Der weite Weg nach Hause
graste. Sophie schob ihn weiter, und sie bahnten sich ihrenWeg zurück zur Bar, wo Lev Champagnerkorken knallen hörte.
Jetzt vernahm er plötzlich Gelächter hinter sich. »Lev!«, sagte Sophie. »Du hast noch das Preisschild an deinem Jackett!«
Er fühlte, wie sie das Etikett abriss. Er wusste, die Tatsache, dass die Leute in der Reihe hinter ihm womöglich während eines Großteils des Stücks darauf gestarrt hatten, hätte ihm peinlich sein müssen, doch er sah einfach nur die herrliche Absurdität der Situation, und er fing an zu lachen.
»Das ist nicht komisch«, sagte Sophie. »Es handelt sich um eine Pressevorführung. Und du machst dich zum blutigen Anfänger − und mich auch.«
»Ich finde es komisch«, sagte Lev laut. »Ich finde es komischer als ein lila Bett.«
»Pscht, Lev. Geh einfach weiter. Geh weiter.«
»Ich finde es komischer als einen Mann, der seine Tochter ficken will.«
»Okay«, sagte Sophie und schob sich an Lev vorbei. »Da ist Howie. Folge mir, wenn du Champagner möchtest.«
»Nein«, sagte Lev. »Ich möchte keinen Champagner. Wieso Champagner trinken? Wieso feiern? Auf dieses grässliche Stück anstoßen?«
»Halt den Mund, Lev. Bitte ...«
»Und weißt du was? Sogar die Namen sind lächerlich. Ich kann genug Englisch, um das zu wissen. ›Dicer‹. ›Deluda‹. Wieso konnte Portman sich keine besseren Namen ausdenken?«
In Levs Nähe drehten sich die Leute um und starrten ihn an. Sophie packte ihn am Arm und zog ihn zu der hochgewachsenen Gestalt: Howie Preece, der eine Champagnerflasche über dem Kopf schwenkte.
Preece, dessen einzelner Diamantohrring im Licht der Punktstrahler funkelte, sagte: »Braves Mädchen. Was für eine Tortenschlacht. Nimm ein Schlückchen von der Witwe.«
Sophie nahm das Glas Champagner, und Howie Preecewollte noch ein Glas einschenken. »Das ist Lev«, sagte Sophie leise.
Howie Preece sah nicht hoch und goss weiter ein. Als das zweite Glas voll war, bot er es Lev an.
»Nein, vielen Dank«, sagte Lev.
»Schön. Umso mehr bleibt für uns. Ich bin Howie Preece.«
Lev nickte. Er merkte, wie Howie Preece darauf wartete, dass dieses Etwas in seinen Augen erschien − die Ehrfurcht oder wie immer er es nennen mochte −, das, was die Menschen in seiner Gegenwart automatisch spürten und zeigten. Und als Preece diese Ehrfurcht nicht in Levs Gesicht entdeckte, schien er für einen Moment irritiert. Sein erwartungsvoller Blick wanderte zu Sophie. »Diese Kreatur da auf Ihrem Arm«, sagte er. »Was soll die bedeuten?«
»Oh«, sagte Sophie, »das ist Lenny die Eidechse. Er gibt mir den Gutenachtkuss.«
»Ach? Wie macht er das denn?«
Sophie hielt sich den Arm vors Gesicht und ließ den paillettengeschmückten Lenny ihre Lippen streifen.
Howies schneckenbleiche Hängebacken verzogen sich zu einem anzüglichen Grinsen. »Sexy, unsere Sophie, was?«, sagte er scheinbar zu Lev, blickte aber immer noch mit großen schläfrigen Augen Sophie an.
Lev sah, dass sie rot wurde. Er hätte gern ... ach, er konnte nicht sagen, was er gern getan hätte, aber mit anzusehen, wie Sophie Preece ihren Lenny zeigte, das war bitter.
»Und?«, sagte Sophie fröhlich zu Preece: »Was halten Sie von der ersten Hälfte?«
»Tja«, sagte Howie Preece, »es ist eben Portman. Portman ist ein Genie. Er trifft einfach immer verdammt ins Schwarze. Wetten, dass die Hälfte der Scheißer in Chelsea ihre Kinder halbtot bumst?«
»Ich finde es brillant«, sagte Sophie.
Preece wollte gerade wieder etwas sagen, aber Lev fuhr dazwischen: »Wieso?«
»Was heißt ›wieso‹?«
»Wieso sagst du, das ist brillant, Sophie?«
»Weil ich finde, dass es brillant ist.«
»Wieso?«
»Weil es brillant ist . Es ist radikal und kühn und ...«
»Es ist Scheiße«, sagte Lev.
»Na, das ist aber ein Dämpfer für Andy!«, sagte Howie. »Der Mann aus einem fernen Land hält Peccadilloes für ein Stück ...«
»Ich könnte diesen Mann töten!«, sagte Lev.
»Wie bitte?«, sagte Preece.
»Das zu sehen: ein Vater, eine Puppe, seine Tochter ... Wie kann er das zeigen?« Zorn und Kummer schüttelten Lev wie aufwallende Übelkeit. Er stieß Sophie den Finger vor die Brust − eine autoritäre Geste, die er bei anderen verachtete −, sah, wie sie zurückzuweichen versuchte, aber das Gedränge an der Bar war wie eine Wand. Er wusste, dass er kurz davor war, die Kontrolle zu verlieren, wusste, dass er seine Gefühle beherrschen sollte, aber wieso Gefühle beherrschen, die ihm in der irrealen
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