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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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in Sicherheit.»
    «Oder Bücher», überlegte Eanflæd. «Priester lieben Bücher.»
    «Es könnte aber auch etwas zu essen sein», beharrte Leofric nicht sehr überzeugend.
    Jetzt tauchte auch eine Gruppe aus drei Frauen und zwei Kindern auf. Eine der Frauen war in einen weiten Umhang aus silbrigem
     Pelz gehüllt. Eine andere trug das kleinere Kind im Arm. Die Priester warteten, bis sie zu ihnen aufgeschlossen hatten, dann
     zogen alle in östlicher Richtung weiter, bis sie direkt unter uns einen Pfad entdeckten, der in den Sumpf führte. Fünf Priester
     gingen mit den Frauen und Kindern voraus, während der sechste, |225| der offenbar jünger war als die anderen, nach Westen zurückeilte. «Wo will er hin?», fragte Leofric.
    Wieder flogen Enten über den Hang und auf das Sumpfland hinaus. Netze, dachte ich. In den Dörfern waren bestimmt Netze aufzutreiben,
     mit denen wir Fische und Wildvögel fangen konnten. Damit hätten wir für Tage genug zu essen. Aale, Enten, Fisch und Gänse.
     Wenn wir genug Netze hätten, könnten wir sogar eine Treibjagd auf Rotwild machen.
    «Die kommen nicht weit», sagte Leofric und deutete auf die Priester, die schon nach kaum hundert Schritten festsaßen. Der
     Pfad, der auf das Dorf zuzuführen schien, verlor sich im Schilf. Die Priester wollten offenbar weder vor noch zurück, sie
     kauerten sich auf den Boden und schienen miteinander zu streiten.
    «Wir sollten ihnen helfen», sagte Eanflæd, und weil ich nicht antwortete, betonte sie verärgert, dass eine der Frauen ein
     kleines Kind auf dem Arm hatte. «Wir müssen ihnen helfen!», beharrte sie.
    Ich wollte einwenden, dass das Letzte, was uns noch gefehlt habe, weitere hungrige Mäuler waren, die wir stopfen müssten,
     doch eingedenk ihrer harschen Worte der vergangenen Nacht hielt ich es für besser, ihr zu beweisen, dass ich doch nicht so
     schlecht war, wie sie glaubte. Also stand ich auf, nahm meinen Schild und stieg den Hügel hinab. Die anderen folgten mir,
     doch ehe wir die Hälfte des Wegs zurückgelegt hatten, waren von Westen her Schreie zu hören. Ich sah in die Richtung des Waldes,
     zu dem der sechste Priester zurückgekehrt war, und erblickte ihn zusammen mit vier Soldaten. Sie wichen vor einer Schar berittener
     Kämpfer zurück, die plötzlich aus dem Wald heraussprengten. Zuerst waren es sechs, dann tauchten acht weitere auf, dann nochmal
     zehn. An ihren |226| schwarzen Schilden und schwarzen Umhängen waren sie als Guthrums Männer zu erkennen. Einer der Priester, die einen Weg durch
     den Sumpf gesucht hatten, eilte auf den Pfad zurück. Er hielt ein Schwert in der Hand und wollte anscheinend seinen Gefährten
     zu Hilfe eilen.
    Das war sehr tapfer für einen einzelnen Priester, aber vollkommen sinnlos. Die vier Soldaten und der Priester waren inzwischen
     umzingelt. Sie standen Rücken an Rücken, um sich gegen die dänischen Reiter zu wehren, die von allen Seiten mit ihren Waffen
     auf sie einschlugen. Dann wurden zwei der Reiter auf den Priester mit dem Schwert aufmerksam und galoppierten auf ihn zu.
     «Die beiden gehören uns», sagte ich zu Leofric.
    Das war dumm von mir. Die vier Soldaten und der Priester waren verloren, genau wie der einzelne Priester, wenn wir nicht eingriffen.
     Aber wir waren nur zu zweit, und selbst wenn wir die beiden Reiter töteten, standen wir einem klar überlegenen Feind gegenüber.
     Doch Eanflæds Verachtung trieb mich an, und ich hatte es satt, durch diese Winterlandschaft zu schleichen, und ich war wütend,
     also stürmte ich den Hügel hinunter, ungeachtet der lauten Geräusche, die ich verursachte, als ich durch das spröde Unterholz
     brach. Der Priester hatte dem Sumpf den Rücken gekehrt, und die Reiter griffen ihn an, als Leofric und ich zwischen den Bäumen
     auftauchten und von links auf die beiden Dänen losgingen.
    Dem Pferd, das mir am nächsten war, rammte ich meinen schweren Schild so wuchtig in die Flanke, dass es schrill wiehernd in
     einem Wirbel aus Morast, Gras, Schnee und Hufen seinen Reiter mitriss. Auch mich hatte der Aufprall zu Boden geworfen, doch
     war ich schnell wieder auf den Beinen und hieb mit Schlangenhauch auf den Reiter ein, der sich mit dem Fuß im Steigbügel verfangen
     hatte. Ich |227| durchschnitt ihm die Kehle, trat ihm ins Gesicht, stach ein weiteres Mal zu und rutschte fast in seinem Blut aus, bevor ich
     Leofric zu Hilfe eilte, der mit dem Schild die Schläge des zweiten Dänen abwehrte. Er saß noch im Sattel und musste

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