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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Reiter kamen auf mich zu, die Dänen johlten, und genau in diesem
     Moment rief Pyrlig nach mir.
    «Uhtred! Uhtred!»
    Ich drehte mich nicht zu ihm um. Gerade wollte ich Schlangenhauch aus der Scheide ziehen, da blieb Pyrligs Jagdspieß mit dem
     dicken Schaft zitternd neben mir im feuchten Gras stecken, und ich verstand, was er mir sagen wollte. Ich ließ das Schwert
     auf dem Rücken hängen und packte den Spieß, kurz bevor Svein mich erreichte. Ich hörte nur noch das Donnern der Hufe, sah
     den weißen Mantel fliegen, den Glanz der erhobenen Klinge, den wippenden Rosshaarschweif über dem Helm und die weißen Augen
     des Pferdes über seinen gebleckten Zähnen. Dann riss Svein den Hengst nach links herum und richtete sein Schwert auf mich.
     Seine Augen glitzerten hinter den Sehschlitzen seines Helmes, als er sich herabbeugte, um mich zu töten. Doch ich wich seinem
     Schwert aus, warf mich gegen das Pferd und rammte ihm den Jagdspieß in die |483| Flanke. Ich musste mit nur einer Hand zustechen, weil ich den Schild in der Linken trug, doch die Spitze war scharf und drang
     durch Haut und Muskeln, und ich schrie, als ich die Waffe noch tiefer zu stoßen versuchte, und da traf Sveins Schwert meinen
     erhobenen Schild wie ein Schmiedehammer, und sein rechtes Knie prallte so wuchtig an meinen Helm, dass ich rücklings zu Boden
     geworfen wurde. Ich hatte den Spieß loslassen müssen, aber er steckte tief und fest im Bauch des Pferdes, und das Tier fing
     an zu zittern, wieherte kreischend, buckelte und scheute, und zähflüssiges Blut strömte über den Schaft des Spießes, der wie
     wild hin und her pendelte.
    Dann ging das Pferd durch. Irgendwie gelang es Svein, im Sattel zu bleiben. Die Flanke des Pferdes war blutig. Aber Svein
     hatte ich nicht verletzt, ihn nicht einmal berührt, und doch floh er vor mir, oder besser, sein weißes Pferd ging vor Schmerzen
     durch, und es galoppierte geradewegs auf Sveins eigenen Schildwall zu. Die natürlichen Triebe sorgen dafür, dass ein Pferd
     einem Schildwall immer ausweicht, doch dieses Pferd war blind vor Schmerzen, und dann, genau vor den dänischen Schilden, knickte
     es plötzlich halb ein. Es rutschte über das feuchte Gras und stürzte schwer in die
Skjaldborg
. Eine Bresche entstand. Die Kämpfer spritzten auseinander. Svein war aus dem Sattel gestürzt, und dann gelang es dem Pferd
     noch einmal, sich aufzurichten, und es schlug aus und kreischte schreckenerregend. Blutstropfen aus dem Bauch des Pferdes
     flogen durch die Luft, und als die Dänen vor seinen trampelnden Hufen Reißaus nahmen, griffen wir an. Ich war wieder auf den
     Beinen und hatte mein Schwert gezogen. Das Pferd wütete und drehte sich, die Dänen wichen vor ihm zurück, und der Schildwall
     klaffte noch weiter auseinander, und da schlugen wir zu.
    |484| Svein stand gerade wieder auf den Füßen, als Alfreds Männer kamen. Ich sah es nicht mit eigenen Augen, hörte aber später,
     dass Steapa ihm mit einem einzigen Streich den Kopf vom Rumpf trennte. So wuchtig soll der Hieb gewesen sein, dass der behelmte
     Kopf in hohem Bogen durch die Luft flog, und vielleicht stimmte das auch, aber was ganz sicher war, ist, dass uns in diesem
     Moment die Leidenschaft packte. Die blindwütige, hemmungslose Kampfesleidenschaft. Der Blutrausch, der Tötungswahn, und das
     Pferd arbeitete für uns, indem es den dänischen Schildwall aufbrach, sodass wir nur noch durch die Lücke nachstoßen und töten
     mussten.
    Also töteten wir. Alfred hatte all das nicht vorgehabt. Er hatte auf einen Angriff der Dänen warten wollen und gehofft, dass
     wir ihm standhalten könnten. Doch stattdessen hatten wir seine einschränkenden Befehle abgeworfen, und als wir für ihn den
     Angriff begannen, behielt er den Überblick und schickte uns Arnulfs Männer an die rechte Seite, wo ich mit meinen Kämpfern
     in Bedrängnis zu geraten drohte. Die dänischen Reiter hatten uns einzuschließen versucht, doch die Männer aus Suth Seaxa warfen
     sie zurück und schützten anschließend die offene Flanke, während Alfreds Soldaten von Æthelingæg und Haralds Männer von Defnascir
     und Thornsæta kamen und uns mit vereinten Kräften unterstützten. Auch mein Vetter und seine Männer aus Mercien waren dabei,
     und Æthelred war ein wackerer Kämpfer. Ich sah ihn Hiebe abwehren und zustoßen, sah, wie er einen Gegner nach dem anderen
     zur Strecke brachte. Wir tränkten den Hügel mit dänischem Blut, weil uns eine Kampfeswut

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