblickten, machten sie wieder kehrt.
    Am nächsten Tag machte ich mich mit sechzig Männern auf den Weg zu jenem Gehöft, vor dem ich die dänischen Pferde gesehen
     hatte. Sie waren verschwunden, die Gebäude niedergebrannt. Wir durchstreiften die Umgebung und fanden ein von Füchsen gerissenes
     Lamm, trafen aber nirgends auf Feinde. Von diesem Tag an ritten wir immer tiefer ins Landesinnere und verbreiteten die Botschaft,
     dass der König lebte und den Kampf gegen die Feinde aufnehmen wollte. Manchmal begegneten uns dänische |346| Horden, aber wir ließen uns nur auf einen Kampf ein, wenn wir in der Überzahl waren, denn wir konnten es uns nicht leisten,
     Männer zu verlieren.
    Dann brachte Ælswith eine Tochter zur Welt, die auf den Namen Æthelgifu getauft wurde. Ælswith wollte die Marschen verlassen
     und nach Dornwaraceaster gehen. Huppa von Thornsæta hatte in einem Antwortschreiben auf Alfreds Botschaft mitgeteilt, dass
     er die Stadt hielte und es dort sicher sei und dass er dem König mit seinem Fyrd unterstützen würde, sobald dieser danach
     verlangte. Dornwaraceaster war kleiner als Cippanhamm, hatte aber eine feste römische Ringmauer. Dorthin wollte sich Ælswith
     zurückziehen, denn sie war es leid, in den Sümpfen zu leben, und der ständigen Feuchtigkeit und kalten Nebel überdrüssig.
     Sie fürchtete, ihr Neugeborenes könnte erfrieren und Edward wieder krank werden, und Bischof Alewold bestärkte sie. Er träumte
     von der Behaglichkeit eines großen Hauses in Dornwaraceaster, von warmen Feuern und standesgemäßer Bequemlichkeit. Alfred
     aber weigerte sich, die Sümpfe zu verlassen. Denn wenn er ginge, würden die Dänen unverzüglich aus Cippanhamm abziehen und
     Dornwaraceaster belagern. Das würde ihn zum Gefangenen des Feindes machen, und die ganze Festung wäre bald durch Hunger geschwächt.
     In der Marsch aber war er frei, und es gab zu essen. Er schrieb weitere Briefe, um ganz Wessex kundzutun, dass er lebte, seine
     Streitmacht immer größer werde und dass er die Heiden nach Ostern, aber noch vor Pfingsten, angreifen werde.
    Dieser Winter ging mit unablässigem Regen zu Ende. Ich erinnere mich, auf dem schlammigen Wall der neuen Festung gestanden
     und zugesehen zu haben, wie es regnete und regnete und regnete. Kettenhemden rosteten, Tücher faulten, und Lebensmittel schimmelten.
     Unsere Stiefel |347| lösten sich auf, und wir hatten niemanden, der wusste, wie man neue macht. Wir stapften und rutschten durch den Morast, unsere
     Kleidung wurden niemals trocken, und unablässig trieb der Westwind neue Regenwolken vor sich her. Es tropfte durch die Strohdächer,
     in den Hütten stand das Wasser, und die Welt war in Düsternis gehüllt. Immerhin hatten wir

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