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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sagte ich.
    «Offensichtlich.» Er ließ es nicht auf einen Streit ankommen, und so stiegen wir alle in einen großen Kahn und fuhren nach
     Westen. Alfred betrachtete die Vögel, die ungezählten Vögel. Da waren Blässhühner, Teichhühner, Zwergtaucher, Enten, Lappentaucher
     und Fischreiher. In der Ferne sahen wir vor einer dunklen Wolke einen großen Schwarm Möwen.
    Der Bootsmann ließ uns lautlos und schnell durch geheime Kanäle gleiten. Manchmal schien es, als steuere er uns direkt auf
     eine Schilfbank oder ein Binsendickicht zu. Doch dann glitt der flache Kahn einfach darüber hinweg in den nächsten Wasserarm.
     Die Flut stieg und trieb die Fische auf die verborgenen Netze und Reusen zu. Unterhalb des Möwenschwarms im Westen sah ich
     die Masten von Sveins Schiffen, die ans Ufer gezogen worden waren.
    Auch Alfred sah sie. «Warum schließen sie sich nicht mit Guthrum zusammen?»
    «Weil Svein von Guthrum keine Befehle entgegennehmen würde», antwortete ich.
    «Das weißt du?»
    |270| «Er hat es mir gesagt.»
    Alfred schwieg, vielleicht dachte er an meine Verhandlung vor dem Witan. Sein Blick wirkte reumütig. «Was ist er für ein Mann?»
    «Furchterregend.»
    «Und warum hat er uns dann noch nicht angegriffen?»
    Diese Frage hatte auch ich mir schon gestellt. Svein hatte sich die einmalige Gelegenheit entgehen lassen, in den Sumpf einzudringen
     und Alfred zur Strecke zu bringen. Warum hatte er es nicht einmal versucht? «Vielleicht, weil er woanders leichter Beute machen
     kann», überlegte ich, «und weil er Guthrum keinen Gefallen tun will. Die beiden sind Rivalen. Wenn Svein von Guthrum einen
     Befehl entgegennähme, würde er ihn als seinen König anerkennen.»
    Alfred starrte den fernen Masten entgegen, die wie kleine Kratzer am Himmel aussahen. Ich deutete stumm auf einen Hügel, der
     sich steil aus der Wasserwüste im Westen erhob, worauf der Bootsmann diese Richtung einschlug und uns am Fuß des Hügels absetzte.
     Wir durchquerten einen Erlenhain und kamen an elenden Hütten vorbei, vor denen Hungerleider in schmutzigen Otterfellen hockten
     und uns nachschauten. Unser Bootsmann nannte diesen Hügel Brant, was steil bedeutet, und steil war er. Steil und hoch. Von
     seiner Kuppe aus bot er einen weiten Blick auf den Pedredan, der sich im Süden wie eine große Schlange durch das Herz des
     Sumpfes wand. Und an der Mündung des Flusses, wo sich Sand und Schlamm bis tief in die Sæfern-See erstreckten, waren die dänischen
     Schiffe zu sehen.
    Sie lagen am jenseitigen Ufer des Pedredan, da, wo auch Ubba schon mit seinen Schiffen gelandet war, bevor er im Kampf den
     Tod fand. Von dort hätte Svein leicht nach |271| Æthelingæg rudern können, denn der Fluss war breit und tief genug, und auf Gegenwehr wäre er erst an unserer Baumsperre unterhalb
     der Festung geraten, wo ihn Leofric erwartete. Ich wollte, dass Leofric und seine Männer frühzeitig gewarnt wären, falls die
     Dänen angriffen, und dieser Hügel bot einen freien Blick auf Sveins Lager, war aber weit genug entfernt, um den Feind von
     einem Angriff abzuhalten. «Hier sollten wir, wenn es so weit ist, ein großes Feuer entfachen», sagte ich zu Alfred. Ein solches
     Feuer würde Æthelingæg vor einem dänischen Angriff zwei bis drei Stunden Zeit geben.
    Der König nickte, sagte aber kein Wort. Er starrte auf die Schiffe, die jedoch zu weit entfernt waren, um sie abzuzählen.
     Alfred war bleich. Der Anstieg zur Hügelkuppe hatte ihn offenbar sehr viel Kraft gekostet. Ich drängte ihn, den Hügel wieder
     hinabzusteigen, wo dünner Rauch aus den Hütten aufstieg. «Ruht Euch hier aus, Herr», sagte ich. «Ich zähle die Schiffe. Aber
     Ihr solltet ausruhen.»
    Mir schien, dass er wieder unter starken Bauchschmerzen litt. In einer der Hütten lebte eine Witwe mit ihren vier Kindern.
     Ich steckte ihr eine Silbermünze zu und sagte, ihr König brauche für einen Tag Unterkunft und Wärme. Ich glaube nicht, dass
     sie verstand, wer er war, doch sie wusste um den Wert eines Schillings, und so betrat Alfred ihre Hütte und ließ sich an der
     Feuerstelle nieder. «Gib ihm heiße Brühe», forderte ich die Witwe auf, die Elwide hieß, «und lass ihn dann schlafen.»
    Sie zog erbost die Brauen zusammen. «Geschlafen wird nicht, solange es Arbeit zu tun gibt», entgegnete sie. «Da sind Aale
     zu häuten, Fische zu räuchern, Netze zu flicken und Reusen zu flechten.»
    «Das können die machen», sagte ich und deutete auf die beiden

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