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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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Stümpfen gegen seinen Körper gepreßt, er wird von einer Lanze durchbohrt, er reicht die Fahne weiter, bevor er fällt. Die Schlacht ist verloren.
    – Und diese Kuppel? Wir sollten zwei Raka beten, dies ist der Ort, wo Hamzah vom Speer des Sklaven Wahshi getötet wurde.
    Nach dem Gebet standen sie nebeneinander und blickten auf die Schrecken, die zwischen diesen Felsen und der heiligen Stadt im Dunst geschehen waren. Das Ende erfolgte in ihren Gedanken. Keiner würde diesen Teil der Geschichte aussprechen. Es war schlimm genug, daß das Grauen durch ihren Verstand geisterte. Der aufgeschlitzte Magen, die herausgezerrte Leber, ein Biß, um den Schwurzu ehren, und dann die Nase, die Ohren, die Genitalien. Was für ein Ungeheuer, Hind, die Ehefrau von Abu Sufiyun, eine Mischung aus Amazone und Sphinx. Sie verkörperte alle Ängste der Männer.
    Bekümmert brachen sie auf zur Rückkehr. Die Schlacht von Ohud war ein weiteres Mal verloren, und um sie herum schändeten die Frauen des Feindes die Leichen ihrer gefallenen Vorfahren.
     
     
     
    Der Himmel war ein leeres Blau. Die flache Unendlichkeit der Wüste war zu klein, um diese Karawane aufzunehmen. Eine Karawane von unvorstellbarer Größe – als das letzte Dromedar loszog, war das erste schon am Lagerplatz des Abends angekommen. Eine ganze Gesellschaft zog durch die vernarbte Wüste. Von den Reichsten unter den Pilgern, die sich in Sänften wiegten, zwischen zwei Dromedaren an hölzernen Stöcken befestigt, umgeben von Dienerscharen und Tierherden. Bis zu den Takruri, den Ärmsten der Reisenden, die nichts besaßen außer einer hölzernen Schüssel, um milde Gaben entgegenzunehmen. Kein Tier trug sie, und wenn sie lahm wurden, humpelten sie weiter, auf schwere Knüttel gestützt. Es gab die wandernden Kaffeebrüher und Tabakverkäufer. Beschützt wurde die Karawane von zweitausend albanischen, kurdischen und türkischen Bashibazuks, die Sheikh Abdullah noch weniger Vertrauen einflößten als der Offizier aus der Karawanserei in Kairo. Jeder dieser Soldaten war eigenwillig bewaffnet, als wollten sie in der Verdrecktheit und Nachlässigkeit, die ihnen allen gemein war, etwas Individualität behaupten. Die syrischen Dromedare waren gewaltige Tiere, neben denen jene des Hijaz zwergwüchsig wirkten. Sheikh Abdullah ritt öfter auf eine kleine Erhebung, um die Karawane an sich vorbeiziehen zu lassen, wie einen dichten Bilderreigen. Verblüffendes – ein Diener, der vor einem Dromedar lief, mit einer Wasserpfeife in den Händen, die sein Herr über einen langen Schlauch gemütlich in seinem Korbsitz paffte – ; Elendes – ein erstes Tier war in der Hitze verendet, und die Takruri kämpften mit den Geiern um das Aas.
    So reich die Karawane war, so häufig die Überfälle. Diese Karawane,sagte Saad, ist wie ein Braten, der über den Boden geschleift wird. Von den Ameisen bis hin zu den Kojoten, alle werden versuchen, ein Stück von ihr zu ergattern. Wir werden von den Beduinen überfallen werden, heimtückisch natürlich, ohne Chance auf einen gerechten Kampf. Nachts werden sich einzelne Räuber in das Lager schleichen, sie werden von hinten auf die Dromedare der schlafenden Hadjis springen, sie werden das Maul des Tieres mit ihrem Abba stopfen und ihren Kameraden hinabwerfen, was sie auf dem Dromedar von Wert finden. Sollten sie entdeckt werden, werden sie ihre Dolche ziehen und sich einen Weg freikämpfen. In der zweiten Nacht wurde ein junger Beduine erwischt. Er klagte nicht, er kauerte regungslos da und erwartete die Bestrafung, die ihm wohlbekannt war. Vor dem Aufbruch der Karawane wurde der Räuber gepfählt und zurückgelassen, um an seinen Wunden zu verenden oder von wilden Tieren aufgefressen zu werden. Sheikh Abdullah überraschte alle, als er sein Entsetzen äußerte. Trotzdem, sagte Saad, es schreckt die Beduinen nicht ab. Sie sind stolz auf ihren Mut, auf ihre Geschicklichkeit als Räuber. Sie versuchen es immer wieder.
     
     
     
    Staub, Lärm, Gestank – die Stadt schleppt sich in die Wüste, und die Wüste begleitet sie. Obwohl die Reisebegleiter ihn vor den marodierenden Beduinen warnen, klettert Sheikh Abdullah mit schmerzhaften Schritten – der verdammte Zeh ist nach wie vor entzündet – zum Sonnenuntergang auf einen nahen Hügel. Einmal rutscht er aus, greift nach einem Stein, der sich von dem Geröll löst, er fällt und findet Halt an einem Dornbusch. Es dauert einige Minuten, bis er die Dornen aus seinen Händen herausgezogen hat. Er

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