Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
der Torheit und dem Hochmut der Jugend hatte ich ihm soeben
     Treue gelobt und versprochen, für ihn zu kämpfen.
    Und das alles, so glaube ich, wegen eines sechsjährigen Mädchens, das mich anstarrte. Es hatte Haare aus Gold.

|243| SIEBEN
    Das Königreich von Wessex war auf ein kleines Sumpfgebiet geschrumpft, das aber hatte ein paar Tage lang einen König, einen
     Bischof, vier Priester, zwei Soldaten, eine schwangere Königsgemahlin, zwei Ammen, eine Hure, zwei Kinder, von denen eines
     krank war, und Iseult.
    Drei der vier Priester verließen den Sumpf als Erste. Alfred litt wie so oft an Bauchschmerzen, zudem hatte er Fieber und
     schien so geschwächt, dass er sich zu keiner Entscheidung durchringen konnte. Also rief ich die drei jungen Priester zusammen,
     erklärte ihnen, dass sie unnütze Esser seien, die wir nicht länger mit durchfüttern könnten, und forderte sie auf, die Sümpfe
     zu verlassen und das Umland zu erkunden. «Treibt Soldaten auf», sagte ich, «und lasst sie wissen, dass der König sie hierherbefiehlt.»
     Zwei der Priester flehten mich an, sie von dieser Mission zu entbinden. Als Gelehrte, so behaupteten sie, seien sie gewiss
     nicht in der Lage, die Winterkälte zu überstehen, geschweige denn den Dänen zu trotzen. Alewold, der Bischof von Exanceaster,
     bestärkte sie darin und sagte, ihre vereinten Gebete würden die Gesundheit und Sicherheit des Königs hier auf der Insel erhalten.
     Also erinnerte ich den Bischof an Eanflæd.
    «Eanflæd?» Er blinzelte und tat so, als hätte er den Namen nie gehört.
    «Die Hure aus Cippanhamm», sagte ich, und als er sich immer noch unwissend gab, «aus dem Gasthof zum Wachtelkönig, wo sie
     sich den Männern feilgeboten hat. Sie behauptet   …»
    |244| «Die Priester sollen auf die Reise gehen», sagte er hastig.
    «Ja, das sollen sie», sagte ich. «Aber Euer Silber bleibt hier.»
    «Silber?»
    Die Priester hatten Alewolds Reichtümer geschleppt, zu dem auch die große Patene gehörte, die ich ihm zum Ausgleich von Mildriths
     Schulden überlassen hatte. Dieser Schatz war meine nächste Waffe. Ich nahm alles Silber, zeigte es den Dorfbewohnern und versprach
     ihnen Entlohnung für Verpflegung, Brennholz, Fährdienste und Neuigkeiten über die Dänen am Rand der Marschen. Ich wollte das
     Volk auf unsere Seite ziehen, und der Anblick des Silbers war verlockend, doch Bischof Alewold eilte zum König und klagte,
     ich wolle die Kirche berauben. Alfred war zu schwach, um sich für ihn einzusetzen. Statt seiner versuchte Ælswith sich mit
     mir anzulegen. Sie stammte aus Mercien, und Alfred hatte sie geheiratet, um die Verbindungen zwischen Wessex und Mercien zu
     stärken, was uns jetzt aber nichts nutzte, da das Nachbarland von den Dänen beherrscht wurde. In Mercien waren viele Männer
     bereit, für einen westsächsischen König zu kämpfen, doch für einen König, der nur noch dieses sumpfige Reich regierte, das
     regelmäßig von den Gezeiten überschwemmt wurde, würde niemand sein Leben in die Waagschale werfen. «Du gibst die Patene zurück!»,
     verlangte Ælswith. Sie sah mitgenommen aus. Ihr Haar war fettig und zerzaust, der Bauch sehr dick und die Kleider verschmutzt.
     «Unverzüglich!»
    Ich sah Iseult an. «Soll ich?»
    «Nein», antwortete sie.
    «Sie hat hier nichts zu sagen!», zeterte Ælswith.
    «Immerhin ist sie eine Königin», entgegnete ich. «Ihr |245| seid es nicht.» Damit hatte ich einen wunden Punkt berührt, denn die Westsachsen nannten die Gemahlin ihres Königs nicht Königin.
     Sie wollte Königin Ælswith sein, musste sich aber mit weniger begnügen. Sie versuchte, mir die Patene zu entreißen, doch ich
     warf den Teller auf den Boden und hieb, als sie danach greifen wollte, mit Leofrics Axt darauf ein. Ælswith kreischte entsetzt
     auf, als sich die Schneide in den großen Teller fraß und das Bild der Kreuzigung verstümmelte. Wieder holte ich aus, und nach
     einigen Schlägen hatte ich das Weihgerät in kleine Teile zerhackt, die ich auf die Münzen warf, die ich den Priestern weggenommen
     hatte. «Silber für eure Hilfe», sagte ich den Marschenleuten.
    Ælswith spuckte mich an und kehrte zu ihrem Sohn zurück. Der dreijährige Edward war allem Anschein nach nicht mehr zu retten.
     Alewold hatte behauptet, es sei nur eine winterliche Verkühlung, doch es stand schlimmer, sehr viel schlimmer um ihn. Jede
     Nacht hörten wir ihn husten. Es waren entsetzliche Geräusche, die der Kleine von sich gab und die

Weitere Kostenlose Bücher