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Der Welt den Ruecken - Erzaehlungen

Der Welt den Ruecken - Erzaehlungen

Titel: Der Welt den Ruecken - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich
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noch der alte Kampfgeist. Na bravo. Was – äh – was machen Sie denn eigentlich jetzt so, man hört ja gar nichts mehr.«
    »Ich lebe!« schrie Gauselmann, »ich lebe, falls Sie sich darunter etwas vorstellen können, ich lebe in Irland, in der Nähe von Horst Stern, den ich auf Ihren Wunsch damals nicht in meine Sendung einladen durfte.« »Soso«, sagte der Intendant und schickte sich an, dieses ungemütliche Studio wieder zu verlassen, »ich kann mich allerdings nicht erinnern, Gauselmann, daß ich Ihnen je ausdrücklich verboten...«
    »Nahegelegt! Sie haben ja immer nur nahegelegt«, rief Gauselmann, und allmählich kam so etwas wie Leben und Interesse in die umstehenden Zuhörer. »Sie haben mir ja auch nahegelegt, Heinrich Böll lieber nicht einzuladen!«
    »Soweit ich mich erinnere, war er dann aber doch da, lieber Gauselmann«, sagte der Intendant, schon im Gehen, ohne Gauselmann noch anzusehen.
    »In der allerletzten Sendung! Jawohl! In der allerletzten Sendung!« rief Gauselmann. Der Intendant hatte das Studio verlassen, nicht ohne Donner und Klara zuzunicken, was nicht erwidert wurde. Dafür war die Kulturredakteurin aufgesprungen, als er an ihr vorbeigeschritten war. Gauselmann stand nun allein in der 50er-Jahre-Ecke, die irische Band erwachte, griff zu den Instrumenten und fiedelte los.
    »Hätte ich ihm bloß keinen Wein gegeben!« stöhnte die Kulturredakteurin und räumte weg, was noch vom Chardonnay auf dem Tisch stand. Gauselmann kam unsicher zurück, mußte aber seine Rolle, die ihn sehr erregte, nun noch ein wenig weiterspielen. Sein Gesicht war verschwitzt, er lockerte Hemdknopf und Krawatte und rief hinter dem längst entschwundenen Intendanten und seiner Meute her: »Banause!«
    »Aber Ernstel«, sagte Jessica, »was hat er dir denn getan, er war doch sehr nett.« Donner wieherte vor Vergnügen, zog Gauselmann den Flachmann aus der Tasche und nahm einen kräftigen Schluck. »Liebes Fräulein Jessica, da haben Sie völlig recht«, sagte er mit einer Verbeugung, »nett, jawohl, sie sind alle so schrecklich nett.«
    »Halt doch du endlich den Mund!« fuhr Gauselmann Jessica an, die sich beleidigt umdrehte und hinüberschlenderte zur irischen Band, um ein paar Blicke mit dem Geiger zu wechseln. Donner erhob sich ächzend. »Schluß, Schluß, Schluß«, sagte er. »Ich gehe jetzt in die Kantine. Wer noch mehr Kultur will, kann ja dann dahin kommen.«
    Gauselmann ließ sich schwer in seinen Sessel fallen und sah Klara Zander hilfesuchend an. »Weißt du noch?« rief er. »Weißt du noch, was er uns alles angetan hat?« Sie nickte, ja, sie wußte es noch, und sie erinnerte sich auch noch daran, wie verbissen und undiplomatisch Gauselmann sich aufgearbeitet hatte an diesem Mann, der nichts anderes war als eine Parteimarionette auf einer Karriereleiter. Mit etwas weniger Wind und Kampfgeschrei hätte man in einer weitgehend unbeachteten Literatursendung um 23 Uhr im Dritten Programm viel mehr machen können. Aber Gauselmann war immer alles schon im vornherein zur Kampfansage geraten, einer Kampfansage, die er im Grunde zu Hause seiner Frau, seiner Schwiegermutter und seinen aufsässigen Töchtern hätte machen sollen und wollen, aber er trug all seinen Zorn in die Anstalt, und da flogen dann die Fetzen und ruinierten seine Sendungen und letztlich auch sein Leben.
    »Ich muß es morgen wieder ausbaden!« stöhnte die Kulturredakteurin und wählte eine Nummer auf ihrem Handy. Sie stellte sich ein wenig abseits und sagte: »Jochen? Ja. Furchtbar. Ganz furchtbar.«
    Klara griff nach Gauselmanns Hand. »Ernst, das ist doch alles so lange vorbei. Wenigstens hast du es ihm schön gegeben.«
    »Ja, was?« sagte er froh und richtete sich wieder auf. »Komm, wir gehen auch in die Kantine, Klara.«
    Auf dem Weg zur Kantine kamen Gauselmann und Klara wieder an der Gruft vorbei, in der die damals erste Nachrichtensprecherin versuchte, von einem Teleprompter die damals ersten Nachrichten abzulesen. Sie lallte, die Haare standen wirr um ihren Kopf, und ohnehin war niemand da, der ihr zuhörte.
    »Renate, das lassen wir jetzt«, sagte der Kameramann und schaltete sein Gerät ab. Der Monitor, auf dem Renate Seibel zu sehen gewesen war, erlosch, und gerade in dem Moment kam die Frau in Gelb mit ihrem Team und rief: »Oh, Renate, schon fertig? Gerade wollte ich ein Sekündchen mit dir drehen!«
    »Leckt mich alle am Arsch mit euren Sekündchen«, sagte die Nachrichtensprecherin und legte den Kopf auf den Tisch.
    Das

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