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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sie recht hat.»
    «Boethius?», fragte ich. «Ist das einer Eurer Krieger?»
    «Er war Römer, Uhtred», antwortete Alfred in einem tadelnden Tonfall, weil ich das nicht wusste. «Ein Christ und Gelehrter,
     reich an Weisheit. Wahrhaftig reich!» Alfred unterbrach sich, um der Geschichte dieses Mannes nachzusinnen. «Als der Heide
     Alarich über Rom herfiel», fuhr er schließlich fort, «und alle Zivilisation wie auch die wahre Religion verloren schienen,
     stellte sich allein Boethius den Sündern entgegen. Er litt große Not, hielt aber stand. Daraus können wir Mut schöpfen.» Er
     zeigte mit der Klinge auf mich. «Wir dürfen dieses leuchtende Vorbild nicht vergessen, Uhtred, niemals.»
    «Das werde ich nicht, Herr», sagte ich. «Aber glaubt Ihr, dass Euch auch noch so viel Bücherwissen aus diesen Sümpfen herausholen
     kann?»
    |267| «Ich glaube, ich werde mir einen richtigen Bart wachsen lassen, wenn die Dänen verschwunden sind. Danke, mein Herzchen», damit
     war Æthelflaed gemeint. «Gib Eanflæd den Spiegel wieder zurück, tust du das?»
    Das Mädchen lief davon. Alfred betrachtete mich erheitert. «Stell dir vor, meine Frau und Eanflæd haben sich angefreundet.
     Eine Überraschung, nicht wahr?»
    «Das freut mich, Herr.»
    «Mich auch.»
    «Weiß Eure Frau, welchem Gewerbe Eanflæd nachgeht?»
    «Nicht genau», sagte er. «Sie glaubt, dass Eanflæd als Köchin in einem Gasthaus gearbeitet hat, und das kommt der Wahrheit
     doch recht nahe. Wir haben also jetzt eine Festung bei Æthelingæg?»
    «So ist es. Leofric führt dort das Kommando über dreiundvierzig Männer.»
    «Und wir verfügen hier über achtundzwanzig», sagte er vergnügt. «Wann gehen wir nach Æthelingæg?»
    «In einer oder zwei Wochen.»
    «Warum so lange warten?»
    Ich zuckte mit den Achseln. «Dieser Ort hier liegt tiefer in den Sümpfen. Wenn wir noch mehr Männer haben und einigermaßen
     sicher ist, dass wir Æthelingæg halten können, ist es Zeit für Euch, dorthin zu gehen.»
    Er streifte ein schmutziges Hemd über. «Kann deine neue Festung die Dänen nicht aufhalten?»
    «Auf jeden Fall werde ich ihnen auf dem Fluss Schwierigkeiten machen. Aber sie könnten auch aus den Sümpfen angreifen.» Für
     diesen Fall ließ Leofric gerade Gräben ausheben, um Æthelingæg von Westen her zu schützen.
    «Soll das heißen, dass Æthelingæg angreifbarer ist als dieser Ort?»
    |268| «Ja, Herr.»
    «Genau deshalb sollte ich unverzüglich dorthin überwechseln», sagte er. «Meine Männer sollen nicht behaupten können, dass
     sich ihr König an einem unerreichbaren Ort versteckt hält.» Er lächelte mich an. «Sie sollen vielmehr sagen, dass er den Dänen
     die Stirn bietet und keine Gefahren scheut.»
    «Und seine Familie?», fragte ich.
    «Gleiches gilt auch für seine Familie», antwortete er. Er dachte kurz nach. «Wenn sie in voller Stärke anrücken, könnten sie
     das ganze Marschland einnehmen. Habe ich recht?»
    «Ja, Herr.»
    «Also ist kein Ort sicherer als ein anderer. Wie groß ist Sveins Heer?»
    «Ich weiß nicht, Herr.»
    «Du weißt es nicht?» Das war eine Rüge, höflich genug, aber dennoch eine Rüge.
    «Ich habe mich noch nicht in seine Nähe gewagt, Herr», erklärte ich. «Denn noch sind wir zu schwach, um uns seinen Männern
     zu stellen, und solange sie uns in Ruhe lassen, lassen auch wir sie in Ruhe. In einem Bienennest stochert man nur, wenn man
     wirklich an den Honig will.»
    Er nickte zustimmend. «Aber es wäre gut zu wissen, wie viele Bienen dort herumschwärmen, nicht wahr? Ich schlage vor, wir
     brechen morgen zu einer Erkundungsfahrt auf. Wir beide, Uhtred, du und ich.»
    «Nein, Herr», entgegnete ich entschlossen. «Das mache ich allein. Ihr solltet Euer Leben nicht riskieren.»
    «Genau das will ich aber», erwiderte er. «Denn was könnte ein König seinen Untertanen bedeuten, der nicht die Gefahren teilt,
     denen sie selbst ausgesetzt sind?» Er |269| erwartete eine Antwort, doch mir fiel keine ein. «Nun denn, wir sollten jetzt beten, und dann sollten wir essen.»
    Es gab Fischeintopf. Es gab immer Fischeintopf.
    Und am nächsten Morgen zogen wir los, um den Feind auszukundschaften.
     
    Wir waren zu sechst, der Mann, der den Kahn gestakt hatte, Iseult und ich, zwei der neuen Kämpfer in unseren Reihen und Alfred.
     Noch einmal versuchte ich, ihn zum Bleiben zu bewegen, doch er ließ sich nicht überzeugen. «Wenn jemand zurückbleibt», sagte
     er, «dann Iseult.»
    «Sie kommt mit»,

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