Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Komantschen?«, wollte Walther wissen.
Quique schüttelte heftig den Kopf. »Wo denken Sie hin, Señor! Komantschen wären nicht nach einem Schuss von Ihnen davongerannt, sondern hätten uns alle massakriert.«
»Das waren Karankawa oder einer der anderen Küstenstämme«, warf Lope ein. »Ich schätze, die werden nicht eher zu rennen aufhören, bis sie in ihrem Lager sind. Wenn wir Glück haben, finden wir sogar ihre Pferde. Wir könnten sie gut brauchen!«
»Ihr sucht aber erst morgen«, mahnte Walther ihn und fragte dann nach Julio.
»Er hat einen Indio entdeckt und wollte ihn verjagen. Da kommt er ja!« Quique wies nach Süden. Dort führte Julio zwei Pferde am Zügel und winkte schon von weitem mit der freien Hand. »Nicht schießen, Muchachos! Ich bin es nur. Schaut her! Mir sind ein paar prachtvolle Gäule über den Weg gelaufen. Vier der Karankawa werden jetzt zu zweit auf einem Pferd sitzen müssen, es sei denn, ihr habt einen davon erwischt.«
»Haben wir nicht«, rief Quique ihm zu. »Ein paar der Indios wollten sich anschleichen. Doch unser Señor ist im rechten Augenblick gekommen und hat sie verjagt!«
»Das ist gut! Ich hätte euch ungern tot und ohne Haare auf dem Kopf wiedergefunden.«
Julio führte die Pferde heran und sah Walther grinsend an. »Den Kerlen haben wir es gezeigt, nicht wahr, Señor?«
»Señor Waltero hat es ihnen gezeigt«, wies Quique seinen Freund zurecht. »Ohne ihn hätte es schlecht für uns ausgesehen.«
»Jetzt stellt euer Licht nicht unter den Scheffel. Ihr habt gut aufgepasst und hättet die Indianer sicher früh genug entdeckt«, antwortete Walther erleichtert, weil alles gut ausgegangen war.
Dann aber dachte er an Gisela und bekam Angst, die Indianer könnten versuchen, die Farm zu überfallen. Er wollte schon einen der Vaqueros auffordern, mit ihm zu kommen, sah dann aber, dass die kleine Herde sich zu zerstreuen begann, und wies auf die Tiere.
»Ihr solltet die Kühe zusammentreiben, sonst läuft doch noch eine den Karankawa vor die Füße. Ich reite jetzt zur Farm.«
Walther wandte sich bereits ab, da rief Julio hinter ihm her. »Jetzt, da wir Pferde haben, können uns die Kühe nicht mehr davonlaufen. Auf, Muchachos, wir wollen uns die Viecher holen!«
Als Walther auf sein Pferd stieg und losritt, blickte er noch einmal kurz zurück. Julio und Quique saßen bereits auf den Indianergäulen und ritten hinter den Rindern her, die in Richtung des nächsten Buschwerks streben. Ob sie die Tiere vorher einfangen konnten oder sie aus dem Dornengestrüpp heraustreiben mussten, konnte er nicht mehr erkennen.
6.
D ie Farm lag nicht mehr fern, da färbte sich der Himmel im Osten zuerst rosa und dann blutig rot. Der Anblick verstärkte Walthers Sorge um Gisela, und er ritt schneller, als er es bei den Sichtverhältnissen eigentlich verantworten konnte. Zu seiner Erleichterung sah er bald das Haus vor sich. Weder war die Tür eingeschlagen noch irgendetwas zerstört. Walther wollte schon aufatmen, erinnerte sich aber daran, dass Gisela die Pistole besaß und im Schreck auf ihn schießen konnte, wenn er einfach auf die Farm zuritt. Daher nahm er seinen Hut in die Hand und schwenkte ihn. »Gisela, ich bin es! Ist alles in Ordnung bei dir?«
»Walther? Gott sei Dank! Ich bin halb gestorben vor Sorge, nachdem heute Nacht so viele Schüsse gefallen sind«, kam es erleichtert zurück.
Walther lachte fröhlich auf. »Ein paar Indianer haben versucht, sich an unserer Herde gütlich zu tun. Aber wir haben sie verscheucht.«
»Waren es Po’ha-bet’chys Leute?«, fragte Gisela.
Ein wenig schämte Walther sich, weil seine Frau sich den Namen des Komantschen hatte merken können, während ihm nur die ersten beiden Silben im Gedächtnis geblieben waren. Dann aber schüttelte er den Kopf. »Nein! Julio meinte, es wären Karankawa gewesen. Ich selbst habe sie nur von hinten gesehen. Einigen von denen dürften meine Schrotkugeln im Pelz stecken! Statt etwas zu erbeuten, sind sie selbst zu Schaden gekommen. Julio hat zwei ihrer Pferde gefunden und mitgenommen.«
Bei dem Gedanken hob sich Walthers Laune wieder. Er stieg etwas steif aus dem Sattel und führte den Gaul erst einmal zum Wasser, damit er saufen konnte.
Unterdessen war Gisela aus dem Haus gekommen und eilte ihm nach. »Ich bin so froh, dass du unversehrt zurückgekommen bist!«, rief sie und schlang die Arme um ihn.
Walther streichelte ihr übers Haar und hielt sie einige Augenblicke fest. »Du weißt doch, Unkraut
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