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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Wildkatzen. Es regnete Tag um Tag. Ich fühlte mich wie ein Tier im Käfig und wartete voller Ungeduld auf
     den Abschluss der Verhandlungen, deren Ausgang ohnehin allen klar war: Alfred würde Guthrum ziehen lassen. Sobald die Dänen
     aus Exanceaster abrückten, würde ich mich auf ihre Seite schlagen, und es war mir gleich, ob Mildrith mitkäme oder nicht,
     wenn nur mein Sohn, der meinen Namen trug, bei |48| mir bliebe. Ich vertrieb mir die Tage mit der Jagd und die Nächte mit Trinken und Racheplänen. Als ich eines Abends von der
     Jagd zurückkehrte, fand ich Pater Willibald in unserem Haus vor.
    Willibald war ein guter Mann. Er hatte als Geistlicher auf Alfreds Flotte gedient, jenen zwölf Schiffen, die unter meinen
     Befehl gestanden hatten. Jetzt war er auf dem Rückweg nach Hamtun und hatte mich aufgesucht, um mir von den langwierigen Gesprächen
     zwischen Alfred und Guthrum zu berichten. «Wir haben endlich Frieden, Herr», sagte er mir. «Gott sei gedankt, wir haben Frieden.»
    «Gott sei gedankt», echote Mildrith.
    Ich putzte schweigend das Blut von dem Spieß, mit dem ich einen Eber erlegt hatte, und war in Gedanken bei Ragnar, dem ich
     mich nun, da die Belagerung vorbei war, würde anschließen können.
    «Der Vertrag wurde gestern mit feierlichen Schwüren besiegelt», sagte Willibald. «Der Frieden ist unter Dach und Fach.»
    «Feierliche Schwüre gab es auch im letzten Jahr», murmelte ich säuerlich. Guthrum hatte damals den in Werham geschlossenen
     Frieden gebrochen und Geiseln ermorden lassen, die ihm zum Pfand gegeben worden waren. Elf von zwölfen waren niedergemetzelt
     worden, und ich überlebte nur dank Ragnars Schutz. «Worauf haben sie sich geeinigt?», fragte ich.
    «Die Dänen treten sämtliche Pferde ab und ziehen sich nach Mercien zurück», antwortete Willibald.
    Gut, dachte ich, weil ich nun wusste, wohin mein Weg führen sollte. Doch das verriet ich Willibald freilich nicht. Stattdessen
     machte ich mich darüber lustig, dass Alfred seine Feinde ziehen ließ. «Warum kämpft er nicht gegen sie?», fragte ich.
    |49| «Weil es zu viele sind. Weil auf beiden Seiten zu viele Männer sterben würden.»
    «Er sollte sie allesamt töten.»
    «Frieden ist besser als Krieg», sagte Willibald.
    «Amen», sagte Mildrith.
    Ich hatte damit begonnen, den Jagdspieß mit einem Wetzstein zu schärfen, und dachte nach. Alfreds Großzügigkeit erschien mir
     dumm. Guthrum war der einzig namhafte Anführer, den die Dänen noch hatten. An Alfreds Stelle hätte ich Guthrum, der in Exanceaster
     in der Falle saß, keinen Fingerbreit nachgegeben. Ich hätte ihn immer weiter belagert, und am Ende hätte ich damit die dänische
     Macht in Südengland gebrochen. Stattdessen war Guthrum nun gestattet worden, aus Exanceaster abzuziehen. «Es ist Gottes Wille»,
     sagte Willibald.
    Ich sah ihn an. Obwohl ein paar Jahre älter als ich, wirkte er um einiges jünger. Er war ernsthaft, zugleich schwärmerisch
     und immer freundlich. Auf den Schiffen war er als Geistlicher sehr beliebt gewesen, hatte aber ständig unter Seekrankheit
     gelitten und den Anblick von Blut nicht ertragen können. «Hat wirklich Gott für diesen Frieden gesorgt?», fragte ich zweiflerisch.
    «Wer sonst hat den Sturm geschickt, der Guthrums Schiffe kentern ließ?», entgegnete Willibald heftig. «Wer sonst trieb Ubba
     in unsere Hände?»
    «Das war ich.»
    Er überhörte meine Worte. «Unser König ist ein gottesfürchtiger Mann», sagte er. «Gott belohnt diejenigen, die ihm treu dienen.
     Alfred hat die Dänen bezwungen, und das wissen sie auch! Guthrum hat erkannt, dass Gott auf unserer Seite steht. Er hat bereits
     damit angefangen, sich nach Christus zu erkundigen.»
    Ich sagte nichts.
    |50| Der Priester fuhr fort: «Unser König glaubt, dass Guthrum sehr bald die christliche Erleuchtung finden wird.» Er beugte sich
     vor und legte mir die Hand aufs Knie. «Wir haben gefastet, Herr», sagte er. «Wir haben gebetet, und der König glaubt, dass
     sich die Dänen zu Christus bekehren lassen, und wenn es dazu kommt, werden wir einen dauerhaften Frieden haben.»
    Willibald war offenbar überzeugt von diesem Unsinn, und in Mildriths Ohren klangen seine Worte natürlich honigsüß. Sie war
     eine fromme Christin und vertraute auf Alfred. Wenn der König glaubte, dass sein Gott den Sieg herbeiführen würde, so glaubte
     auch sie daran. Ich verkniff mir einen Kommentar und sah der Dienstmagd zu, wie sie uns Gerstenbier, Brot,

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