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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wussten.

6.
    W alther hatte die Grenzen seines eigenen Landes noch nicht erreicht, als er einen Reiter in vollem Galopp auf sich zupreschen sah. Sofort nahm er die Büchse zur Hand, senkte sie aber wieder, als er Quique erkannte.
    »Señor! Señor! Bitte warten Sie!«, rief dieser schon von weitem.
    »Was gibt es?«, fragte Walther, als der Vaquero nahe genug gekommen war.
    Quique zügelte sein Pferd mit einem scharfen Ruck und wies nach hinten. »Es sind Leute auf der ehemaligen Hacienda von Señor Jemelin!«
    »Was? Welche Leute?«
    »Wir wissen es nicht, denn wir haben sie nur aus der Ferne gesehen. Es sind vier Reiter und zwei Mann auf einem leichten Wagen. Sie errichten gerade eine Hütte neben dem alten Wohnhaus.«
    Verwirrt schüttelte Walther den Kopf. »Das dürfen die Kerle nicht! Diego Jemelin hat sein Land mir vererbt.«
    »Vielleicht denken sie, es ist freies Land, weil niemand dorthin zurückgekommen ist«, meinte Quique.
    »Dann werden wir ihnen sagen müssen, dass dies nicht der Fall ist!« Walther überlegte kurz und erinnerte sich an den wilden Siedler, den er auf dem Weg nach Washington-on-the-Brazos getroffen hatte. Wenn die Männer aus dem Norden nicht bereit waren, die Gesetze von Texas zu achten, mussten sie dazu gezwungen werden.
    »Es sind sechs Männer, sagst du?«
    »
Si,
Señor. Vier Reiter und zwei auf einem Wagen.«
    »Wir werden hinreiten!«
    »Zu zweit?«, fragte Quique, der nicht annahm, dass die wilden Siedler freiwillig abziehen würden.
    Das glaubte auch Walther nicht, und so schüttelte er den Kopf. »Nein, dafür brauchen wir mehr Männer. Reite zu Julio und sagte ihm, er soll mit allen Vaqueros zu dem kleinen Teich an der Grenze zu Jemelins Gebiet kommen. Sollte die Herde sich in der Zwischenzeit verlaufen, müsst ihr sie eben wieder zusammensuchen! Mit zehn Mann werden wir den Eindringlingen klarmachen können, dass sie sich woanders ansiedeln sollen und nicht auf meinem Land oder dem meiner Freunde!«
    »Die Herde wird sich nicht verlaufen, Señor! Wir haben nämlich ein paar weitere Vaqueros bei uns, die gerne für Sie arbeiten würden. Die können die Herde bewachen. Außerdem werden die Tejanos uns helfen, die auf ihrem Land bleiben wollen. Dafür müssen Sie aber versprechen, ihnen gegen gierige Americanos zu helfen.«
    »Das verspreche ich gerne. Du und deine Freunde, ihr könnt den Leuten sagen, dass ich das ganze ehemalige Siedlungsland Gamuzanas auf die tatsächlichen Besitzer habe eintragen lassen, und zwar nicht nur das auf dem Teil, für den ich verantwortlich war, sondern auch den Teil im Süden.«
    In diesem Augenblick war Walther froh, dass er an die mexikanischen Siedler gedacht hatte. Nun konnte ihm dies zum Vorteil gereichen.
    »Sie werden sich freuen, dies zu hören, Señor. Aber jetzt muss ich los!« Damit riss Quique seinen Mustang herum und zwang ihn fast aus dem Stand zum Galopp.
    Walther folgte ihm etwas langsamer und überprüfte seine Waffen. Zwar wollte er es nicht auf einen Kampf ankommen lassen, doch er musste auf alles vorbereitet sein.
    Als er den Treffpunkt erreichte, warteten dort nicht nur Julio und Quique mit einem Dutzend Vaqueros auf ihn, sondern noch einmal dieselbe Zahl mexikanischer Siedler. Einer von ihnen, der früher zu Santa Ana gehalten hatte, aber ohne für diesen zu kämpfen, fasste Walthers Arm.
    »Ihr Vaquero sagt, Sie hätten unseren Besitz bei den neuen Behörden von Tejas eintragen lassen!« Es klang Verwunderung mit, aber auch die Angst, selbst nicht mit dazuzugehören.
    »Das habe ich«, antwortete Walther lächelnd und holte das Bündel Besitzurkunden aus der Tasche. »Hier ist die Ihre, Sanchez!«
    Der Mann nahm sie entgegen und starrte auf den englischen Text. »Das kann ich nicht lesen«, bekannte er kleinlaut.
    »Gib her!« Einer der Tejanos, der die englische Sprache in Wort und Schrift beherrschte, nahm ihm das Dokument aus der Hand und las es durch.
    »Es stimmt!«, rief er seinen Landsleuten zu. »Sanchez’ Land ist ordnungsgemäß eingetragen, und er hat damit jedes Recht, einen Americano, der es ihm wegnehmen will, über den Haufen zu schießen!«
    Die Männer jubelten. Einige kamen heran, nahmen ihre Urkunden in Empfang und drückten Walther teilweise mit Tränen in den Augen die Hände. Derweil starrte Sanchez immer noch auf das Papier, das seinen Besitzanspruch beurkundete, und drehte sich dann zu Walther um.
    »Señor, ich danke Ihnen! Jetzt wissen wir, dass Don Hernando de Gamuzana keinem Unwürdigen

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