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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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manch alter
     Aberglaube weiter. Und Iseult ist ein Teil davon.»
    |91| «Inwiefern?»
    Es behagte ihm offenbar nicht, darüber zu reden, doch weil er behauptet hatte, Iseult sei böse, sah er sich nun zu einer Erklärung
     genötigt. «Sie kam im Frühjahr zur Welt», sagte er, «vor achtzehn Jahren. Während ihrer Geburt verfinsterte sich die Sonne,
     und die leichtgläubigen Narren hier denken, dass in einem schwarzhaarigen Kind, das geboren wird, wenn die Sonne ihre Kraft
     verliert, gewisse Mächte wohnen. Sie sehen in Iseult eine   …», er unterbrach sich, weil er das dänische Wort nicht kannte, «eine
Gwrach
», sagte er dann, doch ich hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte. Und so versuchte er es mit einem anderen Wort,
«Dewines»
, das mir aber ebenso wenig geläufig war. Und als ich immer noch nicht verstand, sagte er schließlich: «Eine Zauberin.»
    «Eine Hexe?»
    «Ja. Und Peredur hat sie zu seiner Gemahlin gemacht, zu seiner Königin der Schatten. Das ist das Los solcher Mädchen. Sie
     werden an den Hof geholt, damit der König ihre Kräfte für sich nutzen kann.»
    «Welche Kräfte?»
    «Die Fähigkeiten, die der Teufel einer Königin der Schatten verleiht», antwortete er gereizt. «Peredur glaubt, dass sie in
     die Zukunft schauen kann. Aber diese Fähigkeit besitzt sie nur, solange sie Jungfrau bleibt.»
    Ich lachte. «Dann wäre Euch doch, der sie ablehnt, ein Gefallen getan, wenn ich sie entjungfern würde.» Darauf ging er nicht
     ein und zog nur ein ärgerliches Gesicht. «Sie kann also wirklich in die Zukunft schauen?», fragte ich.
    «Sie sah, dass Ihr siegreich sein werdet», antwortete er, «und sie versicherte dem König, dass er Euch trauen kann, also könnt
     ihr die Frage selbst beantworten.»
    |92| «Dann kann sie wahrhaftig in die Zukunft schauen», sagte ich.
    Bruder Asser zog wieder ein Gesicht. «Es wäre besser gewesen, man hätte sie mit der eigenen Nabelschnur erwürgt», knurrte
     er. «Sie ist eine heidnische Hündin, eine Ausgeburt des Teufels, von Grund auf böse.»
    Am Abend wurde unser Abkommen mit einem festlichen Gelage gefeiert, und ich hoffte, Iseult wäre da, doch sie kam nicht. Stattdessen
     nahm Peredurs ältere Gemahlin an der Tafel Platz, aber sie war ein verdrießliches, schmutziges Frauenzimmer mit zwei eiternden
     Furunkeln am Hals. Sie sagte kaum ein Wort. Es war dennoch ein überraschend gutes Fest, bei dem Fisch, Ochsenfleisch, Hammel,
     Brot, Bier, Honigwein und Käse aufgetragen wurden. Während wir aßen, berichtete Asser, dass er früher am Königshof von Dyfed
     nördlich der Sæfern-See gelebt habe und dass sein König, dessen unaussprechlicher britischer Name wie ein schwerer Hustenanfall
     klang, ihn nach Cornwalum gesandt habe, um die Könige dort davon abzubringen, die Dänen zu unterstützen.
    Das überraschte mich so sehr, dass ich sogar meine Augen von den Mädchen abwandte, die die Speisen servierten und zur Musik
     des Harfners die Hüften wiegten. «Ihr mögt die Dänen nicht», sagte ich.
    «Ihr seid Heiden», erwiderte er verächtlich.
    «Wie kommt es dann, dass Ihr die Sprache der Heiden sprecht?»
    «Mein Abt möchte, dass wir als Missionare ausziehen und die Dänen bekehren», antwortete er.
    «Das solltet Ihr dann auch tun», sagte ich. «Auf die Art kommt Ihr bestimmt auf dem allerkürzesten Weg in den Himmel.»
    Er beachtete meine Bemerkung nicht. «Ich spreche |93| nicht nur Dänisch», sagte er hochmütig, «sondern auch die Sprache der Sachsen. Ihr seid, wenn ich richtig vermute, nicht in
     Dänemark geboren.»
    «Wie kommt Ihr darauf?»
    «Das höre ich Eurer Stimme an», antwortete er. «Kommt Ihr aus Northumbrien?»
    «Ich komme von der See.»
    Er zuckte mit den Achseln. «Die Sachsen Northumbriens haben sich von den Dänen kaufen lassen, sodass sie sich inzwischen selbst
     für Dänen halten.» Darin irrte der Esel, doch es wäre unklug von mir gewesen, ihn aufzuklären. «Schlimmer noch», fuhr er fort,
     «sie haben das Licht des Herrn verlöschen lassen.»
    «Ist Thors Licht vielleicht zu hell für Euch?»
    «Die Westsachsen sind Christen», sagte er, «es ist unsere Pflicht, ihnen zu helfen, nicht aus Liebe zu ihnen, sondern aus
     unserer gemeinsamen Liebe zu Gott.»
    «Kennt Ihr Alfred von Wessex?», fragte ich.
    «Ich hoffe, ihm bald zu begegnen», antwortete er freudig. «Er ist, wie ich höre, ein sehr guter Christ.»
    «Das ist mir auch zu Ohren gekommen.»
    «Und Christus belohnt ihn dafür», fuhr Asser

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