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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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werdenden Schneefall. Ich sprang vorwärts, meine Füße sanken in den Grund, ich stieß erneut zu, und er konnte sich
     in dem Morast nicht schnell genug bewegen, und Schlangenhauch fuhr in seinen Schlund. Ich schrie vor Glück, denn ich spürte,
     wie mich mitten im Kampf wieder die Ruhe der Schlacht überkam, die gleiche Gelassenheit, die ich in der Schlacht bei Cynuit
     empfunden hatte. Das ist echtes Glück, dieses Gefühl, das man nur mit der Lust an einer Frau vergleichen kann.
    Es ist, als würde sich das Leben verlangsamen. Der Feind muss durch Schlamm waten, doch selbst ist man so flink wie ein Eisvogel.
     Man ist von Wut erfüllt, doch man beherrscht sich dennoch, und man empfindet jenes Glück, |230| das die Barden preisen, wenn sie eine Schlacht besingen. In einer solchen Stimmung wähnt man sich unsterblich. Mein Kopf war
     voller Gesang, schrillen Melodien, Hymnen des Todes. Ich wollte nur, dass mehr und mehr Dänen unter meiner Klinge fielen,
     die in solchen Momenten ein eigenes Leben zu führen schien. Denken und Handeln waren eins. Ein Mann stieg über die Flanke
     des Pferdes. Ich überlegte, ob ich die Sehne an seinem Knöchel durchtrennen sollte, denn ich wusste, dass er dann seinen Schild
     senken und die Brust ungeschützt darbieten würde, und noch ehe ich den Gedanken richtig gefasst hatte, war es schon getan,
     und mein Schwert hatte zugeschlagen. Schon schnellte es wieder nach rechts, um einen anderen Mann zu stellen, der das Pferd
     zu überwinden suchte. Ich ließ ihn um den blutigen Schädel kommen, drängte ihn ins Wasser und hielt mit dem Stiefel seinen
     Kopf unter Wasser gedrückt, bis er ertrunken war. Den Dänen schrie ich zu, sie seien Feiglinge und ich sei der Wächter von
     Walhalla und wünschte mir nichts sehnlicher, als sie mit meinem Schwert bekannt zu machen. Ich flehte sie fast an zu kommen,
     doch um das Pferd lagen jetzt sechs tote Männer, und die anderen waren vorsichtig geworden.
    Ich stellte mich auf das tote Pferd und breitete meine Arme aus, den Schild in der linken, das Schwert in der rechten Hand
     hoch erhoben. Von meinem Kettenhemd troff Blut, dicke Schneeflocken fielen auf meinen Helm mit dem Wolfskamm, und ich genoss
     in vollen Zügen den Rausch eines jungen Kämpfers in der Schlacht. «Ich habe Ubba Lothbrokson getötet», brüllte ich ihnen zu.
     «Ich habe ihn getötet. Also, kommt und leistet ihm Gesellschaft. Schmeckt seinen Tod. Mein Schwert wartet nur auf euch.»
    «Boote», sagte Leofric. Ich hörte ihn nicht einmal. Der |231| Mann, den ich ersäuft zu haben glaubte, lebte noch, richtete sich auf und erbrach würgend schlammiges Wasser. Ich sprang von
     dem toten Pferd und drückte seinen Kopf erneut mit meinem Fuß unter.
    «Lass ihn leben!», rief eine Stimme hinter mir. «Ich will einen Gefangenen haben!»
    Der Mann im Wasser versuchte sich zu wehren, worauf ich mit dem Schwert zustieß und ihm das Rückgrat brach. Darauf rührte
     er sich nicht mehr.
    «Ich sagte, ich will einen Gefangenen», erklang aufgebracht die Stimme hinter mir.
    «Kommt und sterbt!», rief ich den Dänen zu.
    «Boote», wiederholte Leofric, und ich warf einen Blick über die Schulter zurück und sah, wie sich durch den Sumpf drei Kähne
     näherten, lange flache Boote, die von Männern mit Staken angetrieben wurden. Kaum hatten sie am anderen Rand der kleinen Schilfinsel
     angelegt, sprang die zusammengedrängte Gruppe der Flüchtenden an Bord. Um ebenfalls zu den Booten zu gelangen, mussten wir
     uns zurückziehen. Darauf warteten die Dänen, um uns in den Rücken fallen zu können. Grinsend lud ich sie zum Angriff ein.
    «Ein Boot ist noch frei», sagte Leofric. «Platz genug für uns. Wir müssen nur schnell genug laufen.»
    «Ich bleibe hier», rief ich auf Dänisch. «Hier gefällt es mir.»
    In die Reihe der Kämpfer auf dem Pfad kam plötzlich Bewegung. Sie machten einem Mann Platz, der nach vorn drängte. Er trug
     ein Kettenhemd und einen Silberhelm, den der Flügel eines Raben krönte. Als er nur noch wenige Schritte von mir entfernt war,
     nahm er den Helm ab, und ich sah im Haar des Mannes einen Knochen mit einer goldenen Spitze stecken. Es war kein Geringerer
     als Guthrum. |232| Der Knochen war eine Rippe seiner Mutter, und er trug ihn aus Verehrung für sie. Er starrte mich finster an und blickte dann
     auf die Männer, die wir getötet hatten. «Ich werde dich wie einen Hund jagen, Uhtred Ragnarson», sagte er, «und wie einen
     Hund werde ich dich

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