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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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für einen Mörder. Ich bin allerdings auch
     derjenige, der Ubba Lothbrokson in der Schlacht bei Cynuit gestellt und getötet hat. Das sei euch gesagt, damit ihr euch später
     damit brüsten könnt, Uhtred von Bebbanburg bezwungen zu haben.»
    Ich senkte das Schwert und zielte mit der Spitze auf den mir am nächsten stehenden Mann, der eilends zurückwich. Die anderen,
     ebenso wenig auf Kampf aus wie er, folgten ihm schnell. Haesten saß hinter mir auf, und ich gab dem Pferd die Sporen. Die
     Menge machte uns den Weg frei.
    Als wir sie hinter uns gelassen hatten, hieß ich Haesten absteigen und ließ mir Wespenstachel zurückgeben. «Wie bist du in
     Gefangenschaft geraten?», fragte ich ihn.
    Ich erfuhr, dass er auf einem von Guthrums Schiffen gedient hatte, als sie vom Sturm überrascht worden waren. Er hatte sich,
     auf einem Wrackteil treibend, ans Ufer retten können und war dort von den Friesen aufgegriffen worden. «Wir waren zu zweit,
     Herr», sagte er. «Der andere ist gefallen.»
    «Du bist jetzt ein freier Mann.»
    «Frei?»
    «Du bist mein Mann», sagte ich. «Und wenn du mir Treue schwörst, gebe ich dir ein Schwert.»
    «Warum?», wollte er von mir wissen.
    «Weil ich selbst einmal von einem Dänen gerettet worden bin», antwortete ich. «Ich mag euch Dänen.»
    Außerdem musste ich endlich damit anfangen, mir eine |46| kleine Truppe aufzubauen. Odda dem Jüngeren war nicht zu trauen, und ich fürchtete seinen Krieger Steapa Snotor. Ich brauchte
     Verstärkung in Oxton. Mildrith würde es allerdings nicht gefallen, einen kampferprobten Dänen im Haus zu haben. Ihr wären
     zusätzliche Knechte und Mägde lieber gewesen. Für einen Herrn aber gehörte es sich, Gefolgsmänner unter Waffen zu haben, und
     das sagte ich ihr auch.
    Ja, ich bin ein Herr, ein Herr aus Northumbrien. Ich bin Uhtred von Bebbanburg. Meine Vorfahren, die sich in ihrer Ahnenreihe
     bis auf den Gott Wotan, der von den Dänen Odin genannt wird, zurückverfolgen lassen, waren einst Könige im Norden Englands,
     und wenn mir mein Onkel damals, als ich erst zehn Jahre alt war, die Bebbanburg nicht geraubt hätte, würde ich dort immer
     noch als northumbrischer Edelherr leben, geschützt von Felsen und Meer. Die Dänen hatten Northumbrien eingenommen und ihren
     Vasallen Ricsig, der in Eoferwic residierte, als König eingesetzt. Die Bebbanburg aber war so wehrhaft, dass nicht einmal
     die Dänen sie hatten einnehmen können. Und so herrschte dort mein Onkel Ælfric, der sich als Aldermann ausgab und von den
     Dänen in Ruhe gelassen wurde, weil er ihnen keinen Ärger machte. Ich aber träumte oft davon, eines Tages nach Northumbrien
     zurückzukehren und meinen rechtmäßigen Anspruch auf das Land geltend zu machen. Nur wie? Zur Eroberung der Bebbanburg brauchte
     ich ein ganzes Heer, doch bis jetzt hatte ich nur den jungen Dänen Haesten an meiner Seite.
    Und Ælfric war nicht mein einziger Feind in Northumbrien. Da waren auch noch Graf Kjartan und sein Sohn Sven, der wegen mir
     ein Auge verloren hatte. Die beiden wären glücklich gewesen, mich töten zu können, und |47| hätten von meinem Onkel noch dazu reichlichen Lohn dafür erhalten. Für mich gab es in Northumbrien keine Zukunft, jedenfalls
     noch nicht. Dennoch würde ich eines Tages zurückkehren. Das war mein innigster Wunsch. Und ich würde mit Ragnar dem Jüngeren
     nach Northumbrien gehen, meinem Freund, der, wie ich hoffte, noch lebte, nachdem sein Schiff dem Sturm getrotzt hatte. Ein
     Priester hatte mir gesagt, er sei sicher, Graf Ragnar bei den Verhandlungen von Exanceaster als Mitglied der dänischen Delegation
     Guthrums erkannt zu haben. «Er ist groß», hatte der Priester gesagt, «und sehr laut.» Das überzeugte mich davon, dass Ragnar
     lebte. Ich war sehr glücklich deswegen, denn ich sah meine Zukunft an Ragnars Seite und nicht an der von Alfred. Falls die
     Verhandlungen zu einem Friedensschluss führten, würden die Dänen aus Exanceaster abziehen, und dann würde ich mich mit Ragnar
     zusammentun, um gegen Alfred zu kämpfen, der mich ebenso hasste wie ich ihn.
    Ich sagte Mildrith, dass wir Defnascir verlassen würden, dass ich mich Ragnar anschließen und unter seinem Banner meine Blutfehde
     gegen Kjartan und meinen Onkel fortsetzen wollte. Mildriths Antwort waren Tränen und nochmals Tränen.
    Ich kann es nicht ertragen, wenn Frauen weinen. Mildrith war gekränkt und verwirrt, und ich war wütend, und wir fauchten uns
     gegenseitig an wie

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