Der weiße Reiter
uns alle um den Schlaf brachten.
Voller Bangen warteten wir auf den nächsten Anfall, erschüttert von den verzweifelten, krächzenden Lauten, und wenn der Anfall
endlich vorüber war, fürchteten wir, dass kein neuer mehr kommen würde. Jede Stille war wie das Nahen des Todes, und doch
blieb der Kleine am Leben und hielt an diesen kalten Tagen im Moor durch. Bischof Alewold und die Frauen wandten all ihre
Kenntnisse an ihm an. Eine Bibel wurde ihm auf die Brust gelegt, und der Bischof betete. Man rieb ihm die Brust mit einer
Salbe aus Kräutern, Hühnerkot und Asche ein, und der Bischof betete. Man massierte seine Brust mit dem Zehenring von Maria
Magdalena, jener Reliquie, die Alfred immer bei sich trug, und der Bischof betete. Doch Edward wurde |246| immer schwächer und dünner. Eine Frau aus dem Dorf, die im Ruf einer Heilerin stand, versuchte, den Husten aus ihm herauszuschwitzen.
Als das nichts half, versuchte sie, ihn mit Kälte zu vertreiben, und als auch das nichts half, band sie ihm einen lebenden
Fisch auf die Brust und befahl dem Husten und dem Fieber, in den Fisch zu fahren. Der Fisch war tatsächlich bald tot, doch
der Junge hustete weiter, der Bischof betete weiter, und Alfred, so mager wie sein kranker Sohn, verzweifelte. Er wusste,
dass die Dänen nach ihm suchten, doch solange Edward krank war, wagte er es nicht, die Insel zu verlassen. An eine Flucht
in den Süden, um dort ein Schiff aufzutreiben, das ihn und seine Familie ins Exil bringen würde, war nicht zu denken.
Er hatte sich seinem Schicksal ergeben. Er hatte zu hoffen gewagt, dass er sein Königreich zurückgewinnen könne, doch die
kalte Wirklichkeit war überzeugender. Die Dänen hielten Wessex besetzt, Alfred war ein König ohne Land, und sein Sohn lag
im Sterben. «Es ist eine Strafe», sagte Alfred in der Nacht nach dem Tag, an dem die Priester losgezogen waren. Er wollte
vor mir und dem Bischof seine Seele erleichtern. Wir waren im Freien und sahen die Nebel über den Sümpfen vom Mondlicht versilbert.
Dem König standen Tränen in den Augen. Er sprach weniger zu uns als zu sich selbst.
«Gott würde keinen Sohn nehmen, um den Vater zu strafen», sagte Alewold.
«Gott hat seinen eigenen Sohn geopfert», entgegnete Alfred düster, «und er hat von Abraham verlangt, Isaak zu töten.»
«Er hat Isaak verschont», sagte der Bischof.
«Edward wird er nicht verschonen», erwiderte Alfred und schlug erschaudernd die Hände vors Gesicht, als wieder das schreckliche
Husten aus der Hütte drang.
|247| «Strafe wofür?», wollte ich wissen. Der Bischof schnappte bei dieser dreisten Frage empört nach Luft.
«Æthelwold», antwortete Alfred unumwunden. Æthelwold war sein Neffe, ein Trunkenbold und der hasserfüllte Sohn des alten Königs.
«Æthelwold hätte niemals König werden können», sagte Alewold. «Er ist ein Narr.»
«Wenn ich ihn jetzt zum König machte», überlegte Alfred, ohne auf den Bischof einzugehen, «ob Gott dann vielleicht Edward
verschont?»
Das Husten hörte auf. Stattdessen rang der Junge röchelnd nach Luft und fing so jämmerlich zu schluchzen an, dass sich Alfred
die Ohren zuhielt.
«Gebt ihn in Iseults Obhut», sagte ich.
«In die Hände einer Heidin und Ehebrecherin?», empörte sich Alewold. Alfred schien meinen Vorschlag annehmen zu wollen, doch
war der Bischof entschieden dagegen. «Wenn es Gott nicht gefällt, den Knaben zu heilen, wird er wohl kaum zulassen, dass ihn
eine Hexe gesund machen kann.»
«Sie ist keine Hexe», widersprach ich.
Alewold nahm meinen Einwand nicht zur Kenntnis. «Morgen», sagte er, «feiern wir den Vorabend des Festes der heiligen Agnes,
das ist ein heiliger Tag, Herr, ein Tag der Wunder. Lasst uns zu ihr beten, und sie wird dem Jungen die Hilfe Gottes zukommen
lassen.» Er hob die Hände zum dunklen Himmel empor. «Morgen, Herr, werden wir der Engel Kraft beschwören und himmlischen Beistand
erbitten, auf dass Agnes die üble Krankheit von dem jungen Edward nehme.»
Alfred sagte kein Wort und starrte auf die Tümpel hinaus, die von einer im Mondlicht schimmernden, dünnen Eiskruste gesäumt
waren.
|248| «Ich weiß um die Wundertaten der gesegneten Agnes», fuhr der Bischof fort. «In Exanceaster lebt ein Kind, das nicht gehen
konnte, jetzt aber dank der Heiligen wie ein junges Fohlen umherspringt.»
«Wirklich?», fragte Alfred.
«Ich habe dieses Wunder mit eigenen Augen gesehen», versicherte ihm der
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