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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Er lachte. «Allerdings hatte sie dort im Sumpf große Angst. Ihr wart fort, um sie waren nur Sachsen, und sie
     wurde ständig als Heidin beschimpft. Was blieb ihr anderes übrig? Sie wollte eine von ihnen sein und nicht mehr angespuckt
     werden, also hat |416| sie sich auf die Taufe eingelassen. Wer weiß, vielleicht ist sie ja jetzt wirklich eine Christin. Ich wäre Gott für diese
     Gnade dankbar, aber ich wäre ihm noch dankbarer, wenn er sie glücklich machen würde.»
    «Glaubt Ihr nicht, dass sie glücklich ist?»
    «Natürlich ist sie es nicht. Schließlich liebt sie Euch.» Er lachte. «Und Euch zu lieben bringt es nun einmal mit sich, unter
     Sachsen leben zu müssen, nicht wahr? Armes Mädchen. Iseult ist ein wunderschönes Reh unter lauter grunzenden Schweinen.»
    «Ihr habt wirklich eine besondere Begabung, Euch auszudrücken», sagte ich.
    Er lachte. Meine Stichelei gefiel ihm. «Gewinnt Euren Krieg, Lord Uhtred, bringt sie weg von uns Priestern und sorgt für viele
     Kinder. Dann wird sie glücklich und eines Tages vielleicht sogar weise. Das ist die wahre Gabe der Frauen, die Weisheit, und
     kaum ein Mann besitzt sie.»
    Und meine Gabe war das Kämpfen. Doch es kam an diesem Tag nicht zum Kampf. Wir sahen keine Dänen, obwohl ich sicher war, dass
     sie uns gesehen hatten und dass Guthrum von unserem Aufbruch aus den Sümpfen wusste. Wir gaben ihm die Gelegenheit, uns und
     Wessex zu vernichten, und ich zweifelte keinen Augenblick daran, dass sich die Dänen auf die Entscheidungsschlacht gegen uns
     vorbereiteten.
    Wir schliefen in dieser Nacht in einem Erdberg, der vom alten Volk angelegt worden war, und zogen am nächsten Morgen in nordöstlicher
     Richtung weiter. Ich ritt wieder voraus, doch immer noch entdeckte ich keinen einzigen Dänen. Krähen flogen, Hasen hoppelten,
     und der Kuckuck rief aus den Wäldern, in denen überall Glockenblumen blühten. Ich folgte einem Höhenzug, den Blick aufmerksam
     nach Norden gerichtet, doch ich sah niemanden, |417| und als die Sonne ihren Höchststand erreichte, wandte ich mich gen Osten. Ich hatte zehn Männer dabei. Darunter war einer
     aus Wiltunscir, der die Gegend sehr gut kannte. Er wies uns den Weg ins Flusstal der Wilig, in dem Egberts Stein stand.
    Kurz vor diesem Tal entdeckten wir im Süden eine Gruppe von Reitern. Wir galoppierten zu ihnen, und es war Alfred, zusammen
     mit Leofric, fünf Soldaten und vier Priestern. «Wart Ihr schon an dem Stein?», rief uns Alfred von weitem zu.
    «Nein, Herr.»
    «Bestimmt sind dort schon Kämpfer eingetroffen», sagte er, enttäuscht darüber, dass ich keine Neuigkeit für ihn hatte.
    «Dänen waren auch keine zu sehen, Herr.»
    «Sie brauchen zwei Tage, um sich zu organisieren», erwiderte er. «Aber sie werden kommen. Sie werden kommen! Und wir werden
     sie besiegen!» Er drehte sich im Sattel herum und sah nach Pater Beocca. «Habt Ihr Schmerzen, Pater?»
    «Große, Herr.»
    «Ihr seid eben kein Reiter, Beocca, Ihr seid es nicht gewohnt, im Sattel zu sitzen. Aber es ist nicht mehr weit. Bald könnt
     Ihr ausruhen.» Alfred war wie im Fieber. «Ausruhen und Kräfte sammeln für den Kampf. Ausruhen und beten, Pater! Und dann beten
     und kämpfen. Beten und kämpfen.» Er trieb sein Pferd an, und wir folgten ihm durch einen Hain voll rosarot blühender Bäume.
     Dann ging es bergan und über eine langgestreckte Anhöhe, wo wir im frischen Gras die Überreste toter Rinder entdeckten. Maiglöckchen
     säumten den Wald am Fuße des Hügels, und ein Falke stieg auf und segelte über das Tal auf die verkohlten Trümmer einer Scheune
     zu.
    |418| «Es liegt gleich hinter dieser Kuppe, Herr!», rief mir der Mann aus Wiltunscir zu.
    «Was?»
    «Defereal, Herr!»
    So hieß die Siedlung bei Egberts Stein am Ufer der Wilig. Alfred trieb erneut sein Pferd an und ritt so schnell, dass sein
     blauer Umhang wie eine Fahne von seinen Schultern wehte. Wir galoppierten alle und schwärmten auf dem Hügelhang aus. Jeder
     wollte den ersten Blick auf die versammelten sächsischen Streitkräfte an Egberts Stein werfen. Doch plötzlich geriet Pater
     Beoccas Pferd ins Straucheln. Er war, wie Alfred treffend bemerkt hatte, kein guter Reiter, und das war keine Überraschung
     bei seinem lahmen Fuß und der verkrüppelten Hand, und so stürzte er aus dem Sattel. Ich sah ihn durchs Gras rollen und lenkte
     mein Pferd zurück. «Ich bin nicht verletzt!», rief er mir zu. «Reite weiter, Uhtred, reite weiter!»
    Ich fing sein Pferd

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