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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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für einen Mann, der den Dänen das Leben schwermachen wollte.
    Ich glaubte dem Priester, dass Svein in Cridianton war, wollte es aber trotzdem mit eigenen Augen sehen. Wir machten uns auf
     den Weg, ritten auf verborgenen Pfaden über bewaldete Hügel und erreichten die Stadt am frühen Nachmittag. Von den Kochfeuern
     stieg Rauch auf, und an den Palisaden hingen dänische Schilde. Wir hielten uns am Waldrand versteckt und beobachteten die
     Wachen am Stadttor. Andere Männer bewachten eine Koppel, in der vierzig oder fünfzig Pferde im ersten Frühlingsgrün standen
     und grasten. Ich konnte den Palas von Odda dem Älteren sehen, in dem Mildrith und ich nach der ersten Schlacht bei Cynuit
     vereint worden waren, und ich sah auch ein dreieckiges dänisches Banner über dem großen Haus des Bischofs wehen. Das Westtor
     stand offen, und trotz seiner Bewachung und der Schilde am Wall schien in dieser Stadt Frieden zu herrschen. Es müssten doch,
     so dachte ich, Sachsen in der Nähe sein, die den Feind beobachteten und einen Angriff vorbereiteten. Stattdessen aber lebten
     die Dänen ganz ungestört. «Wie weit ist es bis Ocmundtun?», fragte ich Steapa.
    «Bis zum Abend könnten wir dort sein.»
    Ich zögerte. Warum nach Ocmundtun reiten, wenn sich Odda der Jüngere dort aufhielt? Er war mein Feind und hatte geschworen,
     mich zu töten. Ich hatte zwar ein Stück Pergament von Alfred bei mir, in dem er Odda aufforderte, mich freundlich zu empfangen.
     Doch was galten Worte angesichts von Hass?
    |362| «Er wird dich nicht töten», sagte Steapa und überraschte mich damit erneut. Ganz offenbar hatte er meine Gedanken erraten.
     «Er wird dich nicht töten», wiederholte er.
    «Warum nicht?»
    «Weil ich das nicht zulassen würde», antwortete Steapa und wandte sein Pferd nach Westen.
    Wir erreichten Ocmundtun bei Anbruch der Dunkelheit. Es war eine kleine Stadt, an einem Fluss gelegen, bewacht von einem hohen
     Kalksteinhügel, auf dem eine Palisadenfestung Zuflucht vor Angreifern bot. Auf dem Hügel befand sich niemand, und die Stadt,
     die von keinem Wall geschützt wurde, machte einen friedlichen Eindruck. Der Krieg in Wessex schien sich auf Ocmundtun ebenso
     wenig auszuwirken wie auf Cridianton. Haralds Palas lag neben der Festung auf dem Hügel. Unbehelligt ritten wir in den Vorhof,
     wo Steapa sogleich von mehreren Dienern erkannt und zurückhaltend begrüßt wurde. Als ein Tormeister vor der Palaspforte erschien
     und meinen Begleiter sah, klatschte er freudig zweimal in die Hände. «Wir dachten, du seist in die Hände der Heiden gefallen»,
     sagte er.
    «Das war auch so.»
    «Haben sie dich laufen lassen?»
    «Mein König hat mich befreit», knurrte Steapa, dem die Frage nicht zu gefallen schien. Er stieg aus dem Sattel und reckte
     sich. «Alfred hat mich befreit.»
    «Ist Harald da?», fragte ich den Tormeister.
    «Mein Herr ist im Haus», antwortete er, beleidigt darüber, dass ich den Vogt nur beim Vornamen genannt hatte.
    «Dann gehen wir auch hinein», sagte ich und führte Steapa in den Palas. Der Tormeister rang die Hände, denn |363| Regel und Anstand verlangten, dass wir zuerst über ihn seinen Herrn um Erlaubnis ersuchten, doch ich beachtete ihn nicht.
    In der Mitte der Halle brannte ein Feuer, und auf dem Podest ringsum flackerten Dutzende von Binsenkerzen. An den Wänden hingen
     etliche Hirschhäute und kostbare Baummarderfelle. Es waren etwa zwanzig Männer anwesend, offenbar warteten sie auf etwas zu
     essen. Ein Harfenspieler unterhielt sie mit seiner Musik. Mehrere Hunde sprangen herbei, um uns zu beschnuppern. Steapa verscheuchte
     sie mit Fußtritten, als wir auf das Feuer zugingen, um uns zu wärmen. «Bier!», verlangte Steapa von dem Tormeister.
    Offenbar vom Gebell der Hunde angelockt, tauchte Harald in einer Tür auf, die zu seiner Kammer im hinteren Teil des Hauses
     führte. Er blinzelte ungläubig, als er uns sah. Er hatte gedacht, wir seien verfeindet und dann gehört, dass Steapa in Gefangenschaft
     war. Und doch standen wir nun Seite an Seite vor ihm. Es wurde still im Raum, als er auf uns zuhinkte. Es war nur ein leichtes
     Hinken, die Folge einer Verwundung im Kampf, bei dem er auch zwei Finger seiner Schwerthand verloren hatte. «Ihr habt mich
     einst gescholten, weil ich mit Waffen in Euren Palas kam», sagte er. «Und doch kommt Ihr jetzt bewaffnet zu mir.»
    «Das Tor war unbewacht», entgegnete ich.
    «Der Wächter musste pinkeln, Herr», erklärte der

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