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Der weite Weg nach Hause

Der weite Weg nach Hause

Titel: Der weite Weg nach Hause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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süß. Männer sind doch im Grunde Jungs. Aber ja, ich werde es sagen. ›Wir sind jetzt beide Köche, und ich liebe dich.‹ Bist du schon gekommen ?«

12
Ein Besuch im Museum für Rettungsboote
    Mit dem neuen Jahr kam, überraschend und tröstlich, mildes Wetter, fast als kehre der Frühling schon zurück. Lev konnte in den kahlen Platanen vor Sophies Wohnung Vögel singen hören.
    »Die haben sich täuschen lassen«, sagte Sophie fröhlich. »Sie werden vielleicht Nester bauen, und dann kommt Schnee.«
    Sie war glücklich. »Glücklich-verrückt«, nannte sie es. Sie fotografierte Lev, wie er Frühstück machte, in der Badewanne saß, nackt auf ihrem Bett lag. Und in ihren berauschenden Nächten war sie so schamlos wie die Huren in Baryn, die Lev und Rudi vor langer Zeit besucht hatten. Sie verkündete, so wie sie miteinander schliefen, sei es wie Krieg − mit zwei Gewinnern.
    Lev wusste, dass ihr Erfolg im GK Ashe zu ihrer guten Laune beitrug. Die Probewoche war glatt verlaufen. Sophie war jetzt Sous-Chef, mit 17 Pfund die Stunde. Sie könne sich vorstellen, sagte sie zu Lev, eines Tages ein eigenes Restaurant aufzumachen, »und das«, sagte sie, »wäre das herrlichste Leben, das ich mir denken kann. Mein eigener Chef zu sein. Meine eigenen Gerichte zu konzipieren. Nicht so überkandidelt wie das GK Ashe . Mehr Betrieb, nicht so teuer: Gerichte für Leute, die gern gut essen und einen netten Abend verleben wollen, ohne gleich für die Rechnung einen Scheißkredit aufnehmen zu müssen.«
    »Wo wird das sein?«, fragte Lev.
    »Weiß ich nicht. Irgendwo in Nordlondon wahrscheinlich. Nur machen sie gerade aus jedem zweiten Geschäft einen Imbiss oder ein Lokal. Aus Banken werden Pizza-Paläste. Undletztens habe ich gesehen, dass eine alte Leichenhalle jetzt eine Tapas-Bar ist. Was bleibt da noch an Orten übrig?«
    Sie lagen im Dunkeln und erzählten einander ihre geheimen Träume. Lev sagte, er habe inzwischen den Ehrgeiz, auch Koch zu werden. Er sagte, 42 Jahre lang habe er nicht über Essen nachgedacht. Jetzt denke er stundenlang darüber nach. Während der Gemüsevorbereitung beobachte er sehr genau, was GK und Sophie und Pierre gerade täten. Er mache sich Notizen auf einem Block, den er in einer Schürzentasche aufbewahre.
    Mit Einsetzen des schönen Wetters begann Christy über den Ausflug mit Frankie nachzudenken. Er sagte, inzwischen stelle er sich eine Fahrt nach Silverstrand vor. »Das einzige, was wir müssen«, erklärte er Lev, »ist, Angela erlauben, dass sie dich unter die Lupe nimmt. Sie wird Frankie niemals mit Leuten gehen lassen, die sie noch nie gesehen hat.«
    Also saßen Lev und Sophie jetzt im Wohnzimmer in der Belisha Road und warteten auf Angela. Es war Vormittag, und Christy hatte alles, was zum Kaffeekochen nötig war, in einer peinlich geraden Reihe auf der Arbeitsfläche in der Küche aufgebaut. Er sagte: »Erst wollte ich etwas Kuchen kaufen, aber dann hab ich es gelassen. Wenn du Angela was anbietest, will sie verdammt noch mal gerade das nicht. Sie will es erst, wenn du es längst nicht mehr anbietest.«
    »Ich hätte nichts gegen Kuchen gehabt«, sagte Sophie.
    »Oh, du hast recht. Soll ich los und doch noch schnell welchen holen?«
    »Nein. Es ist gut so. Aber diese Inspektion hier ist Quatsch, Christy. Wie Elterntag in der Schule.«
    »Ich weiß. Das weiß ich doch, aber was soll ich machen?«
    Angela erschien in einem schicken roten Mantel. Sie war groß und stattlich, mit breiten Hüften und dem blasierten Lächeln großer Frauen. Neben Christy wirkte sie riesig. Sie hatte braune, leicht vorstehende Augen.
    Lev erhob sich und küsste ihr die Hand. An ihrem verlegenen Lächeln merkte er, dass sie das lächerlich fand, sich dennoch auf mädchenhafte Weise geschmeichelt fühlte.
    Sophie sagte: »Hallo, Angela. Ich bin Sophie. Ich arbeite wie Lev im GK Ashe. Ich wohne in Kentish Town. Ich bin 29, und ich habe keine Kinder.«
    »Das ist doch kein Verhör«, sagte Angela.
    »Ach so«, sagte Sophie. »Ich dachte.«
    Lev sah Christys leidenden Blick. »Angela«, sagte er rasch, »Sophie meint nur ... Wir sagen Ihnen alles, was Sie wissen wollen. Wer wir sind. Alles. Dann werden Sie glücklich sein.«
    Angela blickte alle drei nacheinander an. Es war ein Blick, der fragte: Macht sich hier in diesem Zimmer irgendjemand lustig über mich? Und Lev sah, wie sie sich umdrehte, als wollte sie wieder zur Tür. Aber Christy schoss hoch und eilte zu ihr. »Ich nehme deinen Mantel, Liebes. Komm

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