Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)
sagte er Houston auch und sah diesen nicken.
»Ich wünsche Ihnen Glück!«, erklärte der General. »Und noch etwas: Kümmern Sie sich bitte im French Settlement um die Präsidentenwahl. Wenn Burton zurückkommt, soll er Ihnen die Listen geben.«
»Das mache ich gerne. Gibt es Gegenkandidaten?«
Houston Miene verdunkelte sich für einen Augenblick. »Ja, einen, nämlich Stephen Austin. Aber er wird nicht gewinnen. Mir tut es leid um ihn, aber ich kann es nicht ändern.«
»Mir tut es auch leid! Er ist ein ehrenhafter Mann, und er hat sehr viel für Texas getan.«
»Ich will versuchen, ihn nach der Wahl in mein Kabinett aufzunehmen. Immerhin ist er der Vater von Texas. Auf ihn!« Damit nahm Houston die Flasche, goss beide Gläser ein und stieß mit Walther an.
»Auf Stephen Austin, ohne den es dieses Texas heute nicht geben würde.«
»Auf Stephen Austin und auf Sam Houston, von dem man dasselbe sagen kann!«
Houston lächelte geschmeichelt, als Walther diesen Trinkspruch ausbrachte, und fragte ihn dann nach der Lage im French Settlement. So gut er es vermochte, gab Walther Auskunft. Die beiden waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie beinahe übersahen, dass Burton zurückkam und Walther eine Reihe gestempelter Urkunden übergab.
»Damit gehört das Land jetzt endgültig Ihnen und Ihren Leuten«, erklärte Houston und wies seinen Sekretär an, Walther die Unterlagen für die Präsidentenwahl zu übergeben. Als dies geschehen war, verabschiedete Walther sich, denn draußen warteten noch etliche Männer, um zu Houston vorgelassen zu werden. Er selbst begab sich in ein Hotel und gönnte sich erst einmal eine richtige Mahlzeit, bevor er darüber nachdachte, was er in dieser Stadt noch erledigen musste.
5.
D ie Präsidentenwahl verlief so, wie Sam Houston es vorausgesagt hatte: Er wurde gewählt. Weniger erfolgreich erwiesen sich jedoch die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten über einen Beitritt Texas’ zur Union. Es mochten die großen Forderungen der Texaner sein oder auch die Sorge der Vereinigten Staaten, die Aufnahme dieses Landes würde zu einem Krieg mit Mexiko führen. Auf jeden Fall zerschlugen sich die Hoffnungen vieler, rasch ein Bundesstaat der Vereinigten Staaten zu werden.
Im French Settlement interessierte sich kaum jemand für die große Politik. Zwar standen Walther und seine Nachbarn in engerem Kontakt zu den amerikanischen Siedlungen als früher, doch im Grunde ging es den meisten nur darum, in Ruhe ihren Mais pflanzen zu können, wie Andreas Belcher es einst ausgedrückt hatte.
Auch auf Walthers Farm verlief alles in gewohnten Bahnen. Pepe war zurückgekehrt und seinen Worten zufolge sehr froh darüber. Allerdings gefiel es ihm zunächst nicht, dass er nun von Nizhoni Befehle annehmen musste. Aber er merkte rasch, dass diese Giselas Stelle als Hausfrau sehr gut ausfüllte. Sie kümmerte sich auch um Josef, der seit einiger Zeit auf den Namen Joe bestand, mit dem Rachel ihn angesprochen hatte. Diese war inzwischen zu Thierry zurückgekehrt. Auch die anderen Frauen verabschiedeten sich eine nach der anderen, um wieder mit ihren Männern auf deren Farmen zusammenzuleben.
Als Walther aus Washington-on-the-Brazos zurückkehrte, befanden sich nur noch Gertrude und Cécile auf der Farm. Er begrüßte Pepe, der ihm überglücklich entgegeneilte, und reichte ihm die Zügel seines Hengstes.
»Du musst ihn gut abreiben und ihm ein wenig Hafer geben, wenn noch welcher da ist«, sagte er.
»Es ist noch ein wenig Hafer da, aber den sollten wir für die Aussaat verwenden.«
Vor seinem Aufenthalt bei den Vaqueros hätte Pepe es niemals gewagt, seinem Herrn zu widersprechen. Doch bei Julio, Quique und den anderen hatte er gelernt, dass auch seine Meinung etwas galt.
Walther nickte nachdenklich. »Dann lassen wir den Hafer! Wenn ich heute oder morgen wegreiten muss, sattelst du mir einen der Mustangs. Der Gute hier soll sich ein paar Tage ausruhen.«
»Pferde wie dieser Hengst brauchen Hafer, wenn sie kräftig bleiben wollen. Mustangs brauchen das nicht. Denen reicht Gras«, erklärte Pepe und führte das Tier weg.
Walther sah ihm kurz nach und wandte sich dem Haus zu. Im Gegensatz zu seiner Abreise fand er es bedrückend leer. Nur Gertrude werkelte am Herd, während Nizhoni den Kleinen fütterte und Cécile mit Josef spielte.
»Ich bin wieder da«, sagte Walther überflüssigerweise. Es schmerzte ihn, dass Gisela ihn nie mehr willkommen heißen würde.
Seine leiderfüllte Miene
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