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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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lenken als auf
     Fußtruppen. Eines der Pferde |480| warf seinen Kopf hin und her, und ich sah, dass es am Hals blutete. Ein anderes lag sterbend zwischen den Leichen, von denen
     die ersten Raben angelockt wurden. Schwarze Schwingen in einem trüben Himmel. Odins Vögel.
    «Kommt und sterbt!», rief Steapa plötzlich. «Kommt und sterbt, ihr Bastarde! Kommt schon!»
    Andere Männer aus unseren Reihen begannen ebenfalls, den Dänen Beleidigungen zuzurufen. Svein wandte sich um, offenbar wunderte
     er sich über unsere plötzliche Entschlossenheit. Seine Männer hatten einen Schritt nach vorn gesetzt, waren aber wieder stehengeblieben,
     und überrascht stellte ich fest, dass sie ebenso viel Angst hatten wie wir. Ich war immer voller Bewunderung für die Dänen
     gewesen und hatte sie für die größten Kämpfer unter der Sonne gehalten. Sogar Alfred hatte mir einmal in einem düsteren Moment
     anvertraut, dass man vier Sachsen brauchte, um einen Dänen zu bezwingen, und das stimmte auch, aber nicht immer, und an diesem
     Tag stimmte es nicht, denn Sveins Männern fehlte die Leidenschaft. Sie waren unsicher und zögerten ihren Vorstoß hinaus. Mir
     schien es so, als hätten Guthrum und Svein einen Streit gehabt. Vielleicht hatte aber auch nur der kalte, feuchte Wind ihre
     Kampfleidenschaft gedämpft. «Wir werden diese Schlacht gewinnen», rief ich und überraschte mich selbst mit diesem Ruf.
    Die Männer sahen mich an und fragten sich, ob mir womöglich einer meiner Götter eine Vision geschickt hatte.
    «Wir werden gewinnen!» Ich wusste kaum selbst, dass ich meine Stimme erhob. Ich hatte gar nicht vor, eine Rede zu halten,
     doch ich hielt eine. «Sie fürchten sich vor uns!», rief ich. «Sie haben Angst. Die meisten von ihnen haben sich in der Festung
     verkrochen, weil sie es nicht wagen, sich unseren sächsischen Schwertern zu stellen. Und |481| die dort», ich zeigte mit dem Wespenstachel auf Sveins Reihen, «sie wissen, dass sie sterben werden! Sie werden sterben!»
     Ich ging zwei Schritte vor und breitete die Arme aus, um die Dänen auf mich aufmerksam zu machen. Ich hielt meinen Schild
     in der Linken und das Kurzschwert in der Rechten. «Ihr werdet sterben», schrie ich ihnen auf Dänisch zu, so laut ich konnte
     und dann auf Englisch. «Ihr werdet sterben!»
    All unsere Männer griffen diese Worte auf. «Ihr werdet sterben! Ihr werdet sterben!», brüllten sie.
    In diesem Moment geschah etwas Seltsames. Beocca und Pyrlig behaupteten, der Geist Gottes sei über unser Heer gekommen, und
     vielleicht war das wirklich so, denn mit einem Mal glaubten wir an uns. Wir glaubten an unseren Sieg, und wir rückten vor,
     Schritt für Schritt, und zum Schlag unserer Schwerter auf unsere Schilde riefen wir, dass der Feind sterben würde. Ich ging
     ganz vorne und forderte die Dänen heraus, ich brüllte, sprang herum und reizte sie. Später erfuhr ich von Beocca, dass Alfred
     mich mehrfach zurückgerufen hatte. Doch ich johlte und tanzte vor unseren Reihen über das Gras, wo die Leichen lagen, und
     hörte ihn nicht. Und Alfreds Männer folgten mir. Sie rief er nicht zurück, obwohl er ihnen auch nicht befohlen hatte anzugreifen.
    «Ihr Bastarde!», schrie ich. «Ziegenschiss! Ihr kämpft wie kleine Mädchen.» Ich weiß nicht mehr, welche Beleidigungen ich
     ihnen zubrüllte an jenem Tag, nur dass ich brüllte, weiß ich noch und dass ich vor den anderen immer weiter vorrückte und
     von den Dänen forderte, dass wenigstens einer von ihnen kommen sollte, um mit mir Mann gegen Mann zu kämpfen.
    Alfred hielt nichts von solchen Zweikämpfen zwischen den Schildwällen. Vielleicht, weil er vernünftig genug war, |482| um zu wissen, dass er selbst einem solchen Kampf nicht gewachsen war, aber er wusste auch um andere Gefahren. Wenn ein Mann
     einen ebenbürtigen Krieger des Gegners zum Zweikampf herausfordert, setzt er damit sein eigenes Leben aufs Spiel, und wenn
     er stirbt, sinkt der Mut seiner Mitstreiter, während der seiner Gegner steigt. Darum hatte uns Alfred verboten, solche Herausforderungen
     des Gegners anzunehmen, doch ein Däne nahm an diesem kalten, regnerischen Tag meine Herausforderung an.
    Es war Svein selbst. Svein vom Weißen Pferd, und er wendete sein weißes Pferd und galoppierte mit gezogenem Schwert auf mich
     zu. Ich hörte das Stampfen der Hufe, sah feuchte Torfklumpen und die Mähne des Hengstes fliegen, und ich sah Sveins Helm mit
     der Eberschnauze über dem Rand seines Schildes. Pferd und

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