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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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erfüllte, die dem Feind fehlte, und
     bald kamen auch Osrics Männer zurück, die vom Schlachtfeld geflohen waren, um sich wieder am Kampf zu beteiligen.
    |485| Die dänischen Reiter zogen ab. Ich sah sie nicht fliehen, hörte aber später davon. Ich kämpfte und schrie den Dänen zu, sie
     sollten kommen, um sich von mir töten zu lassen. Mir zur Seite stand Pyrlig, der jetzt mit einem Schwert bewaffnet war. Die
     gesamte linke Seite von Sveins Schildwall war zerschlagen. Die Überlebenden schlossen sich zu kleinen Gruppen zusammen. Ich
     stürmte auf eine solche Gruppe zu, rammte mit dem Schild einen Mann um und stach mit Schlangenhauch zu, dessen Klinge, wie
     ich spürte, durch Kettenglieder und Leder drang. Unversehens war auch Leofric zur Stelle und schwang seine Axt. Pyrlig riss
     mit der Spitze seines Schwertes das Gesicht eines Gegners auf, und jedem Dänen standen nun zwei Sachsen gegenüber, und der
     Feind war klar unterlegen. Ein Mann bat um Gnade, doch Leofric spaltete ihm mit seiner Axt Helm und Schädel, sodass Blut und
     Hirn aus dem Metall des Helmes spritzten. Ich trat den Körper des Mannes beiseite und durchbohrte mit meiner Klinge einen
     anderen, sodass er wie eine Frau im Kindbett schrie. Auch heute noch singen die Barden von dieser Schlacht, und es ist viel
     Wahres daran, wenn sie von der Lust am Töten, dem Gesang der Klingen und vom Abschlachten erzählen. Wir metzelten Sveins Männer
     nieder, und wir taten es mit Leidenschaft, mit Können und mit wilder Entschlossenheit. Endlich überkam mich jene Ruhe der
     Schlacht, und ich konnte nichts mehr falsch machen. Mein Schwert führte sein eigenes Leben und nahm es jenen, die sich mir
     in den Weg stellten. Der linke Flügel der viel gerühmten Truppen Sveins war geschlagen, und wer noch laufen konnte, nahm Reißaus.
    Mit einem Mal war kein Feind mehr in der Nähe, nur noch Tote und Verwundete. Alfreds Neffe Æthelwold stocherte mit seinem
     Schwert auf einen der verwundeten |486| Dänen ein. «Töte ihn oder lass ihn am Leben», knurrte ich ihn an. Der Mann hatte ein zerschlagenes Bein, und ein Augapfel
     hing auf seiner blutverschmierten Wange. Er stellte keine Gefahr mehr dar.
    «Einen Heiden muss ich eigenhändig töten», sagte Æthelwold und quälte den hilflosen Dänen mit der Spitze seiner Klinge. Ich
     trat ihm die Waffe aus der Hand und wollte dem Mann am Boden gerade helfen, da sah ich Haesten.
    Er war schon ganz am Rand der Hügelkuppe. Er floh. Ich rief seinen Namen. Er drehte sich um und sah mich oder einen blutgetränkten
     Krieger mit Kettenhemd und einem Wolfshelm. Er starrte mich an, und vielleicht erkannte er den Helm, denn nun hatte er es
     noch eiliger, davonzukommen. «Feigling!», rief ich ihm nach. «Verräterischer Feigling! Bastard! Du hast mir Treue geschworen.
     Ich habe dir das Leben gerettet und dich reich gemacht!»
    Da drehte er sich noch einmal um, grinste und winkte mit dem linken Arm, an dem die Überreste eines zersplitterten Schildes
     hingen. Dann rannte er weiter, auf die rechte Seite von Sveins Schildwall zu, die noch fest zusammenhielt. Es waren fünfhundert
     oder sechshundert Kämpfer. Sie hatten kehrtgemacht und den Rückzug auf die Festung angetreten, mussten nun aber innehalten,
     weil sie von Alfreds Männern, die sonst niemanden mehr zum Töten fanden, angegriffen wurden. Haesten verschwand in den dänischen
     Reihen, da, wo das Banner mit der Adlerschwinge davon zeugte, dass Ragnar, mein Freund, ihr Anführer war.
    Ich blieb stehen. Leofric ließ die Männer einen Schildwall bilden, und ich wusste, dass unsere Kampfkraft langsam erlahmte.
     Doch Svein und einen guten Teil seiner Männer hatten wir getötet, und die Dänen sahen sich nun |487| auf die Festung zurückgedrängt. Ich ging zum Rand des Hügels, folgte einer Blutspur im feuchten Gras und entdeckte schließlich
     das weiße Pferd, das mit grässlich verrenkten Läufen und blutigem Fell wenige Schritte unter mir auf dem Abhang lag.
    «Das war ein gutes Pferd», sagte Pyrlig. Er war am Rand des abgeflachten Hügels zu mir getreten. Wir standen über einer breiten
     Mulde, die aussah, als hätte ein Riese seinen Absatz in die Hügelflanke gestoßen. Dahinter fiel der Steilhang bis an den Rand
     der Kreideebene ab. Wir befanden uns im Osten der Festung, und ich fragte mich, ob sich von hier aus ein Angriff auf die Erdwälle
     führen ließe. Pyrlig betrachtete immer noch das tote Pferd. «Wisst Ihr, was wir bei uns zu Hause sagen?»,

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