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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Alfred eines seiner Pferde zur Verfügung
     gestellt hatte, ritt, in Leder geharnischt und bewaffnet mit einem großen Schwert sowie einem Jagdspieß, an meiner Seite und
     übersetzte die Worte. «‹Verstoßen hast Du uns, zerstreut, o Gott, Dein Zorn währt lange Zeit! Wir kommen zu Dir, nimm uns
     an, Du hilfst, wo niemand helfen kann!› Ist doch eine ganz vernünftige Bitte, oder?», sagte er. «Wir haben uns eine Backpfeife
     verdient, aber jetzt dürfen wir wieder auf Deinen Schoß kriechen, was?»
    «Das singen sie wirklich?»
    «Nicht den Teil mit der Backpfeife und dem Schoß. Der stammt von mir.» Er grinste. «Der Krieg hat mir gefehlt. Ist das eine
     Sünde?»
    «Kennt Ihr den Krieg?»
    |411| «Kennen? Ich war ein Krieger, bevor ich der Kirche beitrat. Pyrlig der Furchtlose, so wurde ich genannt. Einmal habe ich an
     einem Tag vier Sachsen getötet, nur mit einem Speer bewaffnet, während sie Schwerter und Schilde hatten. Zu Hause hat man
     ein Lied auf mich gemacht, aber das will nicht viel bedeuten, weil die Britonen alles besingen. Soll ich Euch das Lied vorsingen?
     Es erzählt, wie ich an einem einzigen Tag dreihundertvierundneunzig Sachsen erschlug, obwohl das nicht ganz genau stimmt.»
    «Und wie viele habt Ihr tatsächlich erschlagen?»
    «Wie ich schon sagte. Vier.» Er lachte.
    «Und wie habt Ihr Englisch gelernt?»
    «Meine Mutter war eine Sächsin, die Arme. Sie wurde bei einem Überfall auf Mercien geraubt und zur Sklavin gemacht.»
    «Und warum seid Ihr kein Krieger mehr?»
    «Weil ich Gott gefunden habe, Uhtred. Oder weil Gott mich gefunden hat. Und ich war zu stolz geworden. Lieder auf einen selbst
     steigen einem schnell zu Kopf, und ich bin schrecklich stolz auf mich selbst gewesen. Stolz ist etwas Furchtbares.»
    «Er ist eine Waffe des Kriegers», sagte ich.
    «Ja», stimmte er zu. «Eben darum ist er ja so furchtbar, und darum habe ich Gott gebeten, mich davon zu befreien.»
    Wir erklommen die nächste Hügelkuppe, um nach dem Feind Ausschau zu halten. Die geistlichen Gesänge schallten klar und deutlich
     durch die Morgenluft, obwohl wir die Priestergruppe weit hinter uns gelassen hatten. «‹Wer in seinem Gott kann ruhn, wird
     mit ihm große Taten tun›», übersetzte Pater Pyrlig. «‹Die Feinde werden uns zum Raub, Gott tritt sie nieder in den Staub.›
     Das ist |412| doch ein gesegneter Gedanke an solch einem herrlichen Morgen, Graf Uhtred!»
    «Die Dänen sprechen ihre eigenen Gebete, Pater.»
    «Aber zu welchem Gott, eh? Einen tauben Mann anzurufen hat doch keinen Zweck, oder?» Wir hatten die Hügelkuppe erreicht und
     hielten unsere Pferde an. Pyrlig schaute nach Norden. «Nicht mal eine Maus in Sicht.»
    «Die Dänen beobachten uns», sagte ich. «Wir sehen sie nicht, aber sie sehen uns.»
    Falls sie uns beobachteten, hätten sie gesehen, dass sich Alfreds dreihundertfünfzig Männer zu Pferde oder zu Fuß von den
     Sümpfen entfernten und dass in der Ferne fünfhundert oder sechshundert weitere Kämpfer, die zum Fyrd des westlichen Teils
     von Sumorsæte gehörten, von ihrem Lager im Süden des Sumpflandes aufgebrochen waren, um sich mit uns zusammenzuschließen.
     Die meisten Männer von Æthelingæg waren echte Krieger, die in einem Schildwall zu kämpfen gelernt hatten, doch fünfzig Männer
     waren unerfahrene Marschenleute. Ich hätte Eofer, den starken Bogenschützen, gern mitgenommen, doch er konnte nicht kämpfen,
     ohne dass ihm seine Nichte sagte, was er tun sollte, und weil ich kein Kind in die Schlacht mitnehmen wollte, musste Eofer
     zurückbleiben. Unseren Reihen folgten etliche Frauen und Kinder. Ælswith und ihre Kinder allerdings hatte Alfred, von vierzig
     Männern begleitet, nach Scireburnan geschickt. Wir konnten es uns kaum leisten, auf diese Kämpfer zu verzichten, doch hatte
     Alfred darauf bestanden, dass seine Familie in Sicherheit gebracht wurde. Ælswith sollte in Scireburnan warten und, falls
     Alfred unterliegen sollte, ins Frankenland fliehen. Sie hatte außerdem den Auftrag, alle in Scireburnan befindlichen Bücher
     mitzunehmen, denn Alfred glaubte, dass die Dänen jedes Buch verbrennen würden, das sie in Wessex |413| fanden. Also sollte Ælswith die Schriften der Heiligen und Kirchenväter, der Geschichtsschreiber und Philosophen retten, damit
     Edward aus ihnen lernen und zu einem gebildeten König im Exil erzogen werden könnte.
    Iseult zog mit uns, so auch Hild und Eanflæd, die Ælswith mit ihrem Wunsch, Leofric zu folgen,

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